1. Die Tinte der Gelehrten und das Blut der Märtyrer ist von gleichem Werthe.
2. Mit Dienten kan ein Handt ein schlechten Menschen erhöhen vnnd ein hohen vernichten. (S. ⇒ Feder 8.) – Lehmann, 297, 65.
3. Tinte ist mein Acker, drauf kann ich schreiben wacker, die Feder ist mein Pflug, Tinte mein Samen. – Kirchhofer, 218.
Kirchhofer hat dies Sprichwort unter der Ueberschrift: Der Kaufmann.
4. Tinte macht schwarz. (Kamnitz.)
5. Verschriebene Tinte und vergossen Blut gibt Schafen keinen Löwenmuth.
Sonst müsste es mit manchen Völkern anders stehen, die in Tinte und Blut waten könnten, wenn beide angesammelt wären.
6. Wer mit roter Dinte schreiben wil, der muss sorgen, es möchten jhm die Presilgen vnter die Augen spritzen. – Petri, II, 737.
*7. Da möchte man doch Tinte saufen!
Wenn man über etwas entrüstet ist oder sich verwundert.
[1206] *8. Da müsste ich doch Tinte getrunken (gesoffen) haben. – Lohrengel, II, 62; Birlinger, 4046; Frischbier2, 3764.
Wird gebraucht, um die Möglichkeit, etwas Ungeeignetes gethan zu haben, abzulehnen. Schwerlich dürfte die Redensart aber wie Bechstein, (Villa Carlotte, Weimar 1852, S. 184) meint, dem Vino tinto, den er in Brescia getrunken, und der ihm so wenig gemundet hat, ihren Ursprung verdanken.
*9. Du hast wol Tinte getrunken (gesoffen)?
Dass du so etwas thust, denkst, sagst.
*10. Einen in die Tinte tauchen. – Frischbier2, 3765.
In dem Sinne: ihn in die Patsche führen, in die Klemme treiben.
*11. Er ist (sitzt) in der Tinte. – Eiselein, 121.
*12. Er ist mer in der Tinte. – Sutermeister, 97.
D.h. steht bei mir im Schuldbuch.
*13. Er (es) ist mit Tinte rein gewaschen.
Man hat ihn vor Gericht entlassen, weil es an überführenden Beweisen fehlte. Ab instantia absolvirt.
*14. Er kann die Tinte nicht halten.
G. Chr. Lichtenberg scherzhaft von einem Vielschreiber, den Satz: Er kann das Wasser nicht halten, parodirend.
*15. Er säuft keine Tinte und beisst keine Ofenschrauben ab.
Eine seelensgute Haut von einem Menschen.
*16. Er steckt in der Tinte bis über die Hutschnur. (Köthen.)
*17. In die Tinte fallen (gerathen, kommen). – Hermes, I, 459; Trachsel, 58; Hennig, 275; Gotthelf, Erzählungen, III, 82; Frischbier2, 3766.
*18. Sich mit Tinte waschen.
Etwas schöner machen wollen und dadurch verderben, auch von Entschuldigungen, welche nicht rein, sondern fleckiger machen.
Lat.: Etur atramento cande facere. (Plautus.) (Frob., 170; Philippi, I, 130.)
*19. Tief in der Tinte stecken. – Basler Chronik, CXCVI.
In grosser Verlegenheit sein. A. von Seld (Sechzig Jahre u.s.w., S. 54) sagt: »Der Hass gegen Frankreich machte sich auf jede Weise, unter anderm auch durch eine Anzahl Caricaturen Luft. So erinnere ich mich eines Schreibzeugs; aus dem Tintenfass ragte der Kopf Napoleon's I., aus der Streusandbüchse der Kopf des Königs von Preussen hervor. Beide waren einander zugewandt und Napoleon sprach: Wenn ich nur nicht so in der Tinte steckte, ich würde dich schon aus deiner Streusandbüchse herausjagen.«
*20. Viel Tinte vergiessen. – Lohrengel, II, 482.
21. Vor Tinte fürchtet sich der Teufel. – Börne, Gesammelte Schriften, VI, 106.
*22. Mit gedungener Tinte schreiben.
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