Strick

1. A lichter der Schträk, dieste biéster dat Gläk. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 694.


2. Am Strick müssen sterben, die mehr verzehren als erwerben.Lohrengel, I, 45.


3. An diesem Strick hängt unser Glück, sagte der Schulze, da hing er das Bild des Landraths aus dem Fenster.


4. An einem goldenen Stricke führt der Hase den Löwen.Binder II, 1947.


5. An einem schwachen Stricke darf man nicht stark ziehen.

Holl.: Aan een kwaden reep moet men zachtjes trekken. (Harrebomée, II, 341b.)


6. An Stricke bindet man die Ochsen, an Unterschriften die Bauern.


7. Biäter dör 't Stricke fallen, as opgehangen. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 77, 291.


8. Der Strick ist besser als der Dieb.Moscherosch, 116.


9. Der Strick ist entzwei, und wir sind frei.


10. Der Strick trägt keinen klugen Mann.

Die Russen ähnlich: Der Strick würde reissen, wenn ein weisser Mann sich hängen wollte. (Altmann VI, 498.)


11. Der zieht einen langen Strick, der eines andern Tod begehrt.

Frz.: A longue corde tire, qui la mort d'autrui desire. (Kritzinger, 173a.)


12. Die einen Strick zu sehr anspannen, den bleiben die Enden in der Hand.

Holl.: Die het touwtje te hard trekken, krijgen de einden in de hand. (Harrebomée, II, 341b.)


13. Ein dreifacher Strick wird nicht bald zerrissen.Graf, 202, 143.

In Bezug auf Erbfolge s. Nähen und Schnur 2, vgl. Pred. Sal. 4, 9.. Freunde, die einig sind, besiegt man nicht. »Ein dreyfach stryk wird nit bald zerbrochen.« (Brant.) Ein afrikanischer Negerstamm hat das Sprichwort: Ein Strick nach dem andern, so wird auch ein Panther gebunden.


14. Ein langer Strick reisst eher als ein kurzer.


15. Ein Strick kann an viel Galgen dienen.


16. Einen guten Strick zerreisst man nicht leicht.

Böhm.: Provaz nepřetrhne jeden. (Čelakovsky, 358.)


17. Es ist kein Strick lang (stark) genug, die Wahrheit (das Recht) zu erdrosseln.


18. Es ist kein Strick so lang, man findet sein End'.Auerbach, Dorfgesch., III, 253.


19. Hebt man auch den Strick auff von der Erden, der noch nicht gehangen hat? Petri, II, 375.


20. In die Stricke, die man andern legt, fällt man gemeiniglich selber.

»Es kompt, wenn einer denkt zu laden auf seine nechste schand und schaden, das in dieselbe stricke fellt, die er eim andern hat gestellt.« (Waldis, I, 54.)


21. Je ärger Strick (Schelm), je besser Glück. (S. Mensch 599 und Schelm 68-71.) – Simrock, 9975; Lohrengel, II, 391.

In Ostfriesland: Je guader Strick, je groter Glück. (Kern, 1561.). In Ostpreussen: Je gröter (doller) dat Ströck, je gröter dat Glöck.

Engl.: The more knave the better luck. (Gaal, 772.)

Lat.: Mopso Nisa datur. (Virgil.) (Binder I, 999; II, 1884; Fischer, 137, 97; Kruse, 562; Philippi, I, 255; Seybold, 310.)

Wend.: Wjetši šelma, wjetše zbožo. (Čelakovsky, 153.)


22. Je grötter (arger) Strick, je grötter (beter) Glück. (Oldenburg.) – Weserzeitung, 4097; Schütze, I, 46; IV, 212; für Paderborn: Firmenich, I, 362, 13; für Altmark: Danneil, 276; hochdeutsch bei Körte, 5767; Laus. Magazin, XXX, 252.

Nach Ansicht der Oldenburger folgt das Glück nicht der verständigen Berechnung, es ist vielmehr mit Dummheit, Trägheit und Leichtsinn im Bunde.


[910] 23. Man muss nicht von Stricken reden im Hause des Gehängten.

Engl.: Name not a rope in his hause that hanged himself. (Bohn II, 129.)


24. Man zerreisst den Strick, wo er am dünnsten ist.Simrock, 9970; Körte, 5768; Braun, I, 4325.


25. Mancher in den Strick selbst fellt, den er andern hat gestellt.Gruter, III, 67; Lehmann, II, 410, 44.


26. Mancher tregt (dreht) jhm den Strick nach, daran er endlich hangen muss.Gruter, III, 68; Lehmann, II, 410, 50.

Dän.: Man giør ofte lime te sin egen ende. (Prov. dan., 387.)


27. Mit schwachen Stricken muss man leise trecken (ziehen).Petri, II, 480; Simrock, 9972; Körte, 5769.


28. Mit Stricken wird das Vieh gebunden, mit Papier der Mensch.


29. Nicht an jedem Stricke hängt ein armer Sünder.


30. Smit men dek det Strick tau, sau smit et ün de Kau.Schambach, II, 536.

Wirft man dir den Strick zu, so wirf ihn um die Kuh, d.h. benutze die dargebotene Gelegenheit, etwas zu erwerben.


