[212] Helgoland (engl. Heligoland, niederl. Heilgeland), Insel in der Nordsee, unweit der holsteinischen Küste, sonst dänisch, jetzt den Briten gehörig, besteht aus der Felseninsel u. der durch einen 1820 Fuß tiefen, vor 1720 ganz seichten Kanal (Cours) getrennten Düne (Dönnäoe). Jene ist ein 260 Fuß hoher u. 4200 Schritt im Umfang habender Felsen, von welchem Stufen herab in das Niederland gehen; auf demselben (Oberland) befindet sich ein Leuchtthurm, eine Kirche u. ein Flecken mit ungefähr 3000 Ew. Das Niederland hat 1400 Schritt im Umfange, ungefähr 60 Häuser (gegen 500 Ew.) u. zwei Häfen. Die Düne ist unbewohnt; doch ist dort der Hauptbadeplatz des seit 1826 sehr besuchten Seebades, ausgezeichnet durch eine reine Seeluft u. starken Wellenschlag; zu der Düne muß man auf kleinen Fahrzeugen übersetzen; auch an der Ost- u. Nordseite sind Badeanstalten. Man lebt in H. einfacher u. einförmiger, doch auch wohlfeiler als in anderen Seebädern. Die Badezeit dauert von Mitte Juni bis September; während derselben wöchentlich regelmäßig dreimal Dampfschiffverbindung mit Hamburg. Die Einw. sind Friesen, haben eine eigenthümliche Tracht u. bewahren noch Manches von alter Sitte u. Sprache; so bestellen die Weiber Feld u. Scheune, während die Männer zur See sind; die Helgoländer treiben Handel, sind Fischer, Schiffer u. gute Lootsen; sie sind abgabenfrei, bekennen sich zur Evangelischen Kirche, wählen ihre Geistlichen selbst, deren Besoldung jedoch England bestreitet. An der Spitze der Verwaltung steht ein englischer Gouverneur (gewöhnlich ein Stabsoffizier), unter ihm 6 Rathsherren, 8 Quartiersleute u. 16 Älteste. Eine allgemeine Landesversammlung, an der jeder Hausbesitzer Antheil nehmen u. mit sprechen darf, untersucht die jährlichen Ausgaben. Das Landrecht beruht auf den alten friesischen Gesetzen u. besteht aus nur 16 Artikeln. Charakteristisch für die Rechtlichkeit der Helgoländer ist es, daß in H. nie ein Gefängniß gestanden hat. Einige halten H. für das Actania der Alten; im Mittelalter hieß es Fositesland (Foselistand) von dem friesischen Gotte Fosite, welcher hier eine Kapelle hatte. An derselben war eine heilige Quelle, um welche heilige Stiere weideten. Nur. stillschweigend durfte man. aus derselben trinken; Übertreter wurden rasend od. mit dem Tode gestraft. St. Willibrod stürzte hier das Heidenthum, indem er die heiligen Rinder schlachten u. die Kapelle zerstören ließ. Von den Missionären, die sich hier niederließen, erhielt dann H. den Namen Heleg Land (Heiliges Land) u. wurde nun von einigen Häuptlingen regiert, welche zugleich Oberpriester waren. Später (wenigstens seit dem 14. Jahrh.) gehörte es zu Holstein, bis sie der Herzog von Gottorp 1712 an Dänemark abtrat. Früher soll H. einen Umfang von 4 Meilen gehabt, vom 9. bis 14. Jahrh. aber das Meer große Stücke hinweggerissen haben. Diese Angaben entbehren jedoch alles historischen Grundes, nur einzelne Zerstörungen haben stattgefunden, aber wesentliche Veränderungen hat H., wenigstens seit dem 11. Jahrh., wo es Adam von Bremen beschrieb, nicht erlitten. 1808 nahmen die Engländer H. u. machten es während der Handelssperre mit Napoleon zur Hauptniederlage für ihren Schleichhandel mit dem Continent. 1814 wurde H. völlig an England abgetreten, u. es ist gegenwärtig ein englischer Offizier daselbst als Gouverneur, aber keine Besatzung. Hier 4. Juni 1849 Kanonade zwischen den drei deutschen Kriegsdampfböten Barbarossa, Hamburg u. Lübeck u. zwei dänischen Kriegsschiffen. 1855 war hier ein Werbedepot für die Englisch-deutsche Legion. Am 4. Septbr. 1856 wurde die hier befindliche Spielbank geschlossen. Vgl. Fr. van der Decken, Über die Insel H., Hannov. 1826; Lappenberg, Über den ehemaligen Umfang u. die alte Geschichte H-s, Hamb. 1831; Heikens, H. u. die Helgoländer, Oldenburg 1844; Wiebel, Die Insel H., Hamb. 1842 bis 1846, 2 Abthl.; Hirsch, H. als Seebad, Hamb. 1852.