Vatermord

[376] Vatermord (Parricidium), der von einem Descendenten an dem eigenen Ascendenten verübte Mord (s.d.). Die Völker aller Zeiten haben das Verbrechen, welches gegen das Leben einer solchen Person gerichtet wurde, wegen des zu besonderer Ehrerbietung, Treue u. Liebe auffordernden Verhältnisses, in welchem der Ascendent dem Descendenten gegenüber steht, mit besonderer Strenge geahndet. Im Römischen Recht war dem Vatermörder die Strafe des Ertränkens (s.d.) angedroht. Später wurde durch eine L. Pompeja de parricidis unter dem Namen Parricidium der Verwandtenmord überhaupt als besonderes Verbrechen hervorgehoben, so daß jedoch die Strafe des Elternmordes daneben noch bestehen blieb. Die Peinliche Gerichtsordnung Karls V., welche den Begriff des Parricidium gleich der L. Pompeja einen weiteren Umfang gab, bestimmte, daß die dem Mörder angedrohte Strafe des Rades noch durch vorausgehendes Reißen mit glühenden Zangen od. durch Schleifen zur Richtstätte geschärft werden solle, wenn der Mord an hohen trefflichen Personen, an des Thäters eigenem Herrn, an dem eigenen Ehegatten od. nahe gesippten Freunden begangen worden wäre. Von den neueren Strafgesetzgebungen zeichnen nur diejenigen, welche noch qualificirte Todesstrafen (s.d.) kennen, den Mord an Eltern u. nahen Verwandten noch als eine besondere Verbrechensart unter dem Namen ausgezeichneter Mord aus (z.B. das Hannoversche Strafgesetzbuch). Die übrigen nehmen nur insoweit auf die in demselben liegenden strafbareren Momente Rücksicht, als sie einestheils den Versuch u. die Beihülfe dazu härter bestrafen, als bei dem gewöhnlichen Morde, anderntheils diese qualificirenden Momente auch auf den Todschlag übertragen haben, so daß z.B. nach dem Preußischen Strafgesetzbuch ein solcher Todschläger Todesstrafe zu leiden hat. Vgl. Ed. Okenbrüggen, Das altrömische Parricidium, Kiel 1841.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 376.
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