1. Es ist kein Ketzer, er hat seinen Glauben.
Holl.: Daar is geen ketter, of hij heeft zijn letter. (Harrebomée, I, 397a.)
2. Es ist nicht jeder ein Ketzer, der einen andern Rock trägt.
Man konnte (oder kann?) keinen Titel leichter erhalten als den eines Ketzers. Nicht blos Abweichungen von einem Glaubenssatze, auch weit geringfügigere Anlässe konnten (oder können?) dazu verhelfen. Im nicänischen Glaubensbekenntniss hiess es z.B. nur: »Wir glauben an den heiligen Geist.« Die Griechen, oder das Concil zu Konstantinopel setzte bei: »der vom Vater ausgeht.« Die Römer (lateinische oder abendländische Christen), die sich ebenso gut zu Zusätzen berechtigt glaubten, brachten das: »und vom Sohne« noch dazu. Als nun die griechischen oder morgenländischen Christen, das in das Glaubensbekenntniss eingeschaltete »filioque« nicht annehmen wollten, nannten sie einander zur Veranschaulichung der christlichen Liebe, wenn auch nicht gerade zur Verherrlichung [1260] der christlichen Vernunft, wechselseitig Ketzer. Und als die morgenländischen Geistlichen beschlossen, sich die Bärte lang wachsen zu lassen, und die abendländischen glaubten, sie abscheren zu müssen, waren sie gegenseitig wieder Ketzer. Der römische Bischof Gelasius ging noch weiter, er erklärte alle, die in gewissen Lehrsätzen nicht seiner Meinung waren, für sterbende Fliegen, die das Oel der Anmuth zu verderben strebten. (Wagenseil, 270 u. 293.)
3. Ketzer führen fünf L; sie lästern, lügen, leugnen, lauern und laufen.
Holl.: Een ketter is twee boeven waard. (Harrebomée, I, 397a.)
4. Ketzer sind Fliegen; was sie aufs Weisse machen, das ist schwarz, und was sie aufs Schwarze schmeissen, das ist weiss.
5. Ketzer soll man nicht in geweihte Erde begraben.
Zinkgref (III, 283) erzählt von einem Edelmann, Georg von Oss, der von einem Priester die Erlaubniss erhielt, seinen Hund auf dem Kirchhof zu begraben, weil er versicherte, derselbe habe den Priester im Testamente wohl bedacht.
6. Ketzer stelen Gottes wort. – Henisch, 1702, 6.
Aber wie wäre das bei so viel treuen Hirten möglich?
7. Niemand wird ein Ketzer vmb eines Articuls willen des Glaubens. – Petri, I, 75.
8. Wenn die Ketzer einander in Haaren liegen, so hat die recht Kirch fried. – Petri, II, 852.
9. Wer sich zum Ketzer machen will, darf nur einen Mönch an den Bauch greifen. – Klosterspiegel, 35, 11.
*10. Es ist ein blinder Ketzer. – Eiselein, 371; Braun, I, 1819.
*11. Ketzer machen trewe Prediger gelehrt. – Henisch, 1459, 23.
*12. Ketzer vnd Schwetzer. – Mathesius, Postilla, CCXIIa.
*13. Sie machen einander zum Ketzer wegen schlechtem Krätzer.
14. Ketzer haben wol verschiedene Gesichter, aber mit den Schwänzen hangen sie zusammen. (S. ⇒ Gesicht 217.)