[444] Perlen sind rundliche kleine Körper, welche inwendig an den Schalen mehrer Arten von Muscheln und im Fleische der darin hausenden Thiere, vorzugsweise aber in der im Meere lebenden Perlenmuschel und in der Flußperlenmuschel gefunden werden. Die erstere oder oriental. Perlenmuschel hält sich in der Tiefe der Meere der wärmern Erdstriche, hauptsächlich aber in den ostind. Gewässern und an den östl. Küsten Asiens auf, wo sie sich auf felsigem Grunde mittels seidenartiger Fäden, Byssus genannt, welche das Thier durch einen Spalt der Schale von sich gibt, in großer Menge beisammen festhalten und sogenannte Perlenbänke bilden. Die zweitheiligen geschlossenen, halbkreisförmigen Schalen werden breiter als eine Hand, sind äußerlich schuppigblätterig und grünlichschwarz, inwendig aber perlmutterglänzend und liefern auch, nebst einigen verwandten Muschelarten die [444] zu allerlei zierlichen Gegenständen verarbeitete Perlmutter. Jene Schalen werden hauptsächlich von Ostindien aus nach Europa gebracht, und behufs der Verarbeitung mittels Uhrfedersägen in Platten zerschnitten. Die berühmtesten Perlenbänke befinden sich an der japanischen Küste, bei der Insel Ceylon (s.d.) bei der Insel Bahrein im pers. Meerbusen und bei der Stadt Katif an der Küste des glücklichen Arabiens; die sonst im Meerbusen von Panama bei den Perleninseln betriebene einträgliche Perlenfischerei ist jetzt gänzlich vernachlässigt. Von Jugend auf dazu geübte Taucher betreiben das Geschäft, die Perlmuscheln vom Meeresgrunde herauf zu holen oder die Perlenfischerei, zu deren regelmäßigem Betrieb die Regierung auf Ceylon jährlich im Apr. einen bestimmten Bezirk anweist und dieselbe beaufsichtigt. Oft kommen dann gegen 1000 Boote dort zusammen, welchen jeden Morgen durch einen Kanonenschuß das Zeichen zum Anfange der Fischerei gegeben wird und deren jedes gegen 20 Taucher am Bord hat, welche sich abwechselnd mit einem um den Leib befestigten Seile auf den Meeresgrund hinablassen. Ohren und Nase verstopfen sie sich mit Baumwolle und ein mit Öl getränkter und am Arme befestigter Schwamm erlaubt ihnen, wenn sie ihn vor den Mund halten, einigemal Athem zu holen, ohne Wasser zu verschlucken. Das Untersinken wird durch einen an die Füße gehängten großen Stein beschleunigt und ein großes Messer, welches jeder Taucher in der Hand hat, dient zum Ablösen der Muscheln, von denen er so viel wie möglich in der kurzen Zeit seines Verweilens in einen mitgebrachten Korb oder Netzbeutel zusammenrafft und auch mitunter zur Vertheidigung gegen Haifische und andere gefährliche Seethiere, von denen schon viele Taucher verwundet und auch getödtet worden sind. Kann der Taucher nicht länger unter dem Wasser ausdauern, so entledigt er sich des Steins und rüttelt am Seile, was für die Mannschaft im Boote das Zeichen ist, ihn schleunig mit seiner Beute herauf zu ziehen. Minder gefährlich ist die Perlenfischerei, wenn sie mit der Taucherglocke betrieben wird. Die erbeuteten Perlmuscheln werden an die Sonne gelegt und getrocknet oder in Gruben und Fässer der Fäulniß preisgegeben, wo sie sich dann öffnen oder doch leicht öffnen lassen. Durch Auswaschen des vermoderten Fleisches der Thiere in einem Troge werden dann die vorhandenen Perlen abgesondert, deren viele Muscheln gar keine, andere bis 12 enthalten. – Die Flußperlenmuschel wird in mehren Flüssen von Schweden, Rußland, Ungarn und Deutschland, namentlich in der Moldau und Watawa in Böhmen, in der Itz in Baiern und im Königreich Sachsen in der Elster angetroffen, in der von ihrer Quelle bis zu einer Entfernung von mehren Meilen, sowie in den damit in Verbindung stehenden Bächen und Mühlgräben die Perlenfischerei seit 1621 regelmäßig für landesherrliche Rechnung betrieben wird. Von Gestalt gleicht die oval gestreckte Flußperlenmuschel der gewöhnlichen Malermuschel, wird bis fünf Zoll lang, über zwei Zoll breit, sehr dick und schwer und ist äußerlich uneben und dunkelfarbig. Die darin gefundenen Perlen heißen europäische oder occidentalische, auch Flußperlen und kommen den oriental. selten an Schönheit gleich. Diese setzt man in ihre Größe, die regelmäßig runde Form, die Reinheit der Färbung und den helldurchsichtigen Glanz. Äußerst selten sind Perlen von der Größe einer kleinen Wallnuß und deshalb ungemein theuer; Kirschperlen heißen die vom Umfange kleiner Kirschen und gehören wie alle schön rundgeformten und nicht zu kleinen zu den Stück- oder Zahlperlen. Brockenperlen werden die von unregelmäßiger Form, aber doch ansehnlicher Größe, Baroqueperlen die übelgeformten kleinen genannt; sonst werden nach der Form auch zwiebel- und birnförmige, die auf einer Seite flachen Kartenperlen oder Perlaugen und die kleinsten oder Staubperlen unterschieden. Der Farbe nach werden in Europa die möglichst weißen am höchsten geschätzt, verlieren aber beim Tragen durch Einfluß der Hautausdünstung eher von ihrem Glanze als die gelblichen, welche im Morgenlande und in Ostindien beliebter sind; auf Ceylon gibt man den rosaschillernden, in andern Gegenden auch den ins Aschgraue und Schwärzliche fallenden den Vorzug. Verkauft werden sie stückweise, in Schnuren oder nach dem Karatgewicht und der Preis bestimmt sich nach ihren nähern Eigenschaften. Im Morgenlande waren sie als Schmuck seit den ältesten Zeiten beliebt und wurden bei den Römern auch noch dadurch ein besonderer Gegenstand des Luxus, daß man sie in Säuren aufgelöst bei Gastereien den Getränken beimischte. Durch besondere Größe berühmte Perlen sind: die der Kleopatra, welche ungefähr 1/2 Mill. Thlr. werth gehalten und von ihr bei einem Gastmahl zu Ehren des Antonius aufgelöst getrunken wurde; die von Julius Cäsar für die Mutter des Brutus um etwa 250,000 Thlr. gekaufte; die Perle des Königs von Persien, welche 1 Zoll 4 Linien hoch war und 1633 auf 400,000 Thlr. geschätzt wurde; die la peregrina genannte König Philipp II. von Spanien, welche 31,000 Dukaten kostete. Wie ähnliche Gegenstände im Allgemeinen, haben in neuerer Zeit auch die Perlen an ihrem eingebildeten Werthe sehr verloren. Ihre Entstehung beruht auf dem zufälligen Umstande, daß eine Perlmuschel von einer Bohrmuschel angebohrt wird, wo dann ihr Bewohner die entstandene Öffnung mit der Masse zu schließen sucht, die er ausschwitzt und mittels der er auch die Vergrößerung der Muschel bewirkt, oder daß er in die Muschel gekommene Sandkörner, deren scharfe Kanten das Thier belästigen, mit derselben Masse umkleidet. Die Perlen bestehen daher auch aus zwiebelartig übereinanderliegenden Schichten und hauptsächlich aus kohlensaurem Kalk, daher sie sich unter Aufbrausen in Essig auflösen. Unechte Perlen werden in Italien, Frankreich und Böhmen zum Theil den echten zum Verwechseln ähnlich, aus sehr dünnen Glaskügelchen verfertigt, die mit Perlenes senz, d.h. der von den Schuppen des Ukelei und anderer Weißfische abgesonderten, silberglänzenden Substanz, welche man mit Hausenblase oder einem andern klebrigen Stoffe vermischt, inwendig gefärbt und dann mit Wachs ausgefüllt werden.