Verpflegung

[506] Verpflegung, 1) Sorge für Jemandes Nahrung u. Unterhalt; 2) die zum Unterhalt einer Truppe bestimmten Nahrungsmittel. Für die Soldaten bestehen die Speisen aus Brod, Zwieback, Fleisch, Reis, Graupen, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Gemüse etc., Salz; die Getränke aus Wasser, Bier, Branntwein, Wein. Die Pferde erhalten Hafer, Korn, Gerste, Mais, Heu, Häcksel. Die Portion eines Soldaten besteht durchschnittlich aus 2 Pfund Brod od. 1 Pfd. Zwieback, 1/2 Pfd. Fleisch; je nach der Art des Gemüses aus 1/6 bis 2 Pfd., 1/10 Kanne Branntwein od. ein Nösel Bier od. 3/4 Nösel Wein. Die Pferde erhalten schwere (31/4) od. leichte Rationen (23/4-3) Berliner Metzen, dazu 3 Pfd. Heu u. 4 Pfd. Stroh. Im Frieden erhalten die Soldaten das Brod aus den Militärbäckereien, für die andere V. sorgen die Leute entweder selbst od. sie erhalten sie gegen Gehaltsabzug aus gemeinschaftlichen Menageanstalten. Im Kriege wird die V. auf verschiedene Weise ausgeführt: A) Aus stehenden Magazinen, welche durch Ankauf od. Einziehung von ausgeschriebenen Naturalsteuern gefüllt werden. Die Ausgabe erfolgt gegen Quittung gewöhnlich auf drei Tage an commandirte kleine Abtheilungen, welche sie den Truppen zuführen; sie ist nur ausführbar, wenn die Truppen in der Nähe der Magazine stehen. Entfernen sie sich von denselben, so können sie die V. auf drei Tage bei sich tragen, u. zwar 6 Pfd. Brod u. etwas Reis u. Erbsmehl, für weitere sechs Tage fährt man auf Wagen, welche das Linienfuhrwesen bilden, V. nach. Für weitere Märsche sorgt das Reservefuhrwesen, welches aus Wagencolonnen besteht, die zwischen der Armee u. Magazinen sich bewegen, um das Linienfuhrwesen zu ergänzen; sie führen meist Mehl, welches in den hinter der Armee errichteten Bäckereien zu Brod verbacken wird. Um für 100,000 Mann auf neun Tage Mehl fortzuschaffen, braucht man 1000 Wagen, außer den Reserve-, Geräthschafts- u. Bäckereiwagen; durch angeführte Art kann man eine Armee auf 18 Tage verpflegen. Will man nun weiter marschiren, so müssen neue Magazine errichtet werden, von denen sich aber die Armee nur auf fünf Märsche entfernen kann; man nennt dies das Fünfmärschesystem. Dieses System ist durch den Bau der Eisenbahnen wesentlich geändert, diese ersetzen das Reservefuhrwesen, sie führen den Bedarf aus entfernten Gegenden schnell den eingerichteten Magazinen zu, u. das Linienfuhrwesen bringt von hier die V. zu den Truppen. B) Eine andere V. ist die auf das Requisitionssystem gegründete. Die Truppen erhalten dabei entweder die V. in ihren Quartieren von den Wirthen, od. die Gemeinden müssen die gesammte V. an einen bestimmten Ort abliefern. Diese Art der V. ist nicht immer consequent durchzuführen, es müssen deshalb bei diesem System die Truppen für den Nothfall einen sogenannten eisernen Bestand im Tornister od. Brodbeutel mit sich führen, welcher im äußersten Mangel aushilft. Dieser eiserne Bestand wird ergänzt durch die der Armee folgenden Proviantcolonnen, deren Wagen Requisition od. Magazine füllen. Vieh, um Fleisch zu liefern, wird der Armee nachgetrieben od. durch Eisenbahnen zugeführt od. durch Requisition aufgebracht. Man rechnet für 10,000 Mann für einen Tag 25 bis 30 Stück Rindvieh. Die gesammte V. steht unter Proviant- od. Intendanturbeamten, welche unter speciellem Befehl des Generalstabes stehen. Die Colonnen bewegt der Train. In neuester Zeit sind mit concentrirten Nahrungsstoffen vielfach Versuche gemacht, sie sollen den Truppen ermöglichen für lange Märsche die Nahrungsmittel mitzuführen. Die Bouillontafeln, der Fleischzwieback, der Fleischgries, das comprimirte Gemüse sind mit Erfolg verwendet worden, bes. auch in Festungen u. auf Schiffen, wo die V. aus Nahrungsmitteln bestehen muß, welche sich lange halten. Jedes Schiff führt an V. mit sich was es für seine Mannschaften braucht, größeren Flottenabtheilungen folgen Proviantschiffe mit Reservevorräthen. Vgl. von Richthofen, Der Haushalt der Kriegsheere, Berl. 1839; Über Militärökonomie, Petersb. 1820; Rodowicz-Oswiecinski, Die eiserne Portion, Frankf. 1859; Dienstordnung der Feldproviantämter, Berl. 1859; Dienstordnung der Militärmagazinverwaltungen, ebd. 1855.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 506.
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