Mutschel

* Sie ist wie a balinger Mutschel (Milchbrot) uff'n Lada verschimmelt. (S. Rominten.)

In Schwaben von einem Mädchen, das unverheirathet geblieben ist. Das Los der alten Jungfern (s.d. 1 – 5, 15, 16) ist in den Sprichwörtern überall als kein angenehmes und freundliches gezeichnet, weder im Leben noch nach dem Tode. Man spricht schon, wie auch die obige Redensart zeigt, mit wenig Achtung von [802] ihnen; man bringt sie unter das »alte Eisen« (s.d. 81), das nur wenig Werth hat. In der französischen Schweiz heissen sie zwar glimpflich »alte Tanten«, aber in Frankreich selbst sind alte Mädchen alte Lumpen (vielle fille, vieille guenille). In Tirol heisst man eine alte Jungfer ein »altes Scheit«. Die Schwaben stecken sie ins heidelberger Fass, in Böhmen liegen sie im Essig, in Baiern müssen sie Geibitzen (Kibitze) hüten, in Breslau den Elisabeththurm waschen. Die Wallonen stecken sie in die Kleiderkammer der heiligen Anna (esse mettowe es l' gârdérôbe sainte Anne); in der Lombardei müssen sie zu Hause bleiben und »flicken« oder »die Riegel bewachen« (resta a casa a giosta i cadenoss); in England: Affen zur Hölle führen; in Frankreich: Die heilige Katharina frisiren (rester pour coiffer Sainte-Catherine, to be left to braid Saint Catherine's tresses). In Schottland haben sie die wenig erfreuliche Aussicht, wie Jenkin's Henne zu sterben (pine away like Jenkin's hen); während sie im wallonischen Belgien in einen Stock aus canadischem Pappelholz verwandelt werden (tourner à bordon d'Canada). (Vgl. Illustrirte Zeitung, Nr. 1322, S. 299.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873, Sp. 802-803.
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