Pistōja [1]

[162] Pistōja, 1) Bezirk der toscanischen Präfectur Florenz, 131/2 QM. mit 99,400 Ew.; 2) Stadt darin unweit des Ombrone, an der Eisenbahn von Pisa nach Florenz; hat Citadelle, Bischofssitz, Kathedrale S. Jacopo, 27 Pfarr- u. 26 Klosterkirchen (S. Bartolommeo, S. Andrea, S. Giovanni Fuoricivitas, S. Francesco, Sta. Maria dell' Umilita, S. Domenico, das Battisterio), alle mit ausgezeichneten Sculpturen, Gemälden u. Kunstschätzen; Hospital, mehre ansehnliche Paläste (Bischöflicher Palast, 1787 auf Riccis Befehl erbaut, Pal. Prätorio, jetzt Tribunal, 1368 errichtet, Pal. della Communità, von 1295), Accademia della scienze, die öffentliche Schulanstalt La Sapienza mit Bibliothek; außerdem Capitularbibliothek, 6 Archive, Bischöfliches Seminar, Botanischer Garten, Wollen-, Quincaillerie- u. Eisenfabrikation (Flintenläufe u. Messer), Fabrikation von Nadeln, landwirthschaftlichen u. musikalischen Instrumenten, viel Gärtnerei; 13,500 Ew. Die Diamanten von P. sind gute Kiesel (Bergkrystalle) aus der Nachbarschaft. Nahe bei P. sind die sehr besuchten Bäder von Monte Catini. P. ist Geburtsort des Juristen Cino u. des Dichters Forteguerri. Vgl. Tolomei, Guida di P., 1822._– P. hieß im Alterthum Pistoria (Pistorium) u. war eine unbedeutende Stadt in Etrurien. Bei P. sammelte Catilina 63 v. Chr. seine Anhänger, um von hier nach Gallien zu fliehen, allein es kam zur Schlacht, in welcher sein Heer von Petrejus, Legaten des Consuls Antonius, nach hartnäckiger Gegenwehr gänzlich geschlagen wurde u. er selbst nebst allen Anführern fiel. Der Longobardenkönig Desiderius umgab sie mit Mauern. Im Mittelalter kam sie zu ziemlichem Ansehen, bis sie endlich Florenz u. Lucca 1250 einnahmen, schleiften u. ihr Gebiet theilten. Später machte sie sich wieder frei, doch schadeten ihr die bürgerlichen Unruhen, namentlich der guelfischen Cancellieri u. ghibellinischen Panciatichi, von denen Letztere bei der allgemeinen Unterdrückung der Ghibellinen in Toscana vertrieben wurden. Aber bald begannen die Cancellieri unter sich Streit; sie theilten sich in die Schwarzen (Neri) u. Weißen (Bianchi) u. zogen ganz P. in ihren Kampf. Endlich vertrieben die Florentiner, welchen die Obergewalt auf drei Jahre übertragen wurde, die Häupter der beiden Parteien. Nachher kam es an Toscana. Hier wurde 1786 die Diöcesansynode von Bischof Ricci (s.d.) gehalten, welche den Reformplan des Großherzogs Peter Leopold berieth u. annahm, welcher jedoch auf der Nationalsynode zu Florenz 1787 von den Bischöfen durch die Majorität verworfen wurde. Vgl. Fioravanti, Memorieistor. della cità di P., 1738; Atti et decreti del concilio dioeces. di P. a. 1786, herausgeg. von Bracali 1788, latein. 1791, 2 Bde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 162.
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