[140] Sirēnen, 1) (Sirēnes), nach Homer liebreizende Mädchen auf einer Insel bei Sicilien od. an der Küste von Campanien (s. Sirenusá), welche auf einer blumigen Wiese, umgeben von verwesenden Menschengebeinen, saßen, durch süßen Gesang (Sirenengesang) die vorübersegelnden Schiffer anlockten u., wenn diese gelandet waren u. die S. geliebt hatten, auffraßen od. überhaupt ins Verderben brachten. Homer nennt zwei S., Spätere drei: Thelxiope, Molpadia (Molpe) u. Pisinoe (Aglaophonos), od. vier: Aglaopheme, Thelxiepea, Pisinoe u. Ligea; sie sind Tochter des Phorkos od. des Acheloos u. der Melpomene[140] (Terpsichore, Sterope). Vom Schicksal war ihnen bestimmt so lange zu leben, bis Jemand an ihrer Insel vorbeiführe, ohne von ihrem Gesang bethört worden zu sein. Daher sie sich in das Meer stürzten, als Odysseus (s.d. S. 218) ihren Gesang zwar hörte, aber vorbeifuhr, indem er seinen Schiffsleuten die Ohren mit Wachs verklebte, damit sie den Gesang nicht hörten, sich selbst aber an den Mast hatte festbinden lassen, um das Schiff nicht zu ihnen lenken zu können. Nach Späteren geschah dies schon bei der Argonautenfahrt, indem Orpheus ein Lied zur Lyra sang, welches ihren Zauber brach. Eine andere Mythe macht sie Anfangs zu Nymphen im Gefolg der Proserpina auf Sicilien, welche in halbe Vögel (Hühner od. Strauße) verwandelt wurden, als sie ihrer geraubten Gebieterin nicht nacheilen konnten u. sich Flügel wünschten; daher sie auch oberhalb als Jungfrauen, unterhalb als Vögel dargestellt wurden. Nach And. begaben sie sich nach dem Raube aus Zorn über das Geschehene mit schnellen Fittigen nach dem Vorgebirg Pelorum u. brauchten ihre Leier zum Verderben der Vorüberfahrenden. Sie wagten sich einst mit den Musen in einen Wettgesang, wurden aber besiegt, u. die Musen rupften ihnen zur Strafe die Federn aus den Flügeln u. machten sich Siegeskränze daraus. Allegorisirende Philosophen, seit Plato, nahmen acht S. an, welche auf den acht Kreisen des Himmels umhergetragen, die Sphärenharmonie anstimmten, wofür Andere die neun Musen nahmen. Bei spätern Künstlern findet man auch männliche S.; sie erscheinen bis über die Hüften als Menschen, bekränzt u. bärtig, in den Händen eine siebensaitige Leier, nach unten aber, an Füßen, Flügeln u. Schwanz einem Hahne gleich; über der ganzen Gestalt schwebt ein Stern; auch findet man sie mit Flügeln an den Schultern u. ohne Schweif; 2) im gewöhnlichen Leben so v.w. reizende, aber betrügerische Frauenzimmer, wovon auch Sirenengesang für verführerische Künste sprüchwörtlich geworden ist; 3) ein Theil der Hofdamen der Katharina von Medici, s.u. Hugenotten S. 586.