Firniß

[297] Firniß (v. lat. Vernix), 1) (Chem.), jede in der Luft austrocknende Flüssigkeit, die einen anderen damit überzogenen Körper nach dem Trocknen einen Glanz ertheilt u. ihn gegen Luft, Nässe u. Staub beschützt. Man unterscheidet: a) Fette Firnisse, bes. aus Leinöl u.a. trocknenden Ölen bereitet; b) Lackfirnisse u. zwar: aa) Weingeistfirnisse, Auflösungen von Harzen, bes. Schellack, Terpentin, Mastix, Sandarac in Alkohol; bb) Terpentinölfirnisse, Lösungen von Copal, Dammarharz u.a. in Terpentin unter Zusatz von Campher; cc) Fette Lackfirnisse, Bernstein od. Copal in Leinöl gelöst, meist mit einem Zusatz von Terpentinöl. Das gewöhnliche Leinöl trocknet zwar an der Luft zu einer zähen, festen Masse, aber nur langsam u. unvollständig; in weit höherem Grade erhält es diese Eigenschaft, wenn man es längere Zeit einer höheren Temperatur aussetzt, daher man bei der Herstellung der F-e diese Operation stets vornehmen muß. Die Erhitzung geschieht in offenen Kesseln[297] unter Umrühren der Masse, Ausschöpfen während des Kochens u. Zurückfallenlassen durch die Luft. Um das Trocknen des Leinölfirnisses noch mehr zu beschleunigen, setzt man etwas Mennige, Bleiglätte od. Bleiweiß zu. Man rechnet in der Regel auf 1 Pfd. Leinöl 3 Loth Glätte od. Mennige u. 4 Loth Bleiweiß. Sehr vortheilhaft ist es, alles Öl zu verarbeiten, weil sich aus diesem die schleimigen u. eiweißartigen Theile abgesetzt haben; ist ein solches nicht zu erhalten, so ist es zweckmäßig, die angeführten Unreinigkeiten durch Schütteln mit Wasser u. dann mit einer Kochsalzlösung zu entfernen. Zur Bereitung der Weingeistfirnisse nimmt man starken (etwa 90procentigen) Alkohol; die Harze werden sein gepulvert, mit 1/3 ihres Gewichts grob gestoßenen Glases vermengt u. mit dem 3–5 fachen Gewicht Alkohol im Wasserbad erhitzt, bis die Lösung vollständig erfolgt ist F. aus Sandarac versetzt man gewöhnlich mit einer Auflösung von Anime, Elemi, Campher od. Terpentin. Zu F. von Schellack nimmt man 4–5 Theile stärksten Alkohol auf 1 Theil Schellack; vortheilhaft ist es, den aus ungebleichtem Schellack bereiteten F. durch Kochen mit Thierkohle zu entfärben, anstatt gebleichten Schellack anzuwenden. Der Copalweingeistfirniß ist weit dauerhafter als der Schellackfirniß, aber schwieriger zu bereiten; der Copal muß vorher bei gelindem Feuer geschmolzen werden; dann wjrd er pulverisirt, mit Glaspulver gemengt u. mit stärkstem Alkohol längere Zeit gekocht, dann filtrirt u. etwas Terpentin od. eine Auflösung von Elemi zugemischt. Gefärbten Weingeistfirniß stellt man durch Zusatz von Gummigutti, Orleans, Extract von Drachenblut, Cochenille od. Sandelholz her. Terpentinölfirniß wird durch Auflösen von Galipot, Fichtenharz, Mastix, Copal, Dammarharz etc. in Terpentinöl erhalten. Einen guten F. erhält man, wenn man das Terpentinöl erwärmt u. das Harz in ein Säckchen gebunden, über dasselbe aufhängt, so daß die Dämpfe des Öles das Harz auflösen u. dieses in das heiße Öl. herabtropft; man setzt dann noch etwas Leinöl zu, wodurch der F. dauerhafter wird. Die fetten od. Öl-Lackfirnisse sind am schwersten zu bereiten. Man schmilzt Bernstein, Bernsteincolophon od. Copal in einem Kessel, während man in einem anderen Gefäß guten Leinölfirniß erhitzt; dann schütet man nach u. nach den heißen F. un ter Umrühren auf das geschmolzene Harz u. läßt etwa 10 Minuten lang kochen; dann hebt man den Kessel vom Feuer u. gießt langsam eine Auflösung von Terpentinöl zu, während man heftig umrührt. Nachdem die Masse einigermaßen abgekühlt ist, wird sie filtrirt u. in passenden Gefäßen aufbewahrt. Zur Herstellung eines guten schwarzen F-es schmilzt man Asphalt in einem Kessel, setzt dann siedenden bleihaltigen Leinölfirniß zu, kocht einige Zeit u. verdünnt die Masse nach dem Erkalten mit Terpentinöl. Der Japanesische F. wird aus dem Milchsaft von Rhus vernix, der ächte Chinesische (Siamische) F. aus dem von Stagmaria verniciflua bereitet; der Englische F. (Englische Goldfirniß) erhöht den Glanz u. die Farbe von Messing, Kupfer, Zinn, Bronze, Silber etc. Man löst 4 Loth reinen Lackgummi bei mäßiger Wärme in 24 Loth rectificirtem Weingeiste auf, löst ferner 1 Loth Drachenblut in einer gleichen Menge Weingeist auf, gießt beide Auflösungen zusammen, mischt 3 Gran Gelbwurz hinzu, läßt die Mischung noch 12 Stunden auf einem warmen Orte stehen, seihet den F. durch Löschpapier u. hebt ihn in einer verstopften Flasche auf, od. man löst 3 Unzen klein zerstückten Gummilack, der mit gepulvertem Glase vermengt ist, in 1/2 Flasche Weingeist, in mäßiger Wärme auf, filtrirt den F. u. färbt ihn mit Orlean u. Gummigutti, wonach derselbe eine citronengelbe Farbe bekommt. Die sogenannten m geren od. Wasserfirnisse bestehen in Auflösungen von Gummi, Traganth, Zucker etc. in Wasser, oft mit einem Zusatz von Eiweiß od. Ochsengalle; solche F-e sind nicht wasserdicht. Auflösungen von Schießbaumwolle in Äther od. von Xyloidin in concentrirter Essigsäure können ebenfalls als F. dienen: sie geben einen glänzenden Überzug, der auch von heißem Wasser nicht angegriffen wird. Die Kunst, F-e zu bereiten, sollen die Chinesen zuerst gekannt haben, nach Plinius hat es schon Apelles verstanden, seine Gemälde mit einem F. (Atramentum) zu überziehen u. dadurch sowohl die Lebhaftigkeit der Farben zu erhöhen, als auch das Gemälde vor Staub, Feuchtigkeit etc. zu schützen. 2) Die glänzende Oberfläche einer Sache; 3) die harzigen Theile in der rohen Seide; 4) (Trockener F.), Gummi, welches aus dem Wachholderbaume schwitzt; 5) (Firnitz), so v.w. Fernitz.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 297-298.
Lizenz:
Faksimiles:
297 | 298
Kategorien: