Patagonien

[737] Patagonien, der südlichste Theil von Südamerika, im Osten an den Atlantischen Ocean, im Süden an die Magelhaens Straße, im Westen an den Stillen Ocean, im Norden an Chile, die Argentinische Conföderation u. Buenos-Ayres grenzend (von letzterem durch den Cusu Leuwu getrennt), ungefähr 20–22,000 QM.; doch wird in neuester Zeit der ganze westlich von den Cordilleren gelegene Küstenstrich bis zum Cap Horn von Chile (s.d.) in Anspruch genommen; mit Ausnahme einiger Küstenstriche u. einiger Gegenden am Cusu Leuwu u. an der Magelhaens Straße fast gänzlich öde u. quellenlos u. für Europäer unbewohnbar. Im Innern die große Sandwüste Huecuvu Mapu (Teufelsland); Gebirge: der Anfang der Cordilleras (s.d. a), zum Theil vulkanisch, nur bis 7600 Fuß sich erhebend, in die Vorgebirge Froward (Frouard, Avance) südlich, Vittoria westlich, Blanco, Desvelos, Fairweather (Buentiempo), Virginos u.a. östlich auslaufend; Gewässer: Flüsse zum Atlantischen Ocean: Rio negro (Cusu Leuwu Desaguadero), sich aus mehrern Flüssen, als: Rio de Diamante, Chillon u.a. bildend, Camarones (Seekrebsfluß), Rio Segundo, Santa Cruz, Gallegos; zum Stillen Meer: S. Tadeo, S. Josef u.a.; Seen: Laguna grande, Tehuel, Otway Water, Skyring u.a.; Baien: östlich Bahia sin Fondo (B. de S. Matthias, Camerones, Bahia nuova, S. Jorge, Port Julian), von Magelhaens 1520 gefunden; südlich Famine (mit Trümmern einer spanischen Niederlassung), Bocault (Bougainvilles Aufenthalt, Gallant, Holland, Toledo, mit vielen Inseln), Peñas u.a. Das Klima ist ziemlich kalt; Producte: wilde Pferde u. Ochsen, Tapire, Jaguare, Cugnare, Stinkthiere, Gürtelthiere, Strauße, Seevögel; weißer Zimmet, Zwergpalmen, viel Nadelholz; das Mineralreich ist noch ununtersucht. P. wurde 1519 von Ferdinand Magelhaens entdeckt u. war früher Besitzthum Spaniens, ist jetzt jedoch ganz unabhängig. Inseln um P.: östlich nur kleine u. unbedeutende; westlich: Hannover, Königin Adelaidens Gruppe, Madre de Dios, 25 Meilen lang, am Golf Trinidad; Campana (S. Barabra), durch den Kanal Fallo von Wellington getrennt; Guayneco, Gruppe von mehren Inseln; Xavier. Ferner die Halbinseln: Tres Montes durch den Isthmus Osui (Ofqui) u. die Halbinsel König Wilhelm IV. Land, durch den Isthmus; Pinto, mit dem Festland verbunden. Die Einwohner von P. sind: Cäsares (Cusares), angeblich von schiffbrüchigen Spaniern; Araucanos; zu ihnen gehören: die Pehueuches, in mehren Stämmen, treiben Ackerbau, Viehzucht, Weberei, Jagd, Handel; Hullliches, an der Magellansstraße, stark, groß, gute Reiter, u. Pleunches, bis nach Chili sich ausdehnend; Patagonier; diese bilden einen besonderen Stamm der amerikanischen Race u. zerfallen in drei Hauptvölker; zu ihnen gehören: a) Tehuelheis, zahlreicher Stamm, hat eigene Sprache, bewohnt einen großen Theil des Landes, theilt sich in die Stämme der Leuwutschen (Leuvuches) u. Calillehets; Letztere theilen sich wieder in Chulian-, Sehuan- u. Yacana-Cunnys. Sie sind diejenigen, die als Patagonier u. als Riesen beschrieben wurden, weil sie, wie die ganze amerikanische Race, sehr langen Oberleib u. kurze Füße haben, u. daher von Weitem, zu Pferde sitzend, sehr lang erschienen u. sich durch Körperkraft auszeichnen, da die Mittelgröße doch immer 6–61/2 Fuß beträgt; sie sind kräftig, gelblich, das Haar schwarz; Kleidung: Mäntel, welche mit einem Gürtel zusammengehalten werden, Stiefeln aus Pferdehaut; das Gesicht wird farbig bemalt; zur Wohnung dienen leichte Hütten; sie sind freundlich u. gutmüthig u. schiffen mit Holzflößen über die Magelhaensstraße; b) Pueltschen (Puelchen), auch in Chili wohnend, reden eigene Sprache, theilen sich in mehre Stämme, darunter die Taluhet, auch am Rio de la Plata wohnend, stark, dunkelfarbig, mit Mänteln (Thierfellen) bekleidet, mit Ringen u. Halsbändern geschmückt, nomadisiren u. treiben Jagd; c) Tschetschehel, stark, groß, gute Reiter, abgehärtet, kriegerisch, bewaffnet mit Schleudern, Lanzen, auch wohl Bogen u. Pfeilen, stehen unter erblichen Caziken, beten ein gutes u. ein böses Mesen an, haben Zauberer (zugleich Priester u. Ärzte), skelettiren ihre Todten ehe sie dieselben begraben u. stellen die Gerippe ihrer Pferde dazu. An der Südspitze: Pescheräs, s.d. Vgl. Falkner, Beschreibung von P., Gotha 1765; d'Orbigny, Voyage dans l'Amérique méridionale, Paris 1838, 2 Bde.; King, Fitzroy u. Darwin, Voyage of the Beagle, Lond. 1839, 4 Bde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 737.
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