Böhme

Ein Böhme, ein Ketzer; ein Schwabe, ein Schwätzer, ein Meissner, ein Gleissner; ein Pole, ein Dieb; ein Ungar, der seinen Herrn verrieth.Henisch, 448; Körte, 672.

Wer dergleichen Sprichwörter buchstäblich nehmen wollte, würde so ungerecht gegen sie sein, wie sie selbst gegen Völker und Personen zu sein scheinen. Das Sprichwort liebt es, das nur in beschränktem Sinne Wahre unbeschränkt auszusprechen, weil es sich mit lästigen Bedingungen und Ausnahmen nicht trägt. Die Geisteszwinger sehen überall Ketzer; an Schwätzern, Heuchlern, Dieben und Verräthern fehlt es aber in keinem Lande. Die Entstehung des Sprichworts fällt offenbar in die Zeit des Hussitenkriegs. Während das Sprichwort wie das obige nur Angriffe enthält, gefällt es sich auch wol in solchen Zusammenstellungen, in denen die eine Seite auf Kosten der andern erhoben wird, wie z.B. in folgenden englischen: Braintree boys, brave [424] boys; Bocking boys – rats; Church Street – puppy dogs; High Garret – cats. (Bohn II, 203.) Andere englische Sprichwörter entsprechen wieder dem obigen deutschen: A Dover shark, and a Deal savage. – Long, lazy, lousy Lewisham. (Bohn II, 208.)


[Zusätze und Ergänzungen]

2. Wenn ein Böhme geboren wird, so legt man ihm eine Geige oder ein Geldstück vor; nimmt er die Geige, so wird er ein Musikus, greift er nach dem Gelde, so wird er ein Dieb.


3. Wo ein Böhme Kuder aus einem Hause trägt, da wird gewiss kein deutscher Flachs in finden.Trutz Simplex, 147.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1030.
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