Durchlässigkeit [1]

[172] Durchlässigkeit der Gesteine, die Fähigkeit derselben, Wasser durch ihre Poren (kapillare Zwischenräume) sowie durch Hohlräume, Klüfte, Spalten u.s.w. eindringen zu lassen und abzuleiten. Das Porenvolumen im Verhältnis zum Gesamtvolumen eines kompakten Gesteinsstücks gibt das Maß für dessen größte spezifische Wasseraufnahmefähigkeit (Wasserkapazität); die übrigen Zwischenräume zwischen den einzelnen (kompakten, ein Gebirge zusammensetzenden) Gesteinsstücken (Haarrisse, Klüfte, Spalten) können sowohl kapillar als nichtkapillar sein und fassen ein weiteres Wasservolumen. Addiert man beide, so erhält man die ganze Durchlässigkeit des Gesteines.

Ist von diesem Gesamthohlraume ein Wasserabfluß nicht möglich, so hört dessen Durchlässigkeit nach erfolgter Füllung auf; ist – wie in den meisten Fällen – der Abfluß eines bestimmten Quantums möglich, so vermag das Gestein auf die Dauer ein diesem gleiches Wasserquantum beständig durchzulassen, mitunter auch ein geringeres, niemals ein größeres. Die Wasseraufnahmefähigkeit[172] im bestimmten Falle entspricht also nicht der Durchlässigkeit. Die letztere ist vielmehr eingeschränkt durch die Abflußverhältnisse im Untergrund und im übrigen um so größer, je mehr nichtkapillare Zwischenräume das Gebirge enthält. Zur Beurteilung der Durchlässigkeit ist es aber von größter Bedeutung, die soeben erwähnten Faktoren kennen zu lernen. – Das Porenvolumen der Gesteine ist bedingt zunächst durch die seinen, haarförmigen Spaltriffe der Gesteinsgemengteile, die teils wirkliche kristallographische Spaltungslinien darstellen, teils auch auf Zertrümmerung zurückzuführen sind, welche die Gemengteile durch molekulare Veränderungen (Volumenvermehrungen bei Umwandlungen der Gemengteile) oder bei dem Festwerden des Gesteins oder durch Gebirgsdruck erleiden. Alle Gesteine führen solche Spaltriffe, wenn sie einen gewissen Grad von Sprödigkeit besitzen. Des weiteren sind die Hohlräume die Folge von Substanzverlusten durch Auslaugung und Zersetzung, oder sie sind unmittelbare und ursprüngliche Unvollständigkeiten in der Raumerfüllung des Gesteins. Letztere Hohlräume treten bei den Eruptivgesteinen entweder in einer seinen Blasenbildung dann auf, wenn sich die Gesteinsmagmen lavaartig über die Oberfläche oder ins Wasser ergießen, oder aber sie sind, wie bei den Trümmergesteinen, bei Sandsteinen, Konglomeraten und Breccien, durch die unvollständige Ausfüllung der zwischen den einzelnen Gesteinselementen (Sandkörner, Geröllen, Bruchstücken) bleibenden Zwischenräume entstanden. Sie nehmen wohl unter allen kapillaren Zwischenräumen der Gesteine den größten Raum ein, und daher ist das Wasserfassungsvermögen der Trümmergesteine am größten. Unbedingter Mangel an Kapillarräumen kann bei keinem Gestein nachgewiesen werden, da diejenigen, denen die erstgenannte Art der Spaltriffe fehlen, solche Kapillarräume durch unvollständige Raumerfüllung in erhöhtem Maße besitzen. Am ärmsten daran sind, vom Ton abgesehen, im allgemeinen die stock- und gangförmigen Eruptiv- und Massengesteine und besonders ihre glasigen Ausbildungsweisen (auch Gneise, Granulite, Hälleflinten, Hornblendeschiefer; Gabbro), ferner die Kalksteine, Dolomite, Steinmergel, Phyllite, Tonschiefer, Schiefertone, besonders aber Gesteine von seinem und dichtem Korn. Reicher an kapillaren Hohlräumen sind mittel- bis grobkörnige Glimmerschiefer, wenn der Glimmer ein basischer (Biotit) ist. Er unterliegt leicht der Umwandlung und erleidet hierbei eine Aufblätterung und Lockerung seiner Spaltungslamellen. Diese lösen sich leicht voneinander und von quarzigen Gemengteilen los und veranlassen so neben einem raschen Zerfall eine verhältnismäßig große Aufnahmefähigkeit für Wasser. Die ergußförmigen Eruptivgesteine wie die Lava besitzen nur bei sehr geringer Größe der Blasenräume die Eigenschaft der Kapillarität. Großblasige Laven sowie solche mit ausgefüllten Blasen (Mandelsteine) kommen für die Kapillarität weniger in Betracht. Dolomite, die durch Auslaugung von Kalk porös und zellig geworden sind oder zu Sand zerfallen, besitzen ebenfalls beträchtliche Kapillarräume, ähnlich wie Zellen- und Schaumkalke.

