[656] Kraftübertragung, hydraulische. Zu einer hydraulischen Anlage für Kraftübertragung gehören ein Pumpwerk, die Leitung und eine Anzahl von Wassersäulenmaschinen. Diese letzteren sind meistens mit den zu betreibenden Arbeitsmaschinen in unmittelbare Verbindung gebracht; um den Wasserverbrauch derselben auf kurze Zeit über die Wasserlieferung des Pumpwerkes steigern zu können, sind in die Leitung Druckwassersammler, Akkumulatoren, eingeschaltet.
Die hydraulische Kraftübertragung wird besonders gern dann angewendet, wenn es sich um große Arbeitsleistungen auf kurze Zeit zwischen längeren Betriebspausen handelt. Weil in den Akkumulatoren eine größere Energiemenge aufgespeichert ist, kann man auf deren Kosten schwere Arbeitsmaschinen treiben, ohne einer Kraftmaschine entsprechender Größe zu bedürfen, da diese in den Betriebspausen den Energieverlust der Akkumulatoren zu ersetzen vermag. Man findet deshalb solche Anlagen vornehmlich zum Betriebe von Hebemaschinen in Häfen, Docks und auf Bahnhöfen zum Betriebe von Schmiedepressen, Nietmaschinen u. dergl. in Maschinenfabriken in Anwendung. Selten gehört zu einer einzelnen Arbeitsmaschine ein besonderes Pumpwerk; gewöhnlich ist eine Zentralstation mit Pumpwerk und Akkumulatoren vorhanden, von der aus viele, oft über eine große Fläche zerstreute Arbeitsmaschinen betrieben werden. Man arbeitet durchweg mit hohen Spannungen, 50 kg/cm in der Leitung ist vielfach üblich; doch geht man gelegentlich auch höher. Gewöhnlich sind in der Zentralstation Dampfmaschinen aufgestellt, die unmittelbar auf die Pumpen einwirken; diese entnehmen das Wasser aus einem größeren Behälter und drücken es in die Akkumulatoren. Es sind stets Einrichtungen getroffen, durch die, sobald die Akkumulatoren gefüllt sind, entweder die Pumpen oder die Dampfmaschinen selbsttätig stillgesetzt werden. Das letztere ist das gebräuchlichere.
Die Akkumulatoren sind meistens aufrechtstehende lange Zylinder, deren Tauchkolben mit Gewichten belastet sind. Das vom Pumpwerk gelieferte Wasser hebt die Kolben; sie fallen infolge des Wasserabflusses nach den Arbeitsmaschinen. Nebenstehende Figur zeigt einen Akkumulator; um nicht zu große Höhe zu beanspruchen, ist das Belastungsgewicht (Steinschotter, Eisengänze) in einer Trommel angebracht, die am Kopfe des Kolbens aufgehängt ist. Diese Trommel muß selbstverständlich gut geführt werden. Gewöhnlich stehen die Akkumulatoren im Maschinenhause; bei sehr großen Anlagen, wie z.B. im Hamburger Freihafen, findet man aber noch an verschiedenen Punkten des Rohrnetzes Hilfsakkumulatoren aufgestellt, die den Wasserbedarf der nächstgelegenen Arbeitsmaschinen decken und die Wassergeschwindigkeit in der Leitung regeln. Diese Hilfsakkumulatoren sind etwas weniger belastet als der im Maschinenhause befindliche, der das Pumpwerk abstellt, damit sie sich früher füllen und später entleeren als dieser. Der Fassungsraum der Akkumulatoren ist den besonderen Umständen anzupassen; man hat Rücksicht darauf zu nehmen, daß immer nur ein Teil der Arbeitsmaschinen in Tätigkeit ist. Die Akkumulatoren haben den Unterschied zwischen der Pumpenlieferung und dem Verbrauche dieses Teiles der Arbeitsmaschinen während deren Arbeitszeit zu decken. Sie sind mit Schutzventilen versehen, um einen gesicherten Betrieb zu ermöglichen. Man muß sie gegen die Leitung absperren können, um diese nötigenfalls zu entleeren, während der Akkumulator unter Druck bleibt; auch muß der letztere unabhängig von der Leitung entleert werden können. Ferner muß ein Sicherheitsventil vorhanden sein, das vom steigenden Akkumulator geöffnet wird, damit dieser seine Hubgrenze nicht überschreiten kann, selbst wenn die selbsttätige Ausrückung der Pumpen ihren Dienst versagen sollte. Man formt auch wohl die Kolben so, daß bei Ueberschreitung ihrer Hubgrenze das Wasser austritt, indem man sie unten mit entsprechenden Ausschnitten versieht. Ferner darf der Akkumulator nicht herabstürzen, falls durch Rohrbruch oder aus andern Ursachen die Leitung sich plötzlich entleeren sollte; es ist deshalb nach der Leitung hin ein Rückschlagsventil anzubringen. Endlich sind Entlüftungsventile anzuordnen, damit die aus dem Wasser sich abscheidende Luft sich nicht im Zylinder ansammelt.
