[692] Rheinbund (der). Nachdem in Folge des für Östreich mit dem presburger Frieden am 26. Dec. 1805 unglücklich beendigten Krieges mit dem Kaiser Napoleon, durch diesen seine Bundesgenossen, die Kurfürsten von Baiern und Würtemberg die Königswürde und mit dem Kurfürsten von Baden die Souverainetät erhalten hatten, bewirkte Napoleon durch Stiftung des Rheinbundes unter seinem Protectorat 1806 die Auflösung der deutschen Reichsverbindung und die Verwandlung der meisten kleinern deutschen Staaten in franz. Schutzstaaten. Die Macht von Östreich und Preußen ward dadurch ebenso geschwächt als die von Frankreich zu Gunsten Napoleon's Absichten auf Alleinherrschaft vermehrt. Am 12. Jul. 1806 ward die rhein. Bundesacte von den nach Paris berufenen Abgeordneten der zu ersten Mitgliedern ausersehenen deutschen Reichsstände und Regenten, nämlich von denen der Könige von Baiern und von Würtemberg, des bisherigen Kurfürsten-Erzkanzler als Fürsten-Primas (nachher seit 1810 Großherzog von Frankfurt), der zu Großherzogen ernannten bisherigen Kurfürsten von Baden, Herzog von Berg, und Landgrafen von Hessen, des Herzogs von Nassau (-Usingen). der Fürsten von Nassau (-Weilburg), von Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, von Salm-Salm, Salm-Kyrburg, Isenburg-Birstein, von Liechtenstein, von der Leyen und des Herzogs von Aremberg unterzeichnet. Im Namen des Protectors und der Bundesgenossen, welche ihre unberechtigte Lossagung vom deutschen Reichsverbande durch Beziehung auf die Mängel desselben zu begründen suchten und die übrigen Reichsstände zur Theilnahme am Reichsbunde einluden, ward die neue Bundesacte am 1. Aug. der allgemeinen deutschen Reichsversammlung übergeben, welcher Napoleon zugleich erklären ließ, daß er kein deutsches Reich mehr anerkennen werde. Am 11. Aug. empfing hierauf die Reichsversammlung die vom 6. datirte Erklärung Kaiser Franz II. über seine Niederlegung der Würde eines Oberhauptes des deutschen Reichs, dessen veraltete Verfassung somit erlosch. Noch vorher hatten die unter Napoleon's Schutz zur Souverainetät und politischen Selbständigkeit gelangten Rheinbundsfürsten angefangen, die noch bestehenden Reichsstädte, Fürsten, Reichsgrafen und Reichsritter in ihrem Gebiete ihrer Oberhoheit unterzuordnen und zu mediatisiren. Damals kam Nürnberg an Baiern und Frankfurt am Main an den Fürsten Primas; außerdem erfolgten mehrfach Gebietsaustauschungen. Als Zweck des Rheinbundes war die Sicherung des Friedens nach außen und im Innern angegeben und zwischen dem franz. Kaiserreiche und den Staaten der Rheinbundsfürsten sollte eine Allianz statt haben, kraft deren jeder Landkrieg, in welchen einer der vertragenden Theile verwickelt werde, gemeinschaftliche Sache aller übrigen werden, die jedoch erst auf Einladung des Protectors zu den Waffen greifen und dem Angegriffenen oder Bedrohten zu Hülfe kommen sollten. Die gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Verbündeten sollten in einer Bundesversammlung zu Frankfurt a. M. verhandelt werden, welche in ein kön. Collegium, zu dem auch die Großherzoge gehörten und dessen Präsident der Fürst-Primas war, und ein fürstl. getheilt wurde, wo der Herzog von Nassau den Vorsitz erhielt. Zur Entscheidung von Klagen gegen Mitglieder des Rheinbundes sollten zwei Gerichtshöfe errichtet werden, was aber, so wenig wie die Bundesversammlung, nie zu Stande kam. Obgleich ferner Napoleon als Beschützer des Bundes keineswegs für ein Bundesoberhaupt gelten sollte, welchem die Regenten der Rheinbundsstaaten als solche unterworfen wären, behandelte er gleichwol den Bund mit der größten Einseitigkeit und Willkür nur als Mittel für seine Zwecke. Auch mußten schon[692] 1806 die Bundestruppen an dem Kriege wider Preußen und Rußland Theil nehmen, welche im Frieden von Tilsit den Rheinbund, gleich den andern Mächten außer England, ebenfalls anerkannten. Anfangs für Süddeutschland gestiftet, erweiterte sich dieser innerhalb zweier Jahre bis zu den Küsten der Ost- und Nordsee, indem vom Sept. 1806 bis Oct. 1808 noch 23 deutsche Könige und Fürsten: der Großherzog von Würzburg, der König und die fünf Herzoge von Sachsen, drei Fürsten und seitdem Herzoge von Anhalt, zwei Fürsten von Lippe, vier Fürsten Reuß, der Fürst von Waldeck, zwei Fürsten von Schwarzburg, der neue König von Westfalen, zwei Herzoge von Mecklenburg und zuletzt der Herzog von Oldenburg beitraten. Der Rheinbund umfaßte nun 5916 ! M. mit mehr als 141/2 Mill. Einw. und das Bundesheer zählte 119,180 M. Es ward 1809 zum zweiten Male im Kriege gegen Östreich aufgeboten und nach Beendigung desselben schickte Napoleon einen großen Theil davon nach Spanien. Im J. 1810 erlitt der Bund eine Verminderung, indem ohne vorhergegangene Verhandlungen und trotz der in der Bundesacte verbürgten Selbständigkeit, durch ein kais. Decret vom 10. Dec. das Herzogthum Oldenburg, die Länder des Herzogs von Aremberg, der Fürsten von Salm-Salm und Salm-Kyrburg, sowie ansehnliche Theile vom Königreiche Westfalen und Großherzogthume Berg, nebst andern deutschen Gebieten mit Frankreich vereinigt wurden, sodaß der Rheinbund 1811 nur noch 36 Staaten mit 5384 ! M. und 131/2 Mill. Einw. begriff. Die Reste der Rheinbundstruppen kehrten jetzt aus Spanien zurück, um mit den übrigen 1812 an dem Kriege gegen Rußland Theil zu nehmen, dessen Folgen 1813, nach einem Bestehen von sieben Jahren und einigen Monaten, auch dem Rheinbunde, diesem schmähligen Denkmal der Fremdherrschaft in Deutschland, ein Ende machten. Zuerst fielen die Herzoge von Mecklenburg ab, dann Baiern, Würtemberg und so nach Lage der Länder und Gestaltung der ein freies Handeln begünstigenden Verhältnisse ein Bundesglied nach dem andern, theils ausdrücklich durch Verträge mit den wider Napoleon verbündeten Mächten, theils stillschweigend durch Beitritt zu dem Bündnisse wider Frankreich im J. 1813, die Staaten des Königs von Westfalen, Großherzogs von Berg und Fürsten-Primas aber hörten durch Rückfall an ihre frühern Fürsten ganz auf Bei der Neugestaltung der deutschen Verhältnisse nach dem Frieden traten die meisten übriggebliebenen Mitglieder des Rheinbundes dem deutschen Bunde (s. Deutschland) bei, ausgenommen den Herzog von Aremberg, sowie die Fürsten von Isenburg und von der Leyen, die ihre Souverainetät durch Beschluß des wiener Congresses verloren. Erloschen auch mit Auflösung des Rheinbundes alle auf das Bundesverhältniß selbst bezügliche Bestimmungen der Rheinbundsacte, so blieben doch viele andere durch dieselbe und spätere damit zusammenhängende Verträge entstandene Staatsveränderungen und Rechtsverhältnisse bestehen, wohin z.B. auch die neuen Titel mancher ehemaliger Rheinbundsmitglieder und die Unterordnung ehemaliger Reichsstände unter Bundesfürsten gehören.