Das Wasseraufnahmevermögen bis zum wassersatten Zustand ist nach [1] für die einzelnen Gesteine in Gewichtsprozenten: für Granit, Syenit, Gabbro, Diorit, Diabas, Porphyre, Melaphyre, Porphyrite, Basalte, Andesite, überhaupt für alle nicht blasigen, frischen Eruptivgesteine, dann für Gneise und Hornblendeschiefer etwa 0,5–1,0%; für Trachyte des Siebengebirges 2,0–5,5%; für Quarzite je nach der geringeren und größeren Porosität, Hornstein oder quarzitischen Sandstein 0,2–2,0%, Kalksteine, dicht bis körnig, 0,3–2,0; oolithische Kalksteine nehmen 4–9% Wasser auf. Dolomite verhalten sich wie Kalksteine, je nach der Korngröße und dem Vorhandensein eines oolithischen Gefüges. Tonschiefer und Phyllite nehmen 0,2–0,8% Wasser auf, Grauwacken 0,3–0,6%, Sandsteine je nach der Dichtigkeit, Korngröße und Feldspat- und Kaolinführung 1–10%, z.B. Sandstein von Oberkirchen in Westfalen 3,5%, von Cudowa (Schießen) 2,6%, von Dielkirchen (Pfalz) 2,2%, von Obersulzbach (Pfalz) 5,%, von Lauterecken 6,7%, Vogesensandstein von Wasselnheim (Elsaß) 6,4% Buntsandstein von Cordel bei Trier 6,6%, von Miltenberg a. M. 10,7%, von Burgpreppach (Unterfranken) 11,5–13,0%. Die Gegenwart von tonigem Bindemittel im Sandstein mindert die Aufnahmsfähigkeit. Konglomerate enthalten bis zu 20% (Nagelfluh von Brannenburg am Inn), Kalktuff 10–20%, Tuffe 10–25% Wasser im satten Zustand.

Die in zweiter Linie [2] für die Durchlässigkeit der Gesteine in Betracht kommenden Hohlräume sind im wesentlichen das Ergebnis der gebirgsbildenden Kräfte bei allen Gesteinen und der Zusammenziehung beim Erstarren und Verfertigen der Eruptiv- und Trümmergesteine. Durch die Zusammenziehung und Schrumpfung der Erdrinde sind einerseits Einbrüche, Einsenkungen von Rindenteilen und anderseits Zusammenquetschungen, Faltungen und Aufpressungen von gebirgsbildenden Gesteinen, besonders von Schichtgesteinen, entstanden. Diese unmeßbar großen Kraftäußerungen haben die Gesteine in außerordentlicher Weise zertrümmert und die einzelnen Gebirgsfragmente auch gegeneinander verschoben. Als Ergebnis der Zertrümmerung sind die zahlreichen enggedrängten Klüfte und klaffenden Spalten in den gefalteten Gebirgen, besonders in den Schichtgesteinen, aufzufassen. Vielfach sind aber die mit den Störungen des Gebirgs zusammenhängenden Klüfte nachträglich durch Einführung von Zersetzungs- und andern fremden Mineralprodukten wieder geschlossen und für die Durchlässigkeit bedeutungslos. Ein andrer Teil der Klüfte, insbesondere diejenigen, die durch Absonderung entstehen, ist in den Gesteinen auch da vorhanden, wo die gebirgsbildenden Kräfte oder der Gebirgsdruck weniger gewirkt haben, also in den ziemlich normal gelagerten Gesteinen. Die Zerklüftung durch Abänderung ist im allgemeinen eine gleichmäßige und enger gedrängte als die durch Gebirgsdruck erzeugte. Letztere zeigt sich meist nur in der Nähe großer Verschiebungen und Verwerfungen. Sowohl bei Eruptiv- wie bei Schichtgesteinen sieht man, daß das Maß der Zerklüftung mit der wachsenden Größe des Gesteinskorns abnimmt, also zu letzterer im umgekehrten Verhältnis fleht. Die feinkörnigen und dichten Arten der spröden Gesteine zeigen die engste Zerklüftung und den Zerfall in die kleinsten Bruchstücke. Dichte und feinkörnige Porphyre und Porphyrite zerfallen durch Absonderung in faustgroße Bruchstücke, mittelgrobkörnige Granite, Syenite, Diabase, Gabbro, Gneise, Kalksteine, Sandsteine, Breccien und Konglomerate u.s.w., sondern in mehrere Kubikmeter großen Blöcken ab. Tonschiefer und die noch weniger spröden [173] Schiefertone und Tone zeigen neben der Schieferung eine quer zur Schichtung gerichtete Klüftung nur in geringem Maße, wohl aber eine außerordentlich seine Schichtung und zwischen den Schichtflächen sehr dünne haarförmige Zwischenräume. Sie schließen sich aber bei der Wasseraufnahme durch Volumvermehrung des Tones sehr rasch und gehen für die Durchlässigkeit nahezu verloren. Sind offene Klüfte und Spalten auch bei diesen Gesteinen durch Gebirgsdruck geschaffen worden, so hat die leichte Verwitterung und große Bewegungsfähigkeit der tonigen Massen diese Klüfte bald wieder geschlossen. Ihre Wasserfassung ist aber, wie oben bemerkt, eine außerordentlich niedrige, und durch den Mangel an starker Zerklüftung wird sonach ihre Durchlässigkeit noch mehr herabgedrückt, so daß man füglich Tonschiefer und Schiefertone zu den am wenigsten durchlässigen Gesteinen rechnen muß. Reine Kalksteine, deren Wasserfassungsvermögen nicht sehr groß ist, werden als Gebirgsmasse durch die von kohlensäurehaltigen Sickerwässern erzeugte Erweiterung ihrer Klüfte (Karren- und Höhlenbildung) allmählich durchlässiger. Bei mergeligen und tonigen Kalksteinen wirkt die Auflösung wohl auch, allein sie erreicht bald dadurch ihren Stillstand, daß die freiwerdenden Tonteilchen die gebildeten Klüfte wieder verstopfen und so das Eindringen der Sickerwasser hemmen. Sandsteine und Konglomerate sondern meist in größeren Blöcken ab; wenn ihre Gemengteile nicht toniger Natur sind, bleiben die Klüfte auch gewöhnlich offen und sind in hervorragendem Maße geeignet, Kanäle für die Bewegung der Sickerwasser zu bilden. Das Vorhandensein toniger Beimengungen oder solcher Mineralien, die wie Feldspate in ihrem Verwitterungsverlauf mit einem tonigen Endprodukt abschließen, ist für die Beurteilung der Wasseraufnahmsfähigkeit und der Durchlässigkeit von nicht geringer Bedeutung, weil vorhandene kapillare Hohlräume und Gebirgsklüfte in diesem Falle der Verstopfung und Schließung unterliegen, soweit sich nicht die kapillaren Räume durch Volumvermehrung des Tones bereits geschlossen haben. Quarzsandsteine, Quarzite, Glimmerschiefer zeigen bei gröberem Korn die haarförmigen Spalten und Gebirgsklüfte am meisten offen. Für alle nicht spröden Gesteine, also für Sand, Lehm, Löß, Kies, Moränenschutt, kommen Gebirgsklüfte der Durchlässigkeit nicht zu Hilfe. Sie entbehren derartiger Hohlräume, besitzen aber, soweit sie nicht tonige Beimengungen führen, der vielen, durch unvollständige Raumerfüllung erzeugten kapillaren und nicht kapillaren Hohlräume wegen, ein um so größeres Wasserfassungsvermögen (Sand, Kies). Die Gebirgs- und Absonderungsklüfte in den Gesteinen spielen in der Durchlässigkeit des Gesteins eine andre Rolle als die kapillaren Räume. Diese saugen das Sickerwasser auf und setzen dem nach der Tiefe strebenden Wasser ein Hemmnis entgegen, sie halten es also lange fest und geben es sehr allmählich an die Klüfte ab, die dem Niedersinken keinen oder nur wenig Widerstand entgegensetzen und deshalb wahre Kanäle des unterirdisch fließenden Wassers bilden. Nur in den seltensten Fällen wird man die Gebirgsklüfte bis an die Oberfläche reichen sehen. Sowohl in vegetationslosen wie in bewachsenen Gebieten schließen sich die Klüfte durch die vom nicht einsinkenden Regen zusammengeschwemmten Verwitterungsteilchen der Gesteine oder durch die unter dem Einfluß der Pflanzenbedeckung sich vollziehende Auflockerung und den Zerfall der Gesteine. Insbesondere die Schichtgesteine, Kalksteine, Sandsteine, Mergel u.s.w., schließen ihre Gebirgsklüfte vom Tag aus durch die Verwitterung und Lockerung der oberflächigen Schichten sehr bald, während spröde Eruptivgesteine