Patkul

[746] Patkul, Johann Reinhard (Reginald) von P., ein Livländer, geb. um 1660 zu Stockholm im Gefängnisse, wohin seine Mutter ihren Gatten, einen Livländer, welcher als Staatsgefangener saß, begleitete; er trat in schwedische Kriegsdienste u. war 1689 als Capitän unter den livländischen Deputirten, welche Karl XI. nach Stockholm berief, um sich über die Gerechtsame des livländischen Adels zu verständigen, wobei P. sehr energisch auftrat; da er 1691 in einer Schrift die Beschwerden seines Vaterlandes erneuerte, so wurde er als Rebell erklärt u. 1693 nach Stockholm beschieden; er hielt sich damals in Kurland auf u. ging 1694, mit Zusicherung sicheren Geleites, nach Stockholm. Hier wurde ihm der Proceß gemacht, u. da er sich im Octbr. d.i. wieder nach Kurland entfernte, wurde er für infam erklärt u. zum Tode verurtheilt. Er ging nun unter dem Namen Fischering nach dem Waadtland, wo er sich wissenschaftlich beschäftigte, u. dann nach Frankreich, trat 1698 als Geheimerrath in kursächsische Dienste u. unterstützte den Plan Augusts II., mit Dänemark u. Rußland verbündet Schweden zu bekriegen u. Livland wieder mit Polen zu vereinigen. 1702 schloß er in Petersburg das diesfallsige Bündniß, war aber in Livland weniger glücklich; er trat nun als Generalkriegscommissär in russische Dienste, begleitete 1704 den König von polen als russischer Gesandter nach Dresden, übernahm als Generallieutenant das Commando der für August 11. bestimmten russischen Hülfstruppen u. eroberte Warschau durch Capitulation, mußte sich aber später zurückziehen. 1705 gerieth er in Verdacht, Zwietracht zwischen Rußland u. Sachsen zu säen, einen Theil der russischen Hülfstruppen in österreichische Dienste bringen zu wollen u. mit Schweden zu unterhandeln, wurde deshalb erst auf den Sonnenstein, dann auf den Königstein gebracht u. im Frieden von Altranstädt 1706 vermöge eines ausdrücklichen Artikels von August II. an Karl XII. ausgeliefert, welcher ihn, ungeachtet der Protestationen Rußlands wegen Verletzung des Gesandtenrechts, noch auf dem Marsche nach Schweden 10. Octbr. 1707 zum Tode verurtheilen u. beim Kloster Kasimir bei Posen von unten hinauf lebendig rädern, dann enthaupten, viertheilen u. aufs Rad stechten ließ. 1713 wurden seine Gebeine gesammelt u. nach Warschau gebracht; 1850 ließ die livländische Ritterschaft sein Bild in dem Sitzungssaale ihrer Landräthe zu Riga aufstellen. Lebensbeschreibung von Wernich, Berl. 1849. P-s Ende ist das Sujet eines Trauerspiels von Gutzkow.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 746.
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