1. All' Schatz gehört in das Reich. – Graf, 129, 352.
Mhd.: Alle schat horet in dat rike. (Glosse zum Sachsenspiegel, I, 35.)
2. All' Schatz tiefer, denn ein Pflug geht, gehört in das Reich. – Graf, 129, 353.
Nach der Annahme, dass ursprünglich alles Eigenthum der Gesammtgemeinde oder dem Könige als dem Vertreter derselben gehöre, galt dies insbesondere in Ansehung des Schatzes, der Metalle in der Erde. Der Schatz gehört nach deutschrechtlicher Auffassung dem Könige oder dem Reiche, dem alles gehört, was keinen Herrn hat; das andere der beiden Sprichwörter erklärt aber den Begriff Schatz näher. Als Schatz gilt nach dem Sachsenspiegel ein Fund erst dann, wenn er so alt ist, dass ihn von Alters wegen niemand kennt, und so tief verborgen, dass ihn die Pflugschar nicht erreicht. Ausserdem ist er kein Schatz und gehört dem Besitzer des Feldes.
Mhd.: All schacz tiefer den ein phlug ge, gehoret czu der kuniglichen gewalt. (Sachsenspiegel, I, 35, 1.)
Frz.: Le roi applique à soi la fortune et treuve d'or. (Loysel, I, 279.)
3. Aller Schatz unter der Erde begraben, tiefer als ein Pflug geht, gehört zu der königlichen Gewalt (ist Regale). – Eisenhart, 220; Sachsenspiegel, Landr., I, 35, 1; Hillebrand, 55; Eiselein, 546; Simrock, 8901.
Nach diesem Sprichwort gehören die gefundenen Schätze, d.h. nach dem Glossator des Sachsenspiegels, »verborgen Geld eines unbekannten Herrn oder verstorbener Leute, von denen niemand eine Wissenschaft hat«, zu den landesherrlichen Einkünften. So war es schon zu den Zeiten der fränkischen und sächsischen Könige.
4. Auswendig (heisst's) mein Schatz, inwendig, dass dich der Teufel kratz'. – Parömiakon, 548.
5. Begrabener Schatz, verborgen Sinn bringen niemand Gewinn. – Eiselein, 546; Simrock, 8900; Körte2, 6593.
6. Begrabner Schatz, verborgner Sinn ist Verlust ohne Gewinn. – Braun, I, 3811.
7. Dem Schatze von St. Marcke (Venedig) kann es so wenig an Geld mangeln, als Frankreich an Soldaten. – Berckenmeyer, 154.
Von dem grossen Reichthume Venedigs in seiner Blüte.
8. Den schatz soltu dir heben holt, der besser ist, denn silber vnd gold, vnd vor dem diebstal sicher ist, so du voll tugendt bist.
Lat.: Collige thesaurum qui gemmas uincit et aurum nepe bonos mores thesauros interiores, tollere quos fures nequeunt nec rodere mures. (Loci comm., 125.)
9. Der grösste Schatz hat zuletzt zwischen vier Bretern Platz.
10. Der Schatz hebt sich alle Jahre um einen Hahnenschritt. – Simrock, 1230; Eiselein, 272.
11. Der Schatz liegt nicht in den Säcken, wenn man sich lernt nach der Decke strecken.
12. Des andern Schatz ist dem Neidischen eine Katz'. – Parömiakon, 63.
13. Ein aufgespeicherter Schatz ist ein aufgedämmter Teich.
»Ein kühner Durchstich«, sagt Jahn (Volksthum, 230), »das Stauwasser verfliesst, und es bleibt eine todte Fläche.« Er will dadurch ausdrücken, dass der auf reger Geschäftigkeit der Bürger beruhende allgemeine Wohlstand todt daliegenden Schätzen vorzuziehen sei.
14. Ein grossen Schatz verbirgt man nit, dass jeder mit dem Fuss drauff tritt. – Beeren, 109.
[109] 15. Ein wiedergefundener Schatz ist kein Schaden.
Holl.: Een wedergevonden schat is geene schade. (Harrebomée, II, 243b.)
16. Einsamer schatz felt in kein latz. – Franck, I, 123b; Lehmann, II, 134, 16; Henisch, 846, 45.
Holl.: Een verholen schat, wat is dat. (Harrebomée, II, 243b.)
17. Em sekt gäre Schäz blän. – (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 803.
18. Es ist ein edler Schatz um Gesundheit des Leibes und der Seele, und Geldes genug dabei.
Frz.: C'est un noble tresor que la bonne santé, de corps et d'ame, et d'argent a planté. (Kritzinger, 692b.)
19. Es ist ein edler schatz vmb ein trewen vnterthanen. – Henisch, 789, 41.
20. Es ist kein höher Schatz auff Erden, denn vnschuldig leyden. – Petri, II, 266.
21. Es ist kein Schatz über Weisheit und Gesundheit.
Frz.: Il n'est trésor que de sagesse et santé. (Kritzinger, 692b.)