mehr offene Klüfte zeigen. Der Einfluß der Gebirgsklüfte auf die Durchlässigkeit kommt erst in der Tiefe zur vollen Geltung, während sie für die Abfuhr der Tagwasser zuweilen vollkommen außer Betracht bleiben können. Die Speisung der Quellen und die Ergiebigkeit der unterirdischen Wasserbehälter sind Funktionen des Volumens der Gebirgsklüfte. Leider vermag man den Anteil der Gebirgsklüfte an der Durchlässigkeit der Gesteine bis jetzt nicht einer rechnerischen Betrachtung zu unterziehen. Die Zahl, die Größe und der Verlauf dieser großen Hohlräume ist durch Verwitterungsboden und Vegetation der Beobachtung gänzlich entzogen, und es sind meist nur auf die Häufigkeit und den Verlauf der Verwerfungen gegründete Vermutungen, welche die Wissenschaft bietet. Für die Beurteilung der wirklichen Durchlässigkeit bleibt sonach zunächst nur die Bestimmung des Wasserfassungsvermögens als verhältnismäßig zuverlässigste Grundlage übrig. Um aber über seine Größe einen brauchbaren Maßstab zu erlangen, müssen von möglichst vielen Abänderungen eines gebirgsbildenden Gesteins Bestimmungen ausgeführt werden. Der hieraus sich ergebende Mittelwert der Wasserfassung kann Berechnungen zugrunde gelegt werden. Es ist indessen stets in Betracht zu ziehen, daß nur der geringste Grad der Durchlässigkeit eines Gesteins in einer Schichtenreihe die Durchlässigkeit der letzteren im allgemeinen bestimmt und in Anschlag zu bringen ist. Ist in einer mächtigen und sehr wasseraufnahmefähigen Sandsteinreihe eine dünne Tonschicht vorhanden, so wird sie zwar die Durchlässigkeit der überlagernden Sandsteine nicht hindern, diejenigen der unterlagernden aber nicht zur Geltung gelangen lassen. Da Gebirgsklüfte bei spröden Gesteinen niemals fehlen, so muß der Grad der Durchlässigkeit stets denjenigen der Wasserfassung übersteigen. Der Wert der Klüftung für die Durchlässigkeit wird nur in ganz seltenen Fällen, z.B. in der Nähe von starken Störungen (Verwerfungen), das Mehrfache, unter gewöhnlichen Umständen aber nur ein Bruchteil des Wasserfassungsvermögens sein. Ueber die auf der Klüftigkeit beruhende Durchlässigkeit hat H. Huber interessante Versuche gemacht [4]. Die Durchlässigkeit eines Gesteins kommt zur vollen Geltung, wenn die Zufuhr des Wassers eine mäßige und gleichheitliche ist und das Fassungsvermögen des Gesteins nicht übersteigt. Es werden daher für die Ausgleichung der Niederschläge und ihr größtmögliches Eindringen in den Boden eine horizontale Lage der Gesteinsoberfläche und ihre Bedeckung mit Humus und Wald von größter Wichtigkeit sein (Quadersandstein-, Buntsandsteingebirg). Für das Zustandekommen der Quellen (s.d.) ist die Durchlässigkeit des Gesteins neben dem Vorhandensein einer Stauwand der wichtigste Faktor, und man kann nach der Menge des von einem einheitlich durchlässigen Gestein abfließenden Quellwassers einen annähernd richtigen Schluß auf die Durchlässigkeit ziehen. Im umgekehrten Verhältnis steht die Durchlässigkeit [3] zur Hochwasserbildung.[174]


Literatur: [1] Mitteilungen aus den K. techn. Versuchsanstalten zu Berlin, 1892, X, S. 188; Koch, M., Die natürlichen Bausteine Deutschlands, Berlin 1892. – [2] Daubrée, A., Les eaux souterrains à l'époque actuelle, Paris 1887, I, S. 7 und 129; Synthetische Studien zur Experimentalgeologie, deutsch von A. Gurlt, Braunschweig 1880, S. 358. – [3] Lueger, O., Die Wasserversorgung der Städte, Darmstadt 1891, S. 205. – [4] Huber, H., Die Klüftigkeit des Jeschkengebirges, Reichenberg 1902.

Leppla.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 172-175.
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