Macchiavelli

[663] Macchiavelli (spr. Makiawélli), Nicolo di Bernardo Dei, geb. 1469 in Florenz, aus edlem Geschlechte; war Anfangs Staatssecretär u. wurde als solcher, nach der Vertreibung der Medici, mehrmals zu Gesandtschaften an den französischen, den kaiserlichen u. päpstlichen Hof gebraucht. Nach der Rückkehr der Medici wurde er 1512, auf Betrieb Lorenzo's Medici, seines Amtes entsetzt u. wegen der Theilnahme an der Verschwörung des Boscoli u. Capponi gegen den Cardinal Giovanni Medici verhaftet, der Tortur unterworfen u. verbannt. Zwar wurde er, als Giovanni Medici Papst wurde, zurückberufen u. selbst Rathgeber des Cardinals Giulio Medici; allein da bald eine neue Verschwörung ausbrach, an welcher mehrere vornehme Jünglinge, die mit M. Umgang hatten, Theil nahmen, so mußte er abermals von dem öffentlichen Leben abtreten, u. wenn auch der indeß Papst gewordene Cardinal Giulio Medici ihn zurückrief, so konnte er doch die Gunst der Florentiner nicht wieder gewinnen; er st. 22. Juni 1527 in Florenz. In ihm verbanden sich Patriotismus u. seltene Gewandtheit in Staatsgeschäften mit ausgebreiteter Gelehrsamkeit, seinem Beobachtungsgeiste viel umfassender Welt- u. Menschenkenntniß. Durch Kraft u. Wärme des Ausdrucks, durch seinen correcten u. blühenden Styl hat er sich unter den Prosaisten seiner Nation eine der bedeutendsten Stellen erworben. Er schr.: Arte della guerra, Agosta 1521 u. ö. (lateinisch, Strasb. 1610); Dell storie fiorentine, Flor. 1532 u. ö. (lateinisch, Leyd. 1645 u. ö., deutsch von Otto, Lpz. 1788, 2 Bde., u. von W. Neumann, Berl. 1809, 2 Bde.); Discorsi sopra la prima deca di Tito Livio, Vened. 1532, ebd. 1630 (unter dem Pseudonym Amadio Niccolucci): Il Principe, Rom 1532 u. ö. (lateinisch, Leyd. 1643 u. m., auch englisch u. französisch, deutsch, Frankf. 1745, Hannov. 1756 u. 1762, von F. n. Baur, Arnst. 1804, von Rehberg, Hannov. 1824), worin er die Nothwendigkeit der Begründung u. Erhaltung der unbeschränkten Fürstenmacht ohne Rücksicht auf die Mittel nachweist; bei der Verdorbenheit der Menschen dürfe man vor keinem Mittel zurückschrecken, wenn nur der Zweck erfüllt werde, Italien von dem Einfluß der Ausländer zu befreien u. dasselbe wieder groß u. stark zu machen. Friedrich der Große erklärte dieses Buch in seinem Antimachiavell für eins der gefährlichsten, welches je in der Welt geschrieben worden sei. Gegen die hier ausgesprochenen Grundsätze waren schon die Commentarii de regno rite et tranquille administrando, Lauf. 1577 u. ö., deutsch (Anti-M. od. Regentenspiegel), Strasb. 1624, u. später der Anti-M. von C. H. Jacob, Halle 1794, 2. Aufl. 1796, gerichtet, u. man bezeichnet seitdem eine Staatskunst, die sich an keine Gesetze der Moral gebunden glaubt, mit dem Namen Macchiavellismus od. Macchiavellische Politik. In neuerer Zeit hat aber M. Vertheidiger gefunden, die aus den Umständen seines Zeitalters u. überhaupt aus dem Geiste seiner Schriften u. Handlungen eine bessere Absicht des Principe wahrscheinlich zu machen versucht haben, so schon Hereer, ferner Ranke (Zur Kritik neuerer Geschichtschreiber, Berl. u. Lpz. 1824). M. schr. auch Gedichte u. zwei Lustspiele (Clitia u. Mandragola, 1551, letzteres deutsch, Erlang 1805); Gesammelte Werke, o. O., 1550; vollständige Sammlung der Staatsschriften u. Briefe, Lond. 1760, 1763, 1767, Flor. 1782, Liv. 1796 ff., Flor. 1813, 8 Bde., 1826, 10 Bde., in 1 Bde. 1831, von Parenti 1843, von Polidori 1857, deutsch von Ziegler, Stuttg. 1832–41, 8 Bde.; Briefe von M., Amst. 1763, 1767, deutsch von H. Leo, Berl. 1826. Vgl. S. Christ, De M, vita, Lpz. 1731; G. M. Galanti; Emge de M., Neap. 1779, 1788.[663]

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 663-664.
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