Phokis

[81] Phokis, Landschaft Mittelgriechenlands, zwischen Lokris, Doris, dem Korinthischen Meerbusen, welcher hier noch den kleinen Krissäischen bildet, u. Böotien; Hauptflüsse: Plistos u. Kephissos; Berge: Parnassos mit seinen Zweigen, Kallidromos, Kemis u. Helikon, dessen Ausläufer das Vorgebirg Pharygion bildete; Städte: Delphi, mit dem berühmten Orakel, Kirrha, Antikirrha, Elatea etc.; Flächeninhalt: ungefähr 40 QM.; enthielt nur eine Ebene, das Krissäische Gebiet, sonst einige Thäler, von denen das größte die Ufergegenden des Kephissos bildeten; das Klima war naß u. kalt; Producte: Getreide, Wein u. Öl. Die Einwohner, Phokeer (Phocenser), waren Hellenen, u. zwar äolischen Stammes, doch lebten auch Dorier unter ihnen; nach u. nach kamen Hyanten (s.d.), ausge. wanderte Argiver, welche Aba erbauten, Athener, welche Stiris anlegten, Korinthier, Ägineten unter Phokos, Phlegyer u. Arkadier dazu. Nur in Delphi saßen einheimische Fürsten, Abkömmlinge Deukalions von weiblicher Seite; mit ihnen verbündeten sich die umherliegenden Städte zu der Delphischen Amphiktyonie, deren Mittelpunkt das Orakel in Delphi war. Nach der Eroberung Thessaliens durch die Pelasger, 60 Jahre nach dem Trojanischen Krieg, zog sich ein Theil der Einwohner Thessaliens nach P., u. Pelasger zogen ihnen nach. Die letzteren waren übermächtig, u. die Phokeer konnten sich nur durch Tapferkeit, durch Kriegslist in einigen Treffen u. endlich durch die Verschanzung des Passes bei Thermopylä ihrer weiteren Einbrüche erwehren. Durch dieses tapfere Benehmen stieg aber der Einfluß der Phokeer bei den angrenzenden hellenischen, gleiche Unterjochung von den pelasgischen Thessaliern befürchtenden Völkerschaften, vorzüglich bei den Lokrern. So entstand Nationalhaß zwischen den Thessaliern u. Phokeern, welcher in den Persischen Kriegen noch volle Kraft äußerte, wo, auf Veranlassung der Thessalier, fast alle Städte in P. vernichtet wurden. Städte erhoben sich wieder, aber der Wohlstand war dahin. Im Peloponnesischen Kriege waren die Phokeer auf Seiten Athens, welches ihnen zu der Oberaufsicht über das Delphische Orakel verholfen hatte. Als sie aber diese dazu mißbrauchten, das zum heiligen Gebiete gehörende u. von aller Cultur ausgeschlossene Kirrhäische Gebiet anzubauen, wurden sie von Thebanern, Lokrern u. Thessaliern 356 v. Chr. mit Krieg überzogen (Phokischer Krieg) u. obgleich von Sparta u. Athen unterstützt, doch endlich, nachdem sich Philippos von Macedonien ihren Feinden zugesellt hatte, 346 v. Chr. gänzlich besiegt; sie wurden aus dem Amphiktyonenbunde ausgeschlossen u. alle ihre Städte, außer Delphi u. Elatea, zerstört, s. Heilige Kriege 1) b). Nachher fochten die Phokeer mit den Athenern verbündet gegen die Macedonier bei Chäronea u. in dem Lamischen Kriege, u. ihre Städte wurden durch Beihülfe der Athener u. ihrer ehemaligen Feinde, der Thebaner, fast überall hergestellt. Ihre letzte Anstrengung findet sich im Kriege gegen die eindringenden Kelten; sie stellten[81] zur gemeinschaftlichen Armee 3000 Mann Fußvolk u. 500 Reiter. In Zukunft folgten sie der Willkür jedes Siegers u. ihr Land wurde endlich von den Römern zur Provinz Achaia gezogen. Nach der neuen Eintheilung Griechenlands von 1835 ist P. ein Gouvernement mit der Hauptstadt Amphissa; seit 1836 zur Nomarchie Phthiotis u. Phokis gehörig.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 81-82.
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