Die Rohrleitung besteht aus gußeisernen Rohren mit Muffen oder Flanschenverbindung; innerhalb der Gebäude nimmt man aber lieber schmiedeeiserne Rohre, die sich besser anpassen lassen. Die Flanschen dichtet man mit Rundgummi, der sich in entsprechend geformte Nuten einlegt. Wichtig ist, die Rohrleitung so zu verlegen, daß sie jederzeit vollständig entwässert werden kann, daß nirgends Luftansammlungen entstehen können und daß sie vor Frost gesichert ist. Schieber, Ventile u.s.w. sind mit Rücksicht hierauf zu entwerfen. Die Geschwindigkeit in den Hauptröhren soll 1 m nicht überschreiten, in den Zweigröhren geht man bis 3 m ohne Gefahr. Zur Verhütung von Stößen schaltet man Puffer ein. Da gewöhnlich der Wasserverbrauch zu groß ist, um das verbrauchte Wasser ablaufen lassen zu können, so ordnet man meist eine Rückleitung an, die dasselbe in einen im Maschinenhause stehenden Behälter führt, aus dem es die Pumpen wieder entnehmen. Solche Rückleitung wird auch da angewendet, wo man reines [656] Wasser nicht beschaffen kann, da möglichste Reinheit der sonst sich bildenden Niederschläge wegen Bedingung gesicherten Betriebes ist. Selbst wenn die Hauptleitung vollständig frostfrei verlegt wurde, bedarf es der Sicherheitsvorrichtungen gegen Einfrieren der Nebenleitungen und der Wassersäulenmaschinen. Man erreicht dies öfters durch Anwärmung des Betriebswassers. Zu dem Zwecke sind im Rücklaufbehälter Heizvorrichtungen angebracht oder man benutzt das Kühlwasser der Oberflächenkondensatoren der Betriebsdampf- oder -gasmaschinen; vor langen Betriebspausen entwässert man alle gefährdeten Strecken der Leitung. Die Wassersäulenmaschinen schützt man durch Heizung der Räume, in denen sie sich befinden, durch Umlaufleitungen oder Entwässern. Man setzt auch wohl dem Betriebswasser Glyzerin zu oder verwendet eine Lösung von Chlormagnesium, die Eisen nicht angreift; Salzlösung ist aus diesem Grunde unbrauchbar.
Literatur: Ernst, Beiträge zur Entwicklung der Hebewerke mit Druckwasserbetrieb auf Grund der Anlagen für die Freihäfen in Bremen und Hamburg, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1890, S. 859, 893; 1891, S. 511, 539, 606, 637, 655, 686, 723, 747, 837, 864; Gerdau, Lösch- und Ladevorrichtungen für Schiffe und Eisenbahnen, ebend. 1892, S. 306, 329, 366, 389, 457, 486, 516; Gutermuth, Neuere Konstruktionen der amerikanischen Personenaufzüge, ebend. 1893, S. 1089, 1539, 1573; Rudolph, Betriebsergebnisse und Konstruktionen neuerer hydraulischer Anlagen, ebend. 1894, S. 1042; Eilert, Betrachtungen über Anlage und Betrieb hydraulischer Kraftzentralen nebst zugehörigen Hebewerken, ebend. 1894, S. 1203, 1262; Ernst, Die Hebezeuge, 4. Aufl., Berlin 1903; Möller, P., Druckwasserversorgung in London, ebend. 1895, S. 804; Druckwasserversorgung des Hippodroms in New York, ebend. 1905, S. 2116.
Buchempfehlung
Nachdem Musarion sich mit ihrem Freund Phanias gestrittet hat, flüchtet sich dieser in sinnenfeindliche Meditation und hängt zwei radikalen philosophischen Lehrern an. Musarion provoziert eine Diskussion zwischen den Philosophen, die in einer Prügelei mündet und Phanias erkennen lässt, dass die beiden »nicht ganz so weise als ihr System sind.«
52 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro