[522] Gichtaufzüge dienen dazu, die in den Kupolöfen der Eisengießereien, in den Oefen der Kalkbrennereien, in den Hochöfen und Reduzieröfen der Hüttenwerke u.a. zu verarbeitenden Erze, Roheisen u.s.w. nebst Brennmaterial von der Hüttensohle nach der Gicht des betreffenden Ofens zu befördern.
Bei den Kupolöfen der Eisengießereien handelt es sich wegen des unterbrochenen Betriebes der Oefen meist darum, eine gegebene Menge von Roheisen, Koks u.s.w. in einer verhältnismäßig kurzen Zeit zu befördern, während bei den Oefen mit ununterbrochenem Betriebe die Förderung ebenfalls eine ununterbrochene sein muß. Alle diese Aufzüge haben fast ausnahmslos nur eine einzige Förderstelle, die Gicht des Ofens, und eine Beladestelle, die Hüttensohle.
Die Gichtaufzüge der Eisengießereien haben gewöhnlich eine senkrechte Förderbahn; sie bestehen nicht selten in einer einfachen Aufzugwinde mit Handbetrieb, ausnahmsweise auch wohl ohne besondere fest geführte Förderschale. In kleineren Gießereien wird der Fahrkorb als einfache Plattform mit niedrigen Seitenwänden ausgeführt, auf die das Eisen unmittelbar, der Koks in Körben oder Kasten aufgebracht werden. Besser eingerichtete Gießereien transportieren Eisen und Koks von ihren Lagerplätzen in auf Schienen laufenden Wagen, die dann unmittelbar auf die mit gleichen Schienen ausgestattete Plattform des Fahrkorbes geschoben werden, und ist diese, wenn der Aufzug an der Außenfront des Gebäudes liegt, mit einer Einrichtung zu versehen, durch welche die Wagen verhindert werden, während der Förderung ihren Platz auf der Plattform zu verlassen und nach außen abzustürzen. Eine sehr einfache Einrichtung derart besteht in zwei Winkelhebeln, die ihre Drehpunkte unterhalb an der Plattform finden. Der senkrechte Arm jedes Hebels tritt durch die Plattform hindurch, ist hakenförmig gestaltet und legt sich, wenn die Plattform nach oben geht, hinter ein Rad des Wagens auf die Schiene auf. Damit dies selbsttätig geschieht, ist der horizontale Arm des Hebels mit einem hängenden Gewicht beschwert. Kommt die Plattform in ihre tiefste Lage, so setzt sich das Gewicht auf den Fußboden auf, wodurch der senkrechte Arm zurückbewegt wird, so daß der Wagen ungehindert abgefahren werden kann [1].
Ob nun der Aufzug innerhalb oder außerhalb des Gebäudes angeordnet wird, so ist sowohl auf der Hüttensohle als auch auf der Gicht ein selbsttätiger Verschluß des Zuganges zum Aufzugschacht anzubringen. Am einfachsten sind hierfür sogenannte Hubgitter, die vom Fahrkorb selbsttätig gehoben werden, sobald derselbe in seiner höchsten oder tiefsten Stellung anlangt, und sich selbsttätig wieder schließen, wenn der Fahrkorb diese Stellungen verläßt. Bei maschinell betriebenen Gichtaufzügen verwendet man auch Türen, deren Verschlüsse in zwangläufiger Verbindung mit der Steuerung stehen, wie sie im Art. Aufzüge, Bd. 1, S. 375, beschrieben sind.
Die Aufzugmaschine wird bei größeren Anlagen durch Transmission betrieben oder als unmittelbare Dampfwinde ausgeführt. Man hat als Gichtaufzug für Kupolöfen auch einen unter etwa 45° geneigten Elevator verwendet, dessen Becher oder Eimer zur Aufnahme des Eisens u.s.w. dienen. Der Elevator wird durch Transmission oder in sonst geeigneter Weise angetrieben und ist während der Förderzeit, die meist mit der Schmelzperiode zusammenfällt, in ununterbrochenem Betrieb, so daß in diesem Falle das Aufstapeln des Eisens u.s.w. auf der Gicht gespart wird. Diese Art von Aufzügen hat indes wenig Eingang gefunden, wohl deshalb, weil die Eimer einer ziemlich starken Abnutzung unterliegen; auch wird auf dem Hofe ein größerer Raum beansprucht als bei einem senkrechten Aufzuge. Die Gichtaufzüge der Maschinenfabriken Rhein & Lahn, Gauhe, Gockel & Co. in Oberlahnstein stellen sich als ein senkrechtes Paternosterwerk dar [2].