31. Strick und Schwert das Glück vermehrt.Parömiakon, 2422.

Reden dem Hängen und Kopfabschlagen das Wort. Abraham a Sancta Clara (Heilsames Gemisch-Gemasch) ist sehr für Strick und Galgen und meint, dass deren strenge Handhabung wesentlich zur Wohlfahrt des Landes beitrage.


32. Wenn alle Stricke reissen, dann ist's eine Kunst zu hängen.Klix, 33.


33. Wenn alle Stricke reissen, sagte der Bettler (Seiler), so häng' ich mich.


34. Wenn der Strick am dünnsten ist, so bricht er.Petri, II, 638; Lohrengel, II, 761.


35. Wenn der Strick am hartesten helt, so kan er nicht wol lange mehr halten.Petri, II, 638.

Dän.: Naar straangen er stindest, da brister han narest. (Bohn 392.)


36. Wenn ein Strick nicht hilft, so nimmt der Teufel hundert.Luther's Werke, Hauspostille.


37. Wenn Ein Strick reisst, so reisst auch bald der zweite.

Ein Uebel, ein Unglück kommt nicht allein, womit ein rabbinisches Sprichwort übereinstimmt. (Ehrmann, 45.)


38. Wenn ein Strick zerreissen sol, so triffelt er sich zuuor auff.Fischer, Psalter, 732, 2; Petri, II, 638.


39. Wenn man den Strick am strengsten (straffsten, härtesten) thonet (hält), so reisst (bricht) er.Mathesy, 284a; Mayer, II, 120; Simrock, 9971; Bücking, 289; Braun, I, 4326.

In Luther's Ms. (S. 4) befindet sich ein Sprichwort, das offenbar den Sinn des vorstehenden hat, aber infolge der Schrift unverständlich ist. So weit die Buchstaben zu erkennen sind, heisst es: »Wenn der strick am vornsten (?) helt, so bricht er.« Ich vermag den angedeuteten Ausdruck nicht zu errathen. – In Hannover heisst es: Wenn de Strick an'n dune (am straffsten) is, sau ritt he. (Schambach, 224.)

Lat.: Arcus nimum intensus facile rumpitur. (Seybold, 35.)


40. Wer andern legt einen Strick, bricht selber drin 's Genick.

»Ein strick offt einer dem andern stellt, darin zuletst er selber fellt.« (Waldis, II, 9, 31.)


41. Wer einen Strick fordert, der erhängt sich nicht.Simrock, 9973.


42. Wer für andere Stricke spinnt, der fängt sich selbst darin.


43. Wer nicht selbst dem Strick entlaufen ist, sucht andere nicht am Galgen.Altmann VI, 391.


44. Wer schon einmal den Strick um den Hals gehabt hat, hört nicht gern davon reden.

Die Russen schliessen mit dem Nachsatz: der fürchtet sich am meisten vor dem Hängen. (Altmann V, 497.)


45. Wer seine Stricke noch nachschleppt, ist nicht frei.

Ein Verbrecher, der sich der Strafe durch die Flucht zu entziehen sucht, ist noch nicht ausser Gefahr. Wer noch von Aufwallungen und Erinnerungen einer Leidenschaft beunruhigt wird, ist von deren Herrschaft noch nicht frei.

[911] Engl.: He has not yet escaped who has still a piece of the rope wund his neck. – The horse that draws his halter, is not quite escaped.


46. Wer zum Stricke reif ist, den schrecken Stricke nicht.


47. Wo alle Stricke reissen, ist viel Knüpfens. Eiselein, 582; Simrock, 9976; Braun, I, 4327.


48. Wo der Strick am dünnsten ist, zerreist man ihn.


49. Wo Stricke ausreichen, bindet man nicht mit Stroh.

Holl.: Ik wil mij aan geen stroo laten binden, zoo lang er nog touwte bekomen is. (Harrebomée, II, 342a.)


*50. An diesem Strick muss man nicht ziehen.

Holl.: Gij moet aan dat touwtje niet trekken. (Harrebomée, II, 341b.)


*51. An seinem Stricke spinnen.

Auf dem Wege zum Galgen sein.


*52. Ar mecht 'n 'n Strîk ou'n Hals. (Franken.) – Frommann, III, 324, 771.

Er stürzt ihn durch Wucher und ungerechte Händel in schwierige Verhältnisse.

Böhm.: Trojnásobní provaz nesnadnĕ se přetrhne. (Čelakovsky, 112.)

Holl.: Hij draait een' strop om zijn' eigen hals. (Harrebomée, II, 317a.)


*53. Den Strick an das Seil binden.

Wenn jemand in einer Sache zu viel thut. Die Russen: Sich an zwei Stricken aufhängen. (Altmann VI, 520.)


*54. Den Strick an zwei Seiten fassen.


*55. Den Strick dem Kessel nachwerfen.

Alles aufgeben, das Kind mit dem Bade ausschütten. Den Stiel der Axt nachwerfen. Das Haus aus dem Fenster werfen.

