Sonntagskind

1. Ein Sonntagskind stirbt nicht an der Pest.

Frz.: Qui naît le dimanche, jamais ne meurt de peste. (Bohn I, 50.)


2. Sonntagskinder sind glückselige Kinder.

»Man pfleget zu sagen: Sonntagskinder sind glückselige Kinder.« (Herberger, Hertzpostille, II, 140.)


*3. Er ist ein Sonntagskind.Eiselein, 571; Braun, I, 4128; Mayer, I, 199.

Ist ein besonderer Günstling des Glücks. Diese Redensart findet ihre Erklärung in der deutschen Mythologie. (Vgl. Mühlhause, Urreligion, Kassel 1860, S. 15 fg.) Nach altem deutschen Glauben finden sie die Wunderblume, welche ihnen reiche Schätze verschafft; ja sie sehen diese selbst in der Tiefe der Erde leuchten; auch Geister sind ihrem Auge unverborgen. (Vgl. Die sieben Wochentage im Glauben und Brauch des Volks in der Illustr. Zeitung, Leipzig 1870, Nr. 1383, S. 9.) Wie Sonntagskinder haben wir auch, aber ohne mythologische Beziehungen: Sonntagsjäger, -reiter, - schnupfer. Scherzweis wird auch wol eine Person, die nicht gern arbeitet, ein Sonntagskind genannt: Il est né dimanche, il aime besogne faite. (Bohn I, 21.) In dem Sinne: Er ist ein Sonntagskind, sagt eine jüdisch-deutsche Redensart in Warschau: Er ist a nojledmuël, d.h. er ist beschnitten geboren. Manche Knaben werden nämlich mit einer kurzen Vorhaut geboren und dann der schmerzhaften Operation der Beschneidung überhoben. Man sah, weil die Beschneidung als Bundeszeichen betrachtet wurde, einen beschnitten Geborenen als besonders vom Himmel begünstigt an; er erschien als fertiger Mensch. Die Aegypter erzählen dies von ihren Halbgöttern, die Juden von ihren Patriarchen, auch von Adam, David u.a., die Mohammedaner von Mohammed, die Persier von Ali.

Frz.: C'est le fils de la poule blanche. – Il est ne coiffé. (Bohn I, 21; Lendroy, 460.)

Holl.: Het is een zondagskind. (Harrebomée, II, 507.)

Lat.: Albae gallinae filius. (Juvenal.) (Binder I, 32; II, 107; Seybold, 16; Philippi, I, 16.) – Capram coelestem orientem conspexit. (Hanzely, 53; Philippi, I, 72.)


*4. Er ist ein Sonntagskind, er sieht kein Gespenst, ohne die Magd im Unterhemd. Fischart, Prakt.


*5. Et git gor winich Sangtichkäinjder. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 692.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 631.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika