Sänfte

[863] Sänfte (Tragsessel), ein Behältniß meist von Holz, welches von zwei Menschen, auch wohl von zwei Tragthieren, meist Maulthieren, getragen wird u. dazu dient eine od. mehre Personen von einem Ort zum andern zu schaffen. Am frühesten kommen die S-n im Orient u. in Ägyptenvor, wo man deren zum Tragen auf den Schultern hatte (s. Palankin). Aus dem Orient kam die S. später nach Griechenland, wo sie Phoreion hieß u. auf beiden Seiten mit Vorhängen versehen, mit goldenen u. silbernen Säulen u. mit Edelsteinen verziert war. Auch die Römer bedienten sich der S. (Lectica) anfangs auf Reisen, dann auch in der Stadt; sie war entweder zum Sitzen od. zum Liegen, bestand aus einem hölzernen Gestell, auf welchem eine Matrazze u. am Kopf ein Kissen lag, u. war bald offen, bald bedeckt mit Vorhängen (Plagulae), von Leder od. Tuch, welche man nach Belieben wegziehen konnte, od. auch mit Glasfenstern versehen. Die S-n wurden von Sklaven (Lecticarii) an langen Stangen (Asseres) auf den Schultern getragen u. verlangten je nach ihrer Größe od. dem Range ihrer Besitzer zwei bis sechs[863] (daher L. hexaphoros), auch acht (L. octophoros) Träger. Wer nicht eigenthümlich eine S. besaß, miethete sich eine solche, denn es hatten sich Gesellschaften von Sklaven, Freigelassenen u. armen Plebejern gebildet, welche um Lohn ihre S-n vermietheten. Andere S-n dienten, um die Todten darauf zu beerdigen (Lecticae funebres); für solche sorgte die Commun (Lecticae publicae), doch hatten Reiche ihre Privatsänften zu diesem Gebrauche. Diese S-n waren auch entweder offen od. verdeckt. Vgl. Johann Alstorph, De lecticis veterum. Im Mittelalter, bes. nach den Kreuzzügen, waren die S-n, bes. die von Pferden u. Maulthieren getragenen, bei Reisen vornehmer Frauen sehr gewöhnlich. Zur Zeit Ludwigs XIV. kamen die eigentlichen Portechaisen (s.d.) auf u. wurden in großen Städten u. an den Höfen Mode. In Spanien sind sie von der Maurenzeit noch gewöhnlich u. bei den schlechten Wegen zum Reisen für Damen auch bequem.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 863-864.
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