Zorniger

1. An Zornigen ist kein Ehr zu erjagen.Petri, II, 18.


2. Dem zornigen seind die händ an die zungen gebunden.Lehmann, 925, 27.

»Wenn er zornig wird, so schlägt er gleich zu, er treff das schuldig oder vnschuldig.«


3. Dem zornigen sol man das schwert nemen, nit geben.Franck, I, 68a; Körte, 7161a.

Denkspruch des römischen Kaisers Theodosius d. Gr. Die Denksprüche der folgenden Kaiser sind: Das Höchste fällt unvermuthet (Arcadius). Uebel erworben, geht übel zu grunde (Honorius). Man muss der Zeit nachgeben (Theodosius II.). Friede ist besser als Krieg (Martian). Gnade ist des Königs Schutzwehr (Leo I.). Der Neid schadet nicht (Basilicus). Freiheit ist eine unschätzbare Sache (Justinus II.). Das Glück ist leichter zu finden, als zu behalten (Phocas). Der Sieg kommt von Gott (Heraclius). Was geschwind entsteht, geschwind zu Grunde geht (Constantius IV.). Viele haben zu viel, niemand genug (Justinian II.). Schön ist der Einklang des Herzens und des Mundes (Leontius). Das Glück nimmt schnell zurück, was es gegeben (Philippicus Bard.). Geduld ist das Heilmittel der Uebel (Theodosíus III.). Die verborgenen Feinde sind die schlimmsten (Leo III, Isaur.). Wozu das Glück, wenn du dich dessen nicht bedienst (Leo IV.). Einem Weibe gebieten, ist eine verzweifelte Sache (Constantius Porph.) (S. Wunde 31.) (Kornmann, IV, 113.) – Die Russen: Einem Zornigen gib kein Messer in die Hand. (Cahier, 1927.)

Böhm.: Zuřivémn nože nedávej. (Čelakovsky, 114.)

Dän.: Man skal ey fly den vreed sverd i haand. (Prov. dan., 566.)

Lat.: Eripere telum, non dare irato, docet. (Franck, I, 68a; Philippi, I, 134; Gaal, 1803.) – Ne serum igni. (Sailer, Sprüche, 115, 75.)


[608] 4. Der zornig geht auff wîe ein teig.Lehmann, 924, 20.

»Der Franzose hat die Redensart: Je ferai une chanson, weil früher das Volk dem Hof und dem Adel gegenüber kein Mittel hatte, seinen Zorn anders geltend zu machen, als in Spottliedern, die eine Zeit lang die Stelle der Opposition und Presse vertraten.« (Venedey, 143.)


5. Der zornig hat sein Sinne biss auf fünff.Lehmann, 925, 27; Simrock, 12146; Sailer, 105.

Der Osmane: Der Zornige ist schlimmer als der Rasende. (Schlechta, 285.)

Mhd.: Des mannes wilze ein ende hât, swenne in grôzer zorn bestât. (Freidank.) (Zingerle, 182.)


6. Der Zornig hört nicht auf vernünftig Wort.

Port.: Homen apoixonado, naõ admitte conselho. (Bohn I, 279.)


7. Der zornig ist nit bey jm selbs.Franck, I, 69a.

Lat.: Homo extra, corpus suum est iratus. (Franck, I, 69a; Philippi, I, 180.)


8. Der zornig lest sich leicht aussm Sattel heben.Lehmann, 924, 20.

Mhd.: Der zornig kan sich torheit nit weren. (Fastnachtsspiel, 527, 24.)


9. Der Zornig weiss nit, was er redt.Lehmann, 926, 51.


10. Der Zornige gewinnt nichts, als seinen Zorn.

Jüd.-deutsch: Rooges (Zorn) gilt nix. ( Tendlau, 837.)


11. Der Zornige hat's Maass verloren.

Dän.: Vrede gaar ofte for vidt. (Prov. dan., 565.)


12. Der Zornige ist ein Wahnsinniger auf kurze Zeit.

Dän.: En vred og en galen skiller kun tiden ad. (Prov. dan., 506.) – Mellem en vred og en galen er ingen forskiel uden tiden. (Prov. dan., 413.)

Poln.: U gniéwliwego zawsze wre. (Lompa, 32.)


13. Der Zornige steht am Morgen mit dem Teufel auf, geht den ganzen Tag mit dem Teufel herum und legt sich abends mit dem Teufel nieder. (Prag.)


14. Der Zornige will Eichen ausreissen und Granitsteine zerbeissen.

Dän.: En vred meener at haud kaud gjör mere end han kaud. (Prov. dan., 565.)


15. Ein zorniger setzt gleich Hörner auff gegen freund vnnd feind.Lehmann, 924, 24.


16. Ein Zorniger springt auss der Pfann wie ein vngespalten Kest.Lehmann, 924, 14.


17. Einem Zornigen ist nicht zu glauben.

Lat.: Cupido et ira pessimi consultores. (Sutor, 53.)

18. Einem Zornigen soll man aus dem Wege gehen.

Span.: Del airado un poco te desvia; del callado, toda tu vida. (Cahier, 3271.)


19. Einem Zornigen und einem Feigen ist nicht zu trauen.

Lat.: Iratus etiam facinus consilium putat. (Philippi, I, 112.)


20. Einer ist zornig, und der andere gibt nichts drauf.Blass, 12.


21. Wer von einem Zornigen ein Zeugniss fordert, dem soll ein Blinder die Farben bestimmen.

Lat.: Iratum sine re decet anxia puncta manere. (Reuterdahl, 456.)

Schwed.: Thaen witnar ey wael som wredher aer wtan skael. (Reuterdahl, 456.)


22. Wo der Zornige Kläger und Richter ist, geht das Recht verloren.Wirth, II, 513.


23. Zornige und Narren sind ihre Rächer und Richter.


24. Zornige und Trunkene reden wahr.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 608-609.
Lizenz:
Faksimiles:
608 | 609
Kategorien:

Buchempfehlung

Wilbrandt, Adolf von

Gracchus der Volkstribun. Trauerspiel in fünf Aufzügen

Gracchus der Volkstribun. Trauerspiel in fünf Aufzügen

Die Geschichte des Gaius Sempronius Gracchus, der 123 v. Chr. Volkstribun wurde.

62 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon