Tribus

[803] Tribus, 1) Staatseintheilung des alten Rom. Zuerst gab es deren drei patricische: die T. Ramnensis, aus den Latinern gebildet, welche den Palatinischen Hügel bewohnten; die T. Titiensis, von den unter Titus Tatius nach Rom gezogenen Sabinern auf dem Capitolinischen Berge; u. die T. Lucērum, die unter Tullus Hostilius nach Rom übergesiedelten Albaner begreifend. Jede T. hatte als Vorsteher einen Tribunus (s.d. 1); da sich nun bis zur Zeit des Königs Tarquin I. die Tribusglieder sehr vermehrt hatten, so theilte dieser jede in zwei Theile u. unterschied Ramnenses primi u. secundi od. posteriores etc. Da sich die neuen Ankömmlinge meist der T. Lucerum anschlossen, so übertraf diese bald die beiden anderen so an Ausdehnung, daß Servius Tullius, um das Gleichgewicht wieder herzustellen, eine neue, u. zwar locale Abtheilung in vier T. machte: T. Palatīna, auf dem Palatinischen u. Capitolinischen Hügel; T. Suburāna (T. Sucusana), in der Niederung zwischen Cälius u. Esquilin; T. Esquilīna, an dem Esquilin; u. T. Collina, auf dem Quirinal u. Viminal. Als Vorsteher dieser T. gab es wie früher Tribuni, jetzt Tribani aerarii od. Curatores tribuum, deren später acht in jeder T. waren u. deren Unterbeamte die Magistri vicorum u. pagorum waren. Diese verschiedenen Magistri schrieben sich seit 495 v. Chr. ber, wo eine neue Einrichtung getroffen wurde, welche bis 387 v. Chr. blieb. Es wurden nämlich 21 T. u. zwar vier städtische (T. urbanae), deren alte Namen blieben, u. 17 ländliche (T. rusticae) geschaffen. Die Namen der letzteren sind: T. Aemilĭa, die berühmteste, nach der Aemilia gens benannt, welche hierher gezogen war; T. Camiiĭa; T. Claudĭa, nach Atta Claudius, welcher vom See Regillus dahin zog; T. Cornelĭa; T. Crustumīna (T. Clustumina), nach der gleichnamigen Stadt; T. Fabĭa, von der gleichnamigen Gens; T. Galerĭa, vielleicht von dem etrurischen Flusse Galesus; T. Horatĭa, von der Horatia gens; T. Lemonĭa, vom Flecken Lemonia an der Latinischen Straße; T Menenĭa, T. Papira, von Papirius; T. Pollĭa, T. Pupinĭa (Popinia), vom Papinus ager, diesseit des Tiber nach dem Meere zu; T. Romilĭa, von dem Gebiet, welches Romulus den Vejentern abgenommen hatte; T. Sergĭa, von der Sergia gens; T. Veturĭa, von der Veturia gens; T. Voltinĭa, in Latium. Im Jahre 387 v. Chr. kamen dazu vier neue: T. Arniensis (T. Narniensis), in Etrurien, von Arno genannt; T. Stellatīna, T. Tromentīna, vom Tromentus campus in Etrurien, u. T. Sabatīna, von der etrurischen Stadt Sabate genannt u. aus Vejentern u. Sabinern gebildet. Ebenso kamen dazu im Jahr 357 zwei neue: T. Pomptīna, im Etruskerland von der Stadt Pontiä, u. die T. Publilĭa (T. Popilia), ebenfalls dort; 332 die T. Maenĭa u. T. Scaptĭa; 318 die T. Ufentīna u. T. Valerĭa; 299 die T. Aniensis, die erste im Sabinerland vom Aniofluß; endlich 241 die T. Velīna u. T. Quirīna, ebenfalls im Sabinerland. Zusammen waren es also 35 T., welche Zahl dann immer blieb; denn als in Folge des Bundesgenossenkrieges alle Latinischen Bundesgenossen das Bürgerrecht erhielten, wurden zwar noch die T. Camillĭa, T. Cestĭa, T. Cluentĭa, T. Cluvĭa, T. Dumĭa, T. Papĭa hinzugefügt, indeß ihr Bestehen war nur vorübergehend, weil sie bald darauf in die übrigen 35 vertheilt wurden. Später erhielten andere ihren Namen von einem Kaiser u. verloren ihren ursprünglichen, z.B. T. Flavĭa, T. Julĭa, T. Ulpĭa, doch weiß man nicht, welchen der früheren diese Namen beigelegt wurden, wie auch unbekannt ist, welche die meist aus lückenhaften Inschriften hervorgegangenen Namen der T. Appia, T. Campana, T. Civica, T. Latria, T. Minucia, T. Ocriculana, T. Pinaria, T. Septimia, T. Staberina, T. Valeriana, T. Vejentina, T. Verginia geführt haben. Jeder römische Bürger gehörte zu einer T. u. hieß als solcher Tribūlis; das willkürliche Umziehen aus einer T. in eine andere war schon seit Servius Tullius gesetzlich verboten. Während ursprünglich die ländlichen T. den städtischen an Rang nachstanden, wurden sie denselben später gleich geachtet, ja da die ersteren meist aus Grundeigenthümern, die letzteren aus Kaufleuten, Handwerkern u. Tagelöhnern bestanden, erhielten die ländlichen endlich einen bleibenden Vorrang, u. die Freigelassenen durften bis zur Anerkennung der Lex Sulpitia durch Sulla nur in die städtischen eingeschrieben werden. Auch war es eine censorische Strafe, daß ein Bürger aus einer ländlichen T. in eine städtische versetzt wurde (Tribu movere). Jede T. hatte wieder Unterabtheilungen, Decuriae; auch zerfielen die T. urbanae in Vici u. Compita, die T. rusticae in Pagi (daher ihre Feste Compitalia u. Paganalia). Nach der Reform der Centuriatcomitien, wo Klassen u. T. verschmolzen wurden, hatte jede T. fünf Centuriae seniorum u. fünf Centuriae juniorum. Die Aerarii waren in keine T. eingeschrieben, sondern standen in den Tabulae Caeritum. Eine sacrale Bedeutung hatten die T. nicht, aber groß war von [803] Alters her ihre Bedeutung in administrativer u. politischer Beziehung, da sie die Grundlage des Census, der Kriegssteuer (Tributum) u. der Aushebung bildeten u. in ihrer Gesammtheit eine mächtige Nationalversammlung repräsentirten, vgl. Comitia tributa. Daneben hatten die T. auch eine communale Bedeutung, da die Tribulen eine enge Verbindung unter sich erhielten u. sich als Genossen gegenseitig als Amici u. Vicini betrachteten. Zwar dauerten in der Kaiserzeit, wenigstens in Rom, die T. wegen des Delectus u. der Spenden fort, aber wichtiger ist ihre Bedeutung im engeren Sinne für die in ihnen wohnenden Armen, welche bei den regelmäßigen Largitionen ihr Getreide umsonst erhielten, in jeder T. eine Art Corporation ausmachten u. sich nach ihrer T. nannten. Vgl. Mommsen, Die römische T., Alt. 1844. 2) Gruppe einer Familie aus einer Anzahl durch gemeinschaftliche Charaktere u. Eigenthümlichkeiten verwandter Pflanzengattungen bestehend.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 803-804.
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