Buchstabe

1. Buchstaben sind ein todt Ding und thun doch viel Gutes.Henisch, 547.


2. Der Buchstab ist ein Sklave.Simrock, 1381; Eiselein, 101.


3. Der Buchstabe tödtet, der Geist macht lebendig. Simrock, 1379; 2 Kor. 3, 6; Schulze, 267.

Lat.: Litera enim occidit, spiritus autem vivificat.


4. Drey buchstaben machen vns eygen vnd frey.Agricola, I, 742; Henisch, 547; Körte, 765; Simrock, 1382; Eiselein, 125; Petri, II.

Spiel mit Eva und Ave. »Wie von Eva die Sünde herkam, das Ave sie wieder von uns nahm.«


[501] 5. Ein Buchstabe bringt mich um alle meine Habe.Lehmann, II, 121, 17.


6. Ein rother Buchstab im Titel verstellt das ganze Buch.

Eine rothe Branntweinnase das schönste Gesicht.


7. Wen der Buchstab hält gefangen, der kann nicht zum Geist gelangen.Simrock, 1380; Körte, 766.


8. Wer die Buchstaben nicht kennt, kann auch durch die Brille nicht lesen.


9. Wo der Buchstabe spricht, da braucht man das Maul nicht.


*10. Dar stat keene Bôkstäwe in.Eichwald, 144.


*11. Er hat drei buchstaben vff einem lebkuchen gessen.Franck, I, 1b; Simrock, 1378; Körte, 765a; Sutor, 733.

Wider eingebildetes Wissen und Halbwisserei.


*12. Er kann keinen Buchstab als das R, als ob ein Hund sein Vater wär.Brandt.

Das R heisst bei den Alten littera canina, und einen polternden Vortrag nannte Appius canina farundia.


*13. Er sieht die Buchstaben doppelt.

Ist betrunken. (S. Boden 38.)


*14. Sich auf seine vier Buchstaben setzen.


[502]

zu3.

Engl.: The letter killeth, but the spirit giveth life.

Frz.: La lettre tue, et l'esprit vivifie.

It.: La lettera uccide e lo spirito vivifica.

Schwed.: Bokstafwen dödar, men anden giôr lefwande. (Marin, 6.)


zu9.

Span.: Habeen cartas y callen, barbas. (Don Quixote.)


15. Der Buchstabe ist des Antichrists Schwert und aller Secten Grossmutter.Opel, 395.


16. Der Buchstabe tödtet, aber er erröthet nicht.

Lat.: Litera non erubescit. (Demokrit, IV, 49.)


17. Wenn der Buchstab allein zur Seligkeit hülfe, könnte niemand die Bibel besser auswendig als der Teufel.Opel, 394.


18. Zwischen dem todten Buchstaben und dem lebenden Worte Gottes ist ein so grosser Unterschied, wie zwischen hören, sehen und selbst lesen, zwischen sagen und thun. Opel, 395.

*19. Er kennt keinen Buchstaben und wenn er so gross ist, wie ein Scheunthor.

Dän.: Det er ingen bogstav. (Prov. dan., 78.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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»Es giebet viel Leute/ welche die deutsche poesie so hoch erheben/ als ob sie nach allen stücken vollkommen wäre; Hingegen hat es auch andere/ welche sie gantz erniedrigen/ und nichts geschmacktes daran finden/ als die reimen. Beyde sind von ihren vorurtheilen sehr eingenommen. Denn wie sich die ersten um nichts bekümmern/ als was auff ihrem eignen miste gewachsen: Also verachten die andern alles/ was nicht seinen ursprung aus Franckreich hat. Summa: es gehet ihnen/ wie den kleidernarren/ deren etliche alles alte/die andern alles neue für zierlich halten; ungeachtet sie selbst nicht wissen/ was in einem oder dem andern gutes stecket.« B.N.

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