Holl.: Hij werpt de koord naar den ketel, het moet al op. (Harrebomée, I, 436a.)


*56. Der bringt den Strick mit, an dem er gehängt werden soll.

Aehnlich russisch Altmann VI, 515.


*57. Der wird auch noch dem Strick beichten.

Gehängt werden. (S. Henker.)


*58. Einem den Strick schenken, dass er sich hängen kann.

Frz.: Vous luí avés donné la corde pour se pendre. (Kritzinger, 173b.)

Lat.: Mandare laqueum. (Philippi, II, 240; Erasm., 171.)


*59. Einem den Strick über die Hörner werfen. Eiselein, 322.

Lat.: Verba ligant homines, taurorum cornua funes. (Eiselein, 322.)


*60. Einem den Strick um den Hals legen.

Ihn an den Strang bringen.


*61. Einem Stricke legen.

Einem einen Fall zurichten, ihn mit Hinterlist zu fangen suchen.

Frz.: Dresser des machines pour quelqu'un. – Tendre des pieges à quelqu'un. (Kritzinger, 173b u. 533a.)


*62. Einem zum Strick verhelfen.

Frz.: Mettre la corde au coû de quelqu'un. (Kritzinger, 172b.)


*63. Einen am Strick haben.

Auf seine Seite gezogen, sodass er thun muss wie gewünscht wird.

Frz.: Il le tient à sa cordéle. (Kritzinger, 173b.)


*64. Einen Strick aus Sand drehen.Eiselein, 539.


*65. Ênen Strick soll he hebben. (Holst.) – Schütze, IV, 212.

Wenn jemand etwas Unbilliges oder Unanständiges verlangt.


*66. Er hat (längst) den Strick verdient.Braun, I, 4328.

Lat.: Culleo dignus est. (Faselius, 53; Philippi, I, 201.)


*67. Er hat schon an allen Stricken gezogen und keinen zerrissen.

Von jemand, der viel angefangen und nichts mit Erfolg betrieben hat.


*68. Er ist am Strick zu Schaden gekommen. Frischbier2, 3664.

Er hat sich erhängt.


*69. Er ist den Strick (zum Hängen) nicht werth.Eiselein, 582.

Frz.: Cet homme file sa corde. (Lendroy, 751.) – Il ne vaut pas le pendre.


*70. Er ist ein (liederlicher, verdrehter) Strick. (S. Galgenstrick 3.) – Frischbier2, 3665; Braun, I, 4329.


*71. Er lässt die Stricke lottern. (Nürtingen.)


*72. Er ringt nach dem Strick.

Scheint sich ordentlich Mühe zu geben, an den Galgen zu kommen.

Holl.: Hij dingt naar den strop. (Harrebomée, II, 317a.)


[912] *73. Er spinnt sich selbst einen Strick zum Hängen.

Holl.: Hij spint zijnen strop. (Harrebomée, II, 317a.)


*74. Er verdient den Strick.

Die Römer: Er verdient den Sack, weil die Vatermörder in einen ledernen Sack genäht und ins Wasser geworfen wurden.

*75. Er wird mit Jungfer Strick copulirt werden.

D.h. gehängt. (S. Seilerstochter.)


*76. Es bleibt ihm nur der Strick übrig.

Lat.: Ad restim res rediit. (Terenz.) (Binder II, 64; Faselius, 6; Seybold, 11; Wiegand, 734.)


*77. Et äs e licht Strick. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 33, 34.


*78. Viel Strick auf den Weg, so brauchst du keine Schuhe mehr.Chaos, 313.


*79. Weame wat int Strick (Seil) dauen. (Westf.)


*80. Wenn alle Stricke reissen.Braun, I, 4330; für Franken: Frommann, VI, 324, 370.

Im Nothfall, wenn alles fehlschlägt.


*81. Zu Strick werden.Kritzinger, 173b.

Hart, zähe werden.


[913]

82. Auch den Strick des Hundes muss man unberührt lassen.Bertram, 51.


83. Besser Gottes strick, denn des Teuffels glück.Franck, Paradoxa, 30b.


84. Ein reiner Strick hat keine Seife nöthig.Daheim (Leipzig 1874), Nr. 47, S. 752.


85. Strick bringt Glück.

Abraham a Sancta Clara behauptet: »Eines Landesfürsten grösstes Glück hange am Galgen; wenn dieser mit Dieben gefüllt sei, so sei das Land an Diebesstücken leer, bringen also die Strick Glück.« (Heinmar, I, 5.)


*86. Den Strick nach dem Eimer werfen.

It.: Gettar la corda dietro la secchia. (Giani, 1844.)


[1752] *87. Einem den Strick (das Messer, den Dolch) selbst in die Hand geben.

Lat.: Gladium dedisti, quo se occideret. (Philippi, I, 168.)


*88. Einem einen Strick zum Bademantel geben.Fischer, Psalter, 13d.


*89. Er hat sich mit einem Strick beleidigt.Döpler, II, 584.

D.i. erhängt.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
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