1. Brillen sind nit ohne Grillen. – Eiselein, 96.
2. Brillen und graue Haare machen, dass man die Liebeshändel vergisst.
3. Brillen und graue Haare sind auf dem Liebesmarkt schlechte Waare.
Frz.: Les lunettes et les cheveux gris sont des quittances d'amour.
4. Brillen und graue Haare sind des Todes Jahrmarktswaare.
5. Das sind schlechte Brillen, sagte der Bauer, der nicht lesen konnte, zum Brillenmacher, man kann dadurch nicht lesen.
Holl.: Ik kan door dien bril niet lezen, zei besje, en de spotters hadden er de glazen uitgenomen. (Harrebomée, I, 50.)
6. Dat is 'n Brill, dar passt de achter Enn' in. (Ostfries.)
7. Dazu muss man die hülzin Brille aufsetzen.
8. Dem einen fehlt die Brille, dem andern gar das Auge.
9. Der hat die Brille bald (stets) verlegt, der nicht sehen will.
10. Die Brillen, durch die man in die Welt sehen will, müssen von Gold sein. – Winckler, II, 49.
11. Durch eine eigene Brille sieht man mehr als durch fremde Augen.
Dän.: Bedre at du selv bruger briller, end andre skal sætte dig dem paa. (Prov. dan., 57.)
Frz.: Il vaut mieux se servir de lunettes que de voir par les yeux d'autrui.
12. Durch zwei Brillen sieht man weniger als durch eine.
13. Eine gute Brille hat oft eine schlechte Fassung.
14. Es bedarf keiner Brille, wer wohl durch die Finger sieht. – Sailer, 109; Lehmann, II, 134, 24.
Das deutsche Sprichwort ist oft ein unübersetzbares Wortspiel, wie das vorstehende, indem es lachend eine strafende Wahrheit sagt.
15. Je dicker die Brille, je dünner die Wahrheit.
16. Jeder sieht durch seine eigene Brille.
Holl.: Elk ziet door zijn' eigen' bril. (Harrebomée, I, 91.)
17. Theure Brillen machen das Licht nicht wohlfeil.
Selbstsehen macht wohlfeile und gute Kenntniss.
18. Was soll die Brille dem Blinden!
Lat.: Quid caeco cum speculo? (Binder I, 1459; II, 2822; Philippi, II, 129; Manutius, 945; Seybold, 484.)
19. Wer durch eine blaue (falsche) Brille sieht, dem erscheint alles blau. – Henisch, 409.
20. Wie die Brille, so das Ding. – Sutor, 549.
Die Farbe des Dinges, das man dadurch sieht.
*21. Dazu braucht man keine Brille.
Holl.: Dat kan men zonder bril wel zien. (Harrebomée, I, 91.)
*22. Dazu muss man die hölzerne Brille aufsetzen. – Simrock, 1306; Eiselein, 96.
*23. Die Brille aufsetzen.
Der Seemann sagt: Das Focksegel aufsetzen. Wie man die Brille aufsetzt zur Unterstützung der Augen, so wird das Focksegel am Vordermast zur Unterstützung des grossen Segels am Hauptmast aufgesetzt.
Holl.: Hij heeft de fok opgezet. (Sprenger I, 77.)
*24. Du bedarffst keiner brillen, du kanst wol durch die Finger sehen. – Tappius, 21b; Henisch, 509; Simrock, 1304; Eiselein, 96.
Lat.: Assentator es, dissimulator. – Non conspicilio is indiget cui digiti conspicilium. (Seybold, 364.)
*25. Durch eine fremde Brille sehen.
Holl.: Door den bril van een ander zien. (Harrebomée, I, 91.)
*26. Einem Brillen verkaufen. – Eiselein, 96.
Ihn betrügen, Lügen für Wahrheiten ausgeben.
Lat.: Tragulam injicere. (Erasm., 483.)
*27. Einem eine Brille schleifen (aufsetzen).
Der Kluge wählt selbst den Standpunkt, von welchem aus er eine Begebenheit betrachtet, und sieht mit eigenen Augen; andern setzt man die Brillen auf die Nase, durch welche sie sehen müssen.
*28. Er hat eine gute Brille, er sieht Mäusedreck für Pfeffer.
Holl.: Hij heeft een' bril van doen, hij ziet eene koe voor een windmolen aan. (Harrebomée, I, 91.)
*29. Er hat ihm eine Brille aufgesetzt.
*30. Er hat seine Brille nicht bei sich.
Holl.: Hij heeft zijn' bril niet op.
[466] *31. Er hat sich eine Brille gekauft. (Meiningen.)