Während man bei Kupolöfen fast nur einfache Aufzüge ausführt, findet man bei den Eisenhochöfen meist Doppelaufzüge, weil die Fördermenge eine bedeutende ist. Es sind[522] dann, möglichst nahe am Ofen, unabhängig von diesem, zwei senkrechte in Eisenkonstruktion ausgeführte Fördergerüste oder Fahrschächte nebeneinander aufgestellt; jedes derselben dient einem Fahrkorb; beide Fahrkörbe werden von ein und derselben Aufzugmaschine in der Weise bewegt, daß, wenn der eine Fahrkorb aufwärts fährt, der andre sich abwärts bewegt. Hierdurch wird die tote Last der Fahrkörbe sowie das Seilgewicht, das bei der großen Höhe dieser Oefen in Betracht zu ziehen ist, ausgeglichen und die Arbeitsleistung der Aufzugmaschine wird eine gleichbleibende.
Der Fahrkorb besteht in der Hauptsache aus einer mit Schienen versehenen Plattform, auf welche die Erz- und Kokswagen unmittelbar aufgefahren werden. Diese Aufzüge haben nur die untere und obere Be- bezw. Entladestelle, und muß an beiden Stellen für selbsttätigen Abschluß der Zugänge zum Fahrschacht Sorge getragen werden; selbsttätige Hubgitter finden auch hier ausgedehnte Anwendung.
Beistehende Fig. 13 zeigen einen solchen Abschluß des Zuganges auf der Hüttensohle, und zwar sind, da beide Fahrschächte von zwei gegenüberliegenden Seiten zugänglich sind, an jeder derselben zwei senkrecht gut geführte Verschlußgitter angebracht. Jedes derselben ist an zwei Ketten befestigt, die über obere Rollen gelegt und dann an die gemeinschaftlichen Gegengewichte g g1 angeschlossen sind. Diese gleichen indes das Gewicht der Gitter nur so weit aus, daß der Ueberschuß des letzteren ausreicht, um ein selbsttätiges Niedergehen der gehobenen Gitter mit Sicherheit zu ermöglichen. Der abwärts kommende Fahrkorb erfaßt mit den an ihm befestigten Winkeln W, W1 die Gegengewichte g g1 nimmt dieselben bei seiner Weiterbewegung mit und hebt dadurch die Verschlußgitter. Geht der Fahrkorb wieder aufwärts, so kommt das nicht ausgeglichene Gewicht der Gitter zur Wirkung und diese senken sich selbsttätig in die Verschlußstellung. Auf der Gicht ist jeder Fahrschacht nur auf der dem Ofen zugekehrten Seite zugänglich, und sind daher, wie Fig. 46 zeigen, nur zwei Gitter erforderlich. Der nach oben kommende Fahrkorb nimmt mittels zweier Arme f und des am Gitter angebrachten Winkels W dieses so lange mit, bis er zur Ruhe gelangt, und hat dann das Gitter den Fahrschacht so weit freigegeben, daß der Förderwagen vom Fahrkorb abgezogen werden kann. Beim Niedergange des Fahrkorbes folgt das Gitter bis auf die Gichtsohle. Da der Fahrkorb beim Ent- und Beladen von der Gicht aus betreten werden muß, so sind noch besondere Aufsetzvorrichtungen (caps) für den Fahrkorb angebracht, die aus den Stützhebeln b b und d d bestehen, auf die sich der Fahrkorb, wie die rechte Seite der Fig. 4 zeigt, aufsetzt. Die Stützhebel beider Fahrschächte sind in der aus der Zeichnung ersichtlichen Weise miteinander verbunden. Der nach oben kommende Fahrkorb drängt die in seine Fahrbahn vortretenden Stützen aus der Stellung d d zurück, die aber, sobald der Fahrkorb vorüber ist, wieder hervortreten, was durch das Gewicht c veranlaßt wird; sie nehmen dann die Stellung b b ein, und muß sich der Fahrkorb, falls das Seil reißen sollte, auf dieselben aufsetzen. Bei normalem Betrieb steht der Fahrkorb in seiner Endstellung mit seinem Anschlag e e etwas über den vorgelegten Stützhebeln b. Um diese für die Abfahrt zurückzuziehen, muß der Arbeiter das Hebelgewicht c um 180° um seine senkrechte Achse drehen, wobei gleichzeitig die Signalvorrichtung, durch welche die Arbeiter auf der Gicht[523] sich mit dem Aufzugmaschinisten auf der Hüttensohle verständigen, in Tätigkeit gesetzt wird. Derartige Stützvorrichtungen werden auch in der Weise ausgeführt, daß zum Abfangen des Fahrkorbes zwei horizontal geführte Riegel mittels Hebelverbindung unter denselben geschoben werden, was zweckmäßig selbsttätig erfolgen muß [3].
