[821] Fußwaschen, 1) der im Orient übliche diätetische Höflichkeitsgebrauch, daß der Hausvater seinen Gästen bei ihrem Eintritt die Füße entweder selbst wusch, od. durch einen Diener waschen ließ. Anch Homer gedenkt dieser Sitte bei den Griechen, doch leisteten hier diesen Dienst nur Sklaven. Noch jetzt ist bei den Hindus es eine der ersten Höflichkeiten, dem eintretenden Gaste Wasser zum F. anzubieten; 2) (Pedilavium, Mandatum), der in Folge der symbolischen Handlung Jesu an seinen Jüngern bei Einsetzung des Abendmahls in der Römisch- u. Griechischkatholischen Kirche stattfindende feierliche Gebrauch, daß am Grünen Donnerstag der Papst, die Bischöfe, der Patriarch, gekrönte Häupter etc. 12 od. 13 Armen die Füße waschen u. dieselben darnach bei Tische bedienen. Obgleich sich das Werk des F-s, als ein von Jesu von seinen Gläubigen gefordertes, durch die ersten christlichen Jahrhunderte, namentlich an Täuflingen u. Katechumenen vollzogen, erhalten hatte, bestand doch eine Ungewißheit über den Tag, an welchem es geschehen sollte; daher bestimmte die Synode zu Toledo 694 den Gründonnerstag als diesen. Das F. gilt in der Griechischen Kirche als Sacrament, die Abendländische Kirche hat aber dagegen stets protestirt u. nur von Bernhard von Clairvaux wurde es als ein Sacrament der Vergebung der täglichen Sünden empfohlen. Es ist aber in beiden Kirchen keine öffentliche Handlung, welche in dem Gotteshause od. an allen Communicanten vollzogen wird, sondern geschieht in Residenzen von Fürsten u. geistlichen Würdenträgern an einer bestimmten Zahl Personen. In der Griechisch-katholischen Kirche wird das F. in Rußland vom Kaiser in seiner Residenz unter großer Feierlichkeit vollzogen; ebenso in den griechischen Klöstern von den Klosteroberen. In der Römisch-katholischen [821] Kirche ist es noch üblich an den Fürstenhöfen zu Wien, München, Madrid u. Lissabon, an den Kathedralkirchen u. in Klöstern, wo es die Staatshäupter, Bischöfe u. Erzbischöfe u. Äbte etc. ausführen. Diejenigen, an welche dieser Gebrauch vollzogen wird, sind 1213 alte Männer, welche darnach ein kleines Geldgeschenk erhalten, od. 12 Welt- u. Klostergeistliche. Die Hauptceremonie in Rom ist die in der Clementinischen Kapelle, wo der Papst selbst in Anwesenheit des diplomatischen Corps u. distinguirter Fremden u. nach Absingung der Antiphonie: Mandatum novum do vobis (daher das F. selbst als solches Mandatum heißt) den Ritus vollzieht. Der Papst, mit einer weißwollenen Kutte bekleidet, gießt den 12, die Apostel vorstellenden, ebenso bekleideten Wäschlingen jedem einige Tropfen Wasser auf den rechten Fuß, trocknet das Wasser ab u. küßt den Fuß. Darauf begibt sich das Personal in die Paulskirche, wo ein Gastmahl stattfindet, wobei der Papst, von seinen Kammerherren unterstützt, die Zwölf bedient; diese dürfen zuletzt die Kutte, welche sie angehabt, das Handtuch, womit jedem der Fuß abgetrocknet worden ist, sowie die Reste der Speisen mitnehmen, früher auch den silbernen Becher, woraus jeder getrunken hatte, wofür aber jetzt jeder eine kleine silberne Denkmünze erhält. Die Reformatoren hoben diesen Gebrauch auf, weil sie den Sinn der symbolischen Handlung Jesu auf die Reinigung des Herzens durch die Predigt des Evangeliums deuteten; daher in Schwäbisch-Hall noch alljährlich eine Fußwaschungspredigt gebalten wird. Auchin der Anglikanischen Kirche, welche das F. Anfangs beibehielt, wurde es nachher abgeschafft, wogegen so viel alte Männer u. Weiber, als der Regent jedesmal Lebensjahre zählte, in der Kapelle zu Whitehall Kleidungsstücke u. Nahrungsmittel u. dazu so viel Geldstücke erhalten sollten, als der Regent Jahre alt wäre. Die Wiedertäufer aber behielten es als ein von Christo eingesetztes u. zur steten Feier befohlenes Sacrament bei; auch in der Brüdergemeinde ist es üblich, doch nur facultativ u. nicht auf Gründonnerstag festgesetzt; es vollziehen dort unter Gesang die Gemeindevorsteher das F. an den Gemeindegliedern u. diese auch wechselseitig, u. es wird als Kleine Taufe bezeichnet.