Er hat sich beim Kauf übervortheilen lassen.
*32. Er hat sich eine falsche (schlechte) Brille gekauft.
»Es gibt Leute«, sagt König Max von Baiern, »die sich falsche Brillen kaufen, weil ihnen der gute Wille zum Sehen der Wahrheit fehlt.« Man kann hinzufügen, dass es unter diesen Leuten auch einige Fürsten gibt, deren Räthe solche Brillen sind.
*33. Er hat sich selbst die Brille auf die Nase gesetzt. – Mayer, II, 228.
*34. Etwas durch die Brille ansehen.
Durch fremde Hülfe oder nach fremder Eingebung betrachten, mit dem Vorurtheil einer vorgefassten Meinung.
*35. He kriggt dar en aisken Brill up de Nese. – Eichwald, 184.
*36. Hi forkupet hal Brallen sanner Gloos. (Nordfries.)
Er verkauft gern Brillen ohne Gläser.
*37. Ich will ihm eine Brille auf die Nase setzen. – Sailer, 116; Simrock, 1305.
Holl.: Iemand een' bril op de neus zetten. (Harrebomée, I, 91.)
Frz.: Chaussez mieux vos lunettes. – Il a mis lunettes de travers. – Il n'a pas bien mis, chaussé ses lunettes.
*38. Ik laat mi keen Brillen verkoopen. (Holst.)
Ich lasse mich nicht anführen.
*39. Met de Brehl an de Wieg setten (auch: wiegen mötten). (Meurs.) – Firmenich, I, 407, 384.
Im hohen Alter noch wiegen müssen.
*40. Seine Brillen passen für alle Augen.
Holl.: Dat zijn brillen voor alle gezigten. (Harrebomée, I, 91.)
*41. Sie wolten dir gern die brillen verkauffen. – Tappius, 134a.
zu36.
Hi vórkukupat Brallen sonner Gleas. (Johansen, 72.)
42. Ich brauche keine Brille, sagte der Mann zum Juden; seit ich verheirathet bin, sind mir die Augen so aufgegangen, dass ich mehr sehe, als mir lieb ist.
43. Man muss sich keine fremde Brille aufsetzen lassen.
Dän.: Bedre at du selo bruger briller end andre skal saette dig dem paa. (Prov. dan., 57.)
44. Wenn man einen nicht blaw Brillen auffsetzt, so kan er die sach nicht ansehen, wie ein ander will. – Lehmann, 55, 42.
45. Wer nicht für Brillen braucht die Hend, der taug zu keinem Regiment. – Eyering III, 515.
*46. Blawe Prillen für den Augen haben. – Luther's Tischreden, 128b.
*47. Brillen reissen. – Vgl. Sander's Wb., II, 92.
»Darmit hefft man das Volk vorlijdet (verleitet).«
*48. Brill'n verköp'n. (Altmark.) – Danneil, 25.
Täuschen, betrügen. Wer dies thut, ist ein Brillenverköper.
*49. Dat iss 'n Brill, der passt de achter Eine in. – Hauskalender, IV.
*50. Dem es 'n Brell op et Nas gesetzt wurden. (Bedburg.)
*51. Einen eine Brille auf die Nase setzen. – Horn, Spinnstube, 1858, S. 59.
*52. Einen eine Brille von Schuhsohlen aufsetzen.
*53. Er hat die lateinische Brille nicht.
Er versteht nichts von dem Gegenstande, von dem die Rede ist. Soll daher kommen, dass ein Advokat, das Lesen eines lateinischen Aktenstücks verweigernd, als Grund angab, die Brille, die zur lateinischen Schrift gehöre, verloren zu haben.
*54. Er sieht durch eine schöne Brille.
In Breslau, nicht um zu sehen, dass die Brille schön ist, sondern um auszudrücken, dass sie ihn gut kleide. (S. ⇒ Geige.)
*55. He het dörch en fettich Bril küken. – Engelien , 215.
*56. Ich lasse mir von keinem eine Brille auf die Nase setzen. – Frischbier, I, 453.
*57. 'S ös ên mit âr Bröll. (Böhmisch-Friedland.)
Es ist eine mit einer Brille. Wol nur von einer feilen Dirne. Schiller in den Räubern sagt hierauf bezüglich: »Wenn es doch wenigstens nur einen Schleier hätte das garstige Laster, sich dem Auge der Welt zu entstehlen. Aber da blickt's schrecklich durch den gelben bleifarbenen Augenring, da verräth sich's im todtenblassen, eingefallenen Gesichte, und dreht die Knochen hässlich hervor.«
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