[143] Auslaugen (Ausziehen, Extrahieren), technische Operation, bei der die in einer Substanz enthaltenen löslichen Stoffe durch ein Lösungsmittel von den unlöslichen getrennt, ausgezogen werden. Kräuter, Wurzeln etc. werden sein zerschnitten oder grob gepulvert, mit kaltem oder heißem Wasser zu Brei angerührt und nach 24 Stunden ausgepreßt. Den Preßrückstand behandelt man noch einmal in gleicher Weise. Sehr harte Rinden oder Hölzer läßt man, mit kaltem Wasser benetzt, 3060 Stunden stehen (Insukkation), ehe man sie mit heißem Wasser zu einem Brei anrührt. Ist die Benutzung der Presse ausgeschlossen, so muß man sehr vielmehr Flüssigkeit anwenden, um die löslichen Bestandteile möglichst vollständig zu gewinnen. Weil aber diese Flüssigkeit in der Regel wieder verdampft werden muß, extrahiert man wiederholt mit kleinen Mengen der Flüssigkeit, weil der gleiche Effekt dann mit weniger Flüssigkeit erreicht wird, als wenn man die Substanz sofort mit der gesamten Flüssigkeit übergießt. Beim fabrikmäßigen Betrieb wendet man stets das Prinzip des systematischen oder kontinuierlichen Auslaugens an und benutzt hierzu eine Reihe von Gefäßen mit doppeltem Boden und Abflußhahn, die mit der auszulaugenden Substanz gefüllt werden. In das Gefäß 1 bringt man reines Wasser, das nacheinander die Substanz der Gefäße 1,2,3,4 auslaugt und aus 4 hinreichend konzentriert abfließt. Inzwischen ist die Substanz im Gefäß 1 vollständig erschöpft, es wird entleert, mit frischer Substanz beschickt,[143] und das Wasser fließt nun durch 2,3,4,1 etc. Der gleiche Effekt wird erreicht, wenn man die auszulaugende Substanz in Sieb- oder Drahtkörbe packt und diese aus einem Gefäß in das andre hebt, während sich die Flüssigkeit in entgegengesetzter Richtung durch die terrassenförmig aufgestellten Gefäße bewegt, indem in das obere Gefäß reines Wasser einfließt und der konzentrierte Auszug aus dem untersten Gefäß abfließt.
Bei der Deplacierungs- oder Verdrängungsmethode füllt man ein kegelförmiges, mit der Spitze nach unten aufgestelltes Gefäß mit der Substanz, übergießt diese mit Wasser, zieht nach einiger Zeit den ersten Auszug durch die Öffnung in der Spitze des Gefäßes ab, gießt von neuem Wasser auf und fährt mit dem Extrahieren fort, bis die abfließende Flüssigkeit nur noch wenig gefärbt ist. Bei der Realschen oder hydrostatischen Presse wird das Gefäß mit einem am Rande luftdicht schließenden Deckel versehen, aus dessen Mitte sich eine möglichst lange, am obern Ende mit einem Trichter versehene Röhre vertikal erhebt. Gießt man dann so viel Wasser ein, daß die Röhre bis in den Trichter hinein gefüllt ist, so steht die zu extrahierende Substanz unter hohem Druck und wird schneller vom Wasser durchdrungen. Bei der aërostatischen, Römershausenschen oder Luftpresse füllt man ein aufrechtstehