Wessenberg

[698] Wessenberg (Ignaz, Freiherr von), Freiherr von Ampringen, bis 1827 Generalvicar des Bisthums Konstanz, ein freisinniger katholischer Theolog und geschätzter Dichter und Schriftsteller, wurde 1774 zu Dresden geboren, wo sein Vater östreich. Gesandter war, und erhielt eine sorgfältige, für den geistlichen Stand berechnete Erziehung, in welchem seine Familienverbindungen ihm eine glänzende Laufbahn versprachen, auch im Jünglingsalter schon mehre Domherrnstellen an deutschen Hochstiftern zuwendeten. Indem er durch ernste wissenschaftliche Studien den Grund zu seinen aufgeklärten Ansichten legte, gewann er zugleich im Fürstbischofe und nachherigen Kurerzkanzler Karl v. Dalberg (s.d.) einen Gönner, der ihn frühzeitig zu den wichtigsten Kirchenämtern, erst zum Domdechanten und 1802 zum Generalvicar des Bisthums Konstanz erhob. An der Spitze einer zahlreichen Geistlichkeit wirkte er hier persönlich und durch Schriften für Beförderung der Bildung derselben, verordnete beim Gottesdienste den Gebrauch der deutschen Sprache und ließ in Sachen der Dispensation (s.d.) oft die Milde des eignen Urtheils vorwalten Einen noch wichtigern Schritt that W. 1806 im Einverständnisse mit der betheiligten weltlichen. Regierung, indem er mehre Klöster aufhob und in zeitgemäßere Anstalten, ein Priesterhaus, ein Seminar für junge Geistliche und ein großes Armenhaus, umgestaltete. Als daher W. 1814 mit Zustimmung des Großherzogs von Baden von K. von Dalberg zum Coadjutor und Nachfolger im Bisthum Konstanz ernannt wurde, verweigerte ihm der röm. Stuhl die Bestätigung in dieser Würde und als er nach Dalberg's Tode von den Capitularen zu Konstanz zum Bisthumsverweser erwählt ward, erklärte der Papst diese Wahl für nichtig und foderte W. auf, seine Stelle unbedingt niederzulegen. Umsonst war W.'s Reise nach Rom, wo er sich persönlich rechtfertigen wollte, und ebenso erfolglos blieben seine Vertheidigungsschriften, denen keine Gründe, sondern blos die wahrheitswidrigsten Beschuldigungen entgegengestellt wurden. Da machte endlich W. in einer standhaften und gesetzmäßigen Erklärung sein gutes Recht als Bisthumsverweser geltend und der Großherzog von Baden schützte ihn in der Ausübung seines Amtes und brachte die Sache als allgemeine deutsche Kirchenangelegenheit in der auf seinen Befehl mit officiellen Actenstücken herausgegebenen Denkschrift: »Über das neueste Verfahren der röm. Curie gegen den Bisthumsverweser von W.« (Karlsr. 1818) an den deutschen Bundestag. Erst mit der Auflösung des Nationalbisthums Konstanz in Folge des 1827 abgeschlossenen Concordats mit Rom verließ W. den Schauplatz seiner segensreichen Wirksamkeit und trat ins Privatleben zurück. Später zeichnete er sich als Mitglied der bad. Kammern aus und war in zahlreichen vortrefflichen Schriften für Beförderung geistiger Bildung thätig. Dahin gehören: »Betrachtungen über die wichtigsten Gegenstände im Bildungsgange der Menschheit« (Aarau 1836); »Die christlichen Bilder, ein Beförderungsmittel des christlichen Sinnes« (2 Bde., Konst. 1826–27); auch wird ihm ein großer Antheil an der Abfassung der »Stunden der Andacht« zugesprochen. Von seinen Gedichten erschien eine vollständige Sammlung als »Sämmtliche Gedichte« (4 Bde., Stuttg. 1834).

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 698.
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