Zu erwähnen sind noch die als Doppelaufzüge ausgeführten Gichtaufzüge, bei denen die Last nur durch ein Gegengewicht (in Form eines Wasserkastens) gehoben wird. Unter jedem Fahrkorb ist ein Wasserkasten angenietet, der während der höchsten Stellung des ersteren von einem hochliegenden Wasserbehälter gefüllt wird und so bemessen ist, daß das Gewicht der Wasserfüllung ausreicht, um den auf der Hüttensohle beladenen Fahrkorb des andern Fahrschachtes mit der notwendigen Geschwindigkeit zu heben. Bei der Ankunft auf der Hüttensohle entleert sich der Wasserkasten selbsttätig. Derartige Aufzüge arbeiten bei billigem Betriebswasser durchaus vorteilhaft [3].
A.E. Brown in Cleveland hat für Hochöfen mehrfach einfache Gichtaufzüge ausgeführt, bei denen der unmittelbar an das Förderseil angekuppelte Materialwagen auf einer unter 60° geneigten Schienenbahn nach der Gicht des Hochofens befördert wird. Der Dampfhaspel steht auf der Hüttensohle, und wird seine Seiltrommel nur für die Auffahrt durch eine Reibungskupplung mit dem Triebwerk des Motors verbunden, während der eben entleerte Wagen bei ausgeschalteter Dampfmaschine durch sein eignes Gewicht selbsttätig zurückläuft, nachdem die Reibungskupplung genügend gelöst ist. Die Erze und Zuschläge werden aus Handkarren in den Förderwagen geschüttet, der zu diesem Zweck in eine etwa 3 m tiefe Grube am Ende der Gichtbahn zurückgesenkt werden kann. Die Koksfüllungen werden einem etwas höher gelegenen Schüttrumpf entnommen, der zur Aufnahme des unmittelbar mit der Eisenbahn zugeführten Brennmaterials dient und dasselbe nach Oeffnung eines Abschlußschiebers selbsttätig in den darunter aufgestellten Förderwagen fallen läßt. Das 25 mm starke Förderseil erfaßt den Gichtwagen, der 1 t Koks oder 20 t Erz aufnimmt, mit einem an seinem hinteren Ende gelenkig angebrachten Bügel und bringt den Wagen an der Gichtmündung dadurch selbsttätig in die Kipplage, daß die Vorderräder bis auf den abwärts geneigten Kopf der Hauptbahn vorlaufen, während die breiteren Hinterräder auf steilgerichteten, außen neben der Hauptbahn angeordneten Nebenschienen in die Höhe laufen. Der Gichtwagen entleert unmittelbar in den Parryschen Trichter (s. Roheisen). Um eine gleichmäßige Verteilung der Beschickung des Ofens zu bewirken, wird der Antrieb der oberen Förderseilrolle durch den leer zurücklaufenden Gichtwagen benutzt, um unter Vermittlung einer einseitig wirkenden Mitnehmerklinke in Verbindung mit einer Wellen- und Räderübertragung den oberen Verteilungstrichter zu drehen (D.R.P. Nr. 57691). Beim Aufziehen des Wagens setzt dieser Mechanismus aus.[524]
Für einen 24 m hohen Hochofen sind zum Aufziehen des Wagens etwa 20 Sekunden, zum Entleeren etwa 4 und zum Senken etwa 10 Sekunden, im ganzen also etwa 34 Sekunden erforderlich. Die ganze Anlage gestaltet sich einfacher, leichter und billiger als senkrechte Aufzüge und vermindert die Zahl der Bedienungsmannschaften, weil Aufziehen, Entleeren und Rücklauf des Gichtwagens sowie die Drehung des oberen Verteilungstrichters allein von dem im Maschinenhause befindlichen Aufzugwärter gesteuert werden, der außerdem noch eine Vorrichtung zum Verschließen der Einstürzöffnung bedient, durch die jedesmal vor dem Oeffnen des Trichters zwei Gasverschlüsse heruntergesenkt werden. Senkbewegung und Senktiefe des Trichters werden selbsttätig im Maschinenhause angezeigt, so daß eine fortlaufende Kontrolle über die Zahl der Gichten und ihre Höhe im Ofen ausgeübt wird [3]. S.a. Schrägaufzug.
Literatur: [1] Gewerbl. techn. Ratgeber, Berlin 1903. [2] Specht, Die Massenfabrikation im Maschinenbau, Berlin 1893. [3] Ernst, Die Hebezeuge, Berlin 1899. [4] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing.; Bericht über die Deutsche Allg. Ausstellung s. Unfallverhütung, Berlin 1889.
Specht.
Buchempfehlung
Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?
58 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro