1. Besser nachgeben als zu Schaden kommen. – Gaal, 1182; Simrock, 7260.
Frz.: Il vaut mieux plier que rompre. (Kritzinger, 543b.)
It.: È meglio piegarsi, che scavezzarsi. (Gaal, 1182.)
Ung.: Szél a tölgyet ledönti, de a náddal nem bir. (Gaal, 1182.)
2. Der nachgibt, gilt auch einen Mann. – Chaos, 266.
3. Gibst das nach, so lass das auch. – Franck, II, 38b.
Hast du dir lassen die Finger nehmen, so lass auch die Hand.
4. Je mehr man nachgibt, je mehr soll man nachgeben.
Lat.: Cui plus licet, quam par est, plus vult, quam licet. (Sutor, 1024.)
5. Nachgeben hilft. – Müller, 75, 4.
»Nachgiebige Worte sind gut für Freunde; aber dem habsüchtigen Feinde wächst davon die Waffe.«
Engl.: Patience upon force is a medicine for a mad dog.
6. Nachgeben ist für den Schwachen keine Schande.
Ein römischer Gelehrter ward in einem Wortstreit vom Kaiser überwunden. Als ihn ein Freund tadelte, dass er nachgegeben habe, erwiderte er: »Es wird mir [834] niemals eine Schande sein, dass mich ein Mann überwindet, der mehr als funfzig Legionen zu befehlen hat.« (Gesellschafter, Magdeburg 1783, I, 142.)
Lat.: Cedere majori virtutis fama secunda est. (Gaal, 1180.)
7. Nachgeben richtet mehr aus, denn mit dem Kopfe durchwollen.
8. Nachgeben stillt vil krieg. – Franck, II, 178a; Henisch, 1388, 66; Petri, II, 846; Gruter, I, 61; Ramann, Unterr., III, 27; Pistor., IV, 15; Schottel, 1145a; Simrock, 5981; Graf, 424, 182; Braun, I, 2867; Grubb, 811; Masson, 216.
Dän.: Hvo sig selv vil forlige, nagive og vige. (Prov. dan., 180.)
Engl.: Small rain lays great dust. (Gaal, 1181.)
Frz.: Petite pluie abat grand vent. (Gaal, 1181.)
Lat.: Flectitur obsequio curvatus ab arbore ramus; frauges si vires experiere tuas. (Ovid.) (Philippi, I, 157.)
In audaces non est audacia tuta. (Sutor, 1001; Acerra philol.) – Semper odoriferis proxima spina rosis. (Chaos, 725.)
9. Nachgeben stilt viel Zorn. – Lehmann, 876, 7; Körte, 4396; Grubb, 740.
Frz.: Paroles douces apaisent grande colère.
It.: Parole dolci raffrenano grand' ira.
Lat.: Frangitur ira gravis, cum sit responsio suavis, Obsequio dulces quoniam retinentur amici. (Henisch, 1380, 67.)
10. Nicht nachgeben, denn wir sind die Höhern! (Türk.)
11. Nid nochgäh g'wünnt. (Luzern.)
Nicht nachgeben gewinnt den Sieg.
12. Viel nachgeben kostet weniger als ein einziger Krieg.
Lat.: Neminem nomino, quare irasci mihi nemo potest. (Sutor, 54.)
13. Wer nachgibt einen Finger breit, dem nimmt man (der verliert) die ganze Prositmahlzeit.
14. Wer nachgibt in een, gibt nach in zween.
15. Wer nachgibt, verliert nicht immer. (Steiermark.) – Sonntag.
Engl.: If I had reveng'd all wrong, I had not worn my skirts so long. (Gaal, 1182.)
16. Wer nachgibt zu rechter Zeit, dem gebührt (wird) oft Siegesfreud'.
Lat.: Cede repugnanti, cedendo victor abibis. (Gaal, 1181.)
*17. Er geit net zollbreit nauch. (Ulm.)
*18. Er geit um alle Verrecke net nauch. (Ulm.)
*19. Er geit ums Leabe net nauch.
*20. Er gibt net nach und wenn alle Strick brechet. (Ulm.)
*21. Er gibt nicht nach und wenn der Teufel auf Stelzen geht.
Lat.: Digitum transversum non excedam. (Chaos, 420.)
*22. I gäb net nach und wenn's Krotte (Kröten) haglet. (Ulm.)
Buchempfehlung
Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.
106 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro