[647] Wallenstein (Albrecht Wenzel Eusebius), Herzog zu Friedland, Sagan, Mecklenburg, der berühmteste kais. Feldherr im dreißigjährigen Kriege, hieß eigentlich Waldstein, war am 15. Sept. 1583 zu Hermanic in Böhmen geboren und hatte Wilh. von Waldstein und die Freiin Smirricky von Smirric zu Ältern.
Beide bekannten den böhm.-evangelischen Glauben und W. erhielt daher seinen ersten Unterricht in einer Schale der mährischen oder böhm. Brüder. Allein nach dem Tode seines Vaters ward auf Betrieb eines katholischen Oheims seine Erziehung bei den Jesuiten in Olmütz fortgesetzt und W. in die katholische Kirche aufgenommen. Er studirte dann in Bologna und Padua, bereiste Italien, Frankreich, die Niederlande und Deutschland, diente hierauf im Heere des Kaisers Rudolf gegen die Türken und kam 1606 als Hauptmann nach Böhmen zurück. Er heirathete hier eine bejahrte, aber reiche Witwe, deren Beerbung (1614), sowie die seines Oheims ihn zu einem der begütertsten böhm. und mähr. Edelleute machte. Luft an Kriegsthaten ließen ihn 1616 an dem Feldzuge des Herzogs Ferdinand von Steiermark, nachherigen Kaisers Ferdinand II. wider Venedig theilnehmen, worauf ihn Kaiser Matthias in den Grafenstand erhob und zum Obersten und Kämmerer ernannte und W. sich mit einer Tochter des kais. Geheimraths und Kämmerers Grafen Harrach wieder vermählte. Beim Ausbruche der den Dreißigjährigen Krieg (s.d.) eröffnenden böhm. Unruhen (1618) trat W. sogleich entschieden auf die Seite des Kaisers und leistete bei der Unterwerfung Böhmens die wesentlichsten Dienste. Aus den vom Kaiser eingezogenen Gütern böhm. Patrioten kaufte er für 71/4 Mill. Gulden 60 große und kleine Herrschaften an sich und ward nun 1623 zum Reichsfürsten und Herzoge von Friedland erhoben. Durch ausgezeichnete Verwaltung mehrte sich sein an Grundbesitz allein schon damals auf 30 Mill. Gulden angeschlagenes Vermögen sehr schnell und seine Mittel waren hinreichend, dem bedrängten Kaiser 1625 anbieten zu können, ihm ein Heer von 40,000 M. zu werben. Sein Antrag ward auch, nur mit Herabsetzung der Truppenzahl, angenommen und der im Jul. 1625 zum Generalfeldhauptmann ernannte W. marschirte im Sept. mit 30000 M. ins nördl. Deutschland, schlug im Apr. 1626 den Grafen Ernst von Mansfeld (s. Mansfeld) an der dessauer Brücke und verfolgte ihn bis nach Ungarn. Im J. 1627 besetzte er auf kais. Befehl Schlesien, Brandenburg, Pommern und Mecklenburg, damit Christian IV. von Dänemark von da aus keine Unterstützung erhalten könne, belagerte aber Stralsund vergeblich. In Schlesien hatte W. zugleich das Herzogthum [647] Sagan durch Kauf vom Kaiser erworben, der ihm 1628 die Lande der vorher abgesetzten Herzoge von Mecklenburg zum Unterpfand für aufgewandte Kriegskosten überließ, allein bald dem Mecklenburgern befahl, ihm als Landesherrn zu huldigen, worauf W. 1629 sich Herzog von Mecklenburg nannte. Nach mit Dänemark hergestelltem Frieden marschirte W. ins Magdeburgische und Halberstädtische, wo er Winterquartiere bezog, im Folge der von Reichsfürsten beider Parteien über ihn und die Gewaltthaten seiner Armee beim Reichstage erhobenen Klagen aber vom Kaiser 1630 entlassen wurde.
W. kehrte ohne Murren nach seinen böhm. Herrschaften zurück und lebte zu Gitschin mit königl. Aufwande, ohne anfangs den nach dem Vordringen Gustav Adolf's von Schweden vom Kaiser ihm von neuem angetragenen Oberbefehl wieder übernehmen zu wollen. Endlich aber ließ er sich zu Ende 1631 unter schriftlich gemachten Bedingungen bereit finden, welche ihm völlig freie Hand und bestimmte Vortheile zusicherten. Hierauf eröffnete er den Feldzug 1632 mit der Vertreibung der Feinde aus Böhmen, zog dann dem Kurfürsten von Baiern zu Hülfe, mit dem er sich bei Nürnberg vereinigte und ein Lager einnahm, welches die Schweden vergeblich angriffen und deshalb Nürnberg verlassen mußten. Hierauf wollte W. in Sachsen Winterquartiere nehmen, ward aber von den ihm folgenden Schweden am 16. Nov. 1632 bei Lützen (s.d.) geschlagen und zog sich mit seinem in Verwirrung gerathenen Heere nach Böhmen zurück. Ein mit dem sächs. Feldmarschall Arnim 1633 von W. eingegangener und bis 1. Oct. verlängerter Waffenstillstand war hauptsächlich darauf berechnet, zwischen Sachsen und Schweden Mistrauen zu erregen und was von geheimen Unterhandlungen W.'s mit Schweden und seinen Absichten auf die böhm. Krone mit franz. Hülfe aus dieser Zeit behauptet wurde, ist grundlos. W. griff vielmehr die Schweden in Schlesien mit Glück von neuem an und ging mit der Belagerung von Dresden um, als ihn der Wunsch des Kaisers zum Beistand des Kurfürsten nach Baiern führte. Als er aber Anfangs Nov. bei Regensburg ankam, war dieses schon vom Herzoge Bernhard von Weimar (s.d.) besetzt und W. mußte umkehren. Als er jedoch, wie er vertragsmäßig befugt war, mit seinem Heere in Böhmen und Mähren Winterquartiere bezogen hatte, verlangte der deshalb besorgte Kaiser noch im Dec., er möge seine Truppen ins nördl. Deutschland verlegen, was aber ein von W. zu Pilsen gehaltener Kriegsrath für unmöglich erklärte. Des Kaisers argwöhnische Stimmung ward indeß von den Feinden W.'s genährt, um seine Entsetzung zu bewirken, und dem zuvorzukommen, wollte der ohnedies an Gicht und Podagra leidende Generalissimus seine Machtvollkommenheit selbst niederlegen. Damit waren viele der vornehmsten Offiziere gar nicht einverstanden, da sie wol wußten, mit des Friedländers Abtreten würden auch ihre Soldfoderungen an den Kaiser verloren sein. Es waren vornehmlich deutsche und böhm. Befehlshaber, welche deshalb in W. drangen, zu bleiben und am 12. Jan. 1634 zu Pilsen mit ihm die gegenseitige Verbindlichkeit errichteten, daß Keiner vom Andern lassen wolle. Obgleich dabei zur ausdrücklichen Bedingung gemacht war, daß nichts gegen die katholische Religion und den Kaiser unternommen werde, stellten diesem W.'s Gegner dennoch die Sache als eine Verschwörung wider ihn und den Kaiserthron vor und am 24. Jan 1634 ward W. vom Kaiser geächtet und der Oberbefehl den Generalen Piccolomini und Gallas verliehen, die mit andern ital. und span. Offizieren des Friedländers Sturz betrieben. Der kais. Befehl ward indeß geheimgehalten und der Kaiser selbst blieb mit W. nach wie vor im vertrauten Briefwechsel. Als diesem doch endlich etwas davon zu Ohren kam, versammelte er seine Obersten am 20. Febr., abermals in Pilsen und gab ihnen die schriftliche Versicherung, daß er nie gegen Religion und Kaiser etwas beabsichtigt habe. An letztern sandte er zwei besondere Boten, die aber Piccolomini zurückhielt, mit dem Erbieten ab, den Oberbefehl niederzulegen und sich stellen zu wollen, wo der Kaiser befehle. Da natürlich keine Antwort erfolgte, vielmehr Piccolomini und Gallas Schritte thaten, die W.'s Sicherheit bedrohten, so ging dieser mit wenigen Freunden und 200 vom irländ. Oberst Buttler befehligten Dragonern nach dem festen Eger, von wo aus er, jedoch vergeblich, sich mit den Schweden zu verständigen suchte. Buttler war an W.'s Feinde verkauft und hatte indeß mit dem Commandanten Gordon und einigen andern irländ. Offizieren die Ermordung der Begleiter des Herzogs von Friedland und dieses selbst verabredet. Die Erstern fielen am 25. Febr. Abends bei einen vom Commandanten deshalb veranstalteten Fastnachtsschmause auf dem Schlosse und nachher mordete der Hauptmann Deveroux in Begleitung von sechs Dragonern den am Markte wohnenden W., der aus dem Schlafe geweckt, von den Eindringenden mit einer Partisane durchbohrt wurde, die noch in Eger (s.d.) verwahrt wird. Kaiserliche Gnadenbeweise aller Art lohnten die Mörder des erst durch die von Fr. Förster aus den Archiven des geheimen Hofkriegsraths in Wien herausgegebenen »Briefe W.'s« (3 Bde., Berl. 1828–29) und die »Lebensbeschreibung W.'s« (Pots. d. 1834) von dem ihm schuldgegebenen Verrathe actenmäßig als frei bewiesenen W., der trotz seiner Reichsfürsten- und herzogl. Würde ohne richterlichen Spruch und gesetzliche Formen umgebracht worden war. Seine Charakterschilderung und seine Zeit sind aus Schiller's berühmten Dichtungen: »W.'s Lager«, »Die Piccolomini« und »W.'s Tod« allgemein bekannt; einige darin auftretende Personen, namentlich Thekla und Max P., sind aber nur Gebilde des Dichters. Auf den Grund der nachgewiesenen Unschuld W.'s hat neuerdings die Familie desselben ihre Ansprüche an das vom Kaiser ungerechterweise eingezogene Vermögen W.'s geltend gemacht.
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