Landwirthschaftliche Gesellschaften

[100] Landwirthschaftliche Gesellschaften, Verbindungen von Landwirthen, Naturforschern, Technikern u. Freunden der Landwirthschaft etc., deren Zweck Förderung dieses Gewerbes ist. In den Versammlungen werden Meinungen u. Beobachtungen mitgetheilt, zu gemeinschaftlichen Versuchen Anlaß gegeben, zur Nachahmung des Erprobten aufgemuntert, gemeinschaftliche Bibliotheken u. Lesezirkel, Modellsammlungen, Versuchsfelder eingerichtet, Racethiere angekauft u. unter die Mitglieder verbreitet, Dienstbotenbelohnungsvereine, Ackerbau-, Wein-, Gartenbau-, Seidenbauschulen etc. ins Leben gerufen, öffentliche Ausstellungen von Geräthen, Thieren, Producten veranstaltet, Preise ausgesetzt etc. Die Organisation dieser Vereine ist verschieden. Gewöhnlich sind sie eingetheilt in Local-, Bezirks- u. Provinzial- od. Hauptvereine; erstere resortiren vor den zweiten, diese vor dritten. In manchen Ländern steht die Gesammtheit der L. G. unter einer besondern Behörde, wie in Preußen unter dem Landesökonomiecollegium, in Sachsen unter dem Landesculturrath, welche wieder vor dem Ministerium der landwirthschaftlichen Angelegenheiten od. des Innern resortiren. Einige dieser Vereine erhalten Unterstützungen vom Staate; die Mitglieder müssen sich gewissen Statuten unterwerfen. Die ältesten u. bedeutendsten dieser Gesellschaften sind: A) in Deutschland: die k. k. L. G. in Wien, die k. k. Vöhmische Patriotisch-Ökonomische G. in Prag, die k. k. L. G. in Steyermark, die Märkisch-Ökonomische G. zu Potsdam, die Pommersche Ökonomische G., die Schlesische G. für vaterländische Cultur, der Westpreußische L. V. in Marieuwerder, der Rheinpreußische L. Verein, die Leipziger Ökonomische G., die Ökonomische G. des Königreichs Sachsen zu Dresden, der L. Verein in Altenburg, der L. Verein in Koburg, die Hannövrische L. G. zu Celle, der Land- u. Forstwirthschaftliche Verein in Braunschweig, der Mecklenburgisch-Patriotische Verein, der Hessen-Darmstädtische L. Verein, der Baiersche L. Verein, der L. Verein des Großherzogthums Baden, der Schleswig-holsteinsche L. Verein, der L. Verein in Weimar, der Württembergische L. Verein. Neuerdings sind mehrere Bauervereine in Mecklenburg, Preußen u. Sachsen, entstanden. B) In der Schweiz: die Genfer Ökonomische Societät; C) in Rußland: die Ökonomischen G-en zu Petersburg u. Moskau, der L. Verein für Lithauen etc. Zuweilen sind mit diesen Vereinen auch andere, die eine gewisse nähere od. entserntere Beziehung zur Landwirthschaft haben, vereint, so Garten-, Weinbau-, Seidenbau-, Pomologische (s.d.), forstwirthschaftliche Gesellschaften u. dgl. Eine ganz Deutschland umfassende L. G. ist die wandernde Versammlung der deutschen Land- u. Forstwirthe, welche nach dem Vorbild der Versammlung der deutschen Naturforscher u. Ärzte, stets an einem andern Ort zusammenkommt. Sie tagte 1837 in Dresden, 1838 in Karlsruhe, 1839 in Potsdam, 1840 in Brünn, 1841 in Doberan, 1842 in Stuttgart, 1843 in Altenburg, 1844 in München, 1845 in Breslau, 1846 in Grätz, 1847 in Kiel, 1849 in Mainz, 1850 in Magdeburg, 1851 in Salzburg, 1852 in Hannover, 1853 in Nürnberg, 1855 in Cleve, 1856 in Prag, 1857 in Koburg, 1858 in Braunschweig, 1860 in Heidelberg. Sie theilt sich bei ihrem Zusammentreten in Sectionen (Ackerbau, Forstwesen, Viehzucht, Wein- u. Obstbau, Naturwissenschaften, landwirthschaftliche Technik) u. discutirt die aufgestellten Fragen, hält täglich eine Generalversammlung, veranstaltet Ausstellungen von landwirthschaftlichen Gegenständen, macht Excursionen, setzt Preise aus, endigt nach acht Tagen u. hat segensreich nicht nur auf die Ausbildung der Landwirthschaft im Allgemeinen gewirkt, sondern ist auch von wohlthätigem Einfluß auf die volks- u. staatswirthschaftlichen Verhältnisse der Staaten gewesen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 100.
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