22. Es ist keyn geferlicher schatz zu besitzen dann kunst. – Franck, I, 90b; Petri, II, 266; Henisch, 1041, 20; Lehmann, II, 143, 176 u. 311, 14.
23. Es ist oft ein schöner Schatz in einer hölzernen Truhe. – Chaos, 367; Parömiakon, 127.
24. Es ist selten ein Schatz ohne bleierne Fünfzehner. – Parömiakon, 2648.
25. Es ist selten ein Schatz ohne falsche Münze. – Parömiakon, 2004.
26. Et sekt net e jeder Schätz blän. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 804.
27. Grosse Schätze verderben das Herz.
Holl.: Schatten maken boos en blijven goed. (Harrebomée, II, 244a.)
28. Je grösser Schatz, je grösser Sorge.
Holl.: Hoe meer schatten, hoe meer behoeften. (Harrebomée, II, 244a.)
29. Man kann auch einen Schatz heben, über den Gras gewachsen ist.
30. Schätze liegen tief.
31. Schätze sind Netze. – Neumeister, Worte der Weisen.
32. Verborgen schatz ligt sicher. – Franck, II, 99a; Gruter, I, 67; Petri, II, 566; Henisch, 290, 66; Eiselein, 616; Sailer, 162; Körte, 5269; Simrock, 8898; Hlawatsch, 204; Dove, 312; Braun, I, 3810.
Lat.: Bene qui latuit, bene vixit. (Henisch, 290, 61.)
33. Verborgener Schatz ist (der Welt) nichts werth. – Lehmann, II, 788, 41; Eiselein, 616; Simrock, 8898; Körte, 5268; Körte2, 6591; Braun, I, 3809.
Mhd.: Begraben schatz, verborgen sin, da hât nieman von gewin. (Freidank.) (Zingerle, 131.)
Lat.: Musices occultae nullus repectus. – Non erit ignotae gratia magna lyrae. (Ovid.) (Philippi, II, 34.)
34. Verborgner Schatz vnnd verborgne Weissheit ist niemand nutz. – Lehmann, 714, 44.
Mhd.: Begraben hort, verborgen sin der werlte vrumt alsam der iuwelen vluc. (Marner.) – Verborgen schatz und wîstuom diu sint ze nutze cleine vrum. (Krone.) (Zingerle, 131.)
Ung.: Az el-rejtett kinesnek kevesen süvegelnek. – Még a' földben vagyon, nem használ az arany. (Gaal, 665.)
35. Vergrabener Schatz ist keinem nütze. – Pred. Sal. 20, 32; Schulze, 158; Zehner, 382.
Lat.: Non erit ignotae gratia magna lyrae. (Ovid.) (Binder I, 1162; II, 2154.)
Schwed.: Hwad gagna ned graffne penningar. (Grubb, 341.)
36. Vergrabener Schatz, verborgener Sinn ist Verlust ohne Gewinn.
Mhd.: Begraben schatz, verborgen sin, da hât nieman von gewin. (Freidank.) (Zingerle, 131; Bacmeister, 98.)
37. Viel Schätze, viel Netze. – Klix, 80.
Mhd.: Schaz überwindet unde bringt unstaetikait. (Colm.)
38. Vor einem verborgenen Schatze nimmt niemand den Hut ab.
39. Wann ick meini, ick hädde en Schatz, dann wêrd hei mie widder affeschwatzt. (Waldeck.) – Curtze, 325, 136.
40. Wer gefunden Schätz wil offenbaren, der hat sie gar bald wieder verloren. – Petri, II, 710.
41. Wer Schätz' im Himmel sammeln will, der geb' den Armen freudig vil. – Hertz, 47.
Hausinschrift in Unter-Albis zwischen Zürich und Zug.
[110] 42. Wer Schätze sammelt und niemand Gutes thut, der spart sein Brot und läuft zur Hölle.
43. Wer Schätze will (haben, sucht) geht zum April.
44. Wer seine Schätze im Himmel hat, dem stiehlt sie kein Dieb.
45. Wer seinen Schatz gewinnt, hat nicht übel gespielt.
Wenn der schon von Glück zu sagen hat, der seinen Einsatz wieder bekommt; so ist es freilich sehr bedenklich, durch Spiel seine Glücksumstände verbessern zu wollen.
46. Wer wegen des Schatzes das Haus umgräbt, macht leicht aus der Hütte einen Palast.
47. Wir tragen unsern Schatz alle in irdischen Gefässen. – Sprichwörterschatz, 203.
48. Wir tragen unsern Schatz in hölzernen Gefässen, sagte das Weib, als man ihren Mann begrub.
49. Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Hertz; wo dein Hertz, da dein Gott. – Egenolff, 104; Lehmann, II, 857, 433.
50. Wo Schatz, da Herz. – Matth., 6, 21; Petri, II, 800; Schulze, 188; Simrock, 8897; Zehner, 422; Körte, 5267; Körte2, 6590; Büchmann, 157.
»Wo eines Schatz verborgen ist, da ist sein Herz zu jeder Frist.« (Bacmeister, 98.)
Mhd.: Des menschen herze ist zaller zît, swâ sîn schatz verborgen lît. (Freidank.) – Swa des menschen schaz lît dâ ist daz herze alle zît. (Martina.) – Swâ dîn hort ist, dâ sint dîne sinne. (Zingerle, 67.) – Swar ie des mannes herze stât, dâ ist der hort, den er dâ hât. (Freidank.)
Dän.: Hvor eders liggende fæ er, der er og eders hierte. (Prov. dan., 386.)
Holl.: Daar uw schat is, daar is ook uw harte. (Harrebomée, II, 243b.)
It.: Dov' è l'amore, ivi l'occhio corre. (Pazzaglia, 14.)
Lat.: Anima est ubi amat. (Sanct Augustinus.) – Ubi (est) thesaurus (tuus), ibi et cor (vestrum est). (Bovill, I, 101.)
51. Wo schätze sind, da sind auch dieb. – Henisch, 695, 45; Petri, II, 816.
*52. Als er seinen Schatz wollte heben, wurde er ihm zu lauter Kohlen.
*53. Der Schatz denkt a si. – Sutermeister, 102.
Wenn einem Mädchen die Schürze entfällt.
*54. Der Schatz ist zu Kohlen (Wasser) geworden. – Eiselein, 546.
Lat.: Thesaurus carbonis erant. (Eiselein, 546.)
*55. Er hat einen Schatz gefunden, wie die Landsberger. – Eiselein, 409.
Ironisch von werthlosen Dingen, auch von Personen, sagt man in Warschau jüdisch-deutsch: Es is vün'm Mejlechs (Königs) Ojzer (Schatz). »Ein Schatzgräber hatte sie verleitet, mit ihm Geld in ein Loch auf dem Schlossberge zu legen, womit sie einen dort verborgenen Schatz hervorlocken wollten. Allein der Betrüger schlich eines Morgens im geheimen zu dem Loche, nahm das Geld heraus, legte für die Landsberger etwas anderes hinein, und machte sich aus dem Staube.«
*56. Mer hôt da Schatz g'funda. – Michel, 272; Nefflen, 463.
Man hat den Schaden entdeckt, den Unrath gesehen.
*57. Schätz sammeln. – Agricola II, 488.
*58. Sie ist ein alter Schatz.
Eine verblühte Schöne. Schatz, Schätzel ist der zärtliche Ausdruck zur Bezeichnung einer Geliebten. Das Wörterbuch für diesen Zweck ist bei verschiedenen Völkern und Ständen reich. Die Hanakinnen, die Anwohnerinnen der Hana in Mähren, nennen ihre Liebhaber: Anflammerer. Die Sennerin der tiroler und steirischen Alpenwelt nennt ihren Mann, und wenn er auch schon über vierzig Jahre zählt, ihren Buaban. Der Tiroler und Steirer koset mit seiner Geliebten als mit seinem Mädle. Die Völkerschaften slawischen Ursprungs haben in der Liebe die Verkleinerungsform zur Bezeichnung des geliebten weiblichen Wesens angenommen. Meistens heisst hier die Geliebte: Seelchen, Herzchen u.s.w. Der Chinese nennt die Geliebte: nie verwelkende Theeblüte; der Tatar: makelloses, nie ermüdendes Füllen; der Japanese: ewig schimmernder Goldlack der Jugend; der Kaffer: nie schlafendes Schlangenauge; der Türke: Tulpe aus dem Prophetengarten. Auch sogar einzelne Stände der Gesellschaft haben verschiedene Bezeichnungen für das geliebte weibliche Wesen. Das dienende Personal, die arbeitende Klasse hat ihren Schatz, der Soldat hat eine Flamme, der Student hat eine Poussage, der Schauspieler sein Verhältniss, der Schriftsteller seinen Engel, der Philister aber hat schon in der Gegenwart seine Zukünftige.
Frz.: C'est une tête à medaille.
59. Da ward dem Schatz der Boden auss. – Aventin, Chronik, LXIIIIb.
So viel als dem Fass.
60. Einen Schatz bewahrt man sorgsam auf.
61. Nein, rief Hans, es heisst: Wer einen Schatz findet, der findet einen Fremd, als jemand sagte: Wer einen Freund finde, der finde einen Schatz.
[1699] 62. Wer einen Schatz finden will, muss den Zauber wissen. – Scheffel, Ekkehard, I, 124.
63. Wo ein Schatz liegt, da liegt auch eine Schlange.
Nach dem Volksglauben der den Schatz bewachende Drache.
*64. Mein Schatz hat mi greitert.
So sagt man in Tirol für »einen Korb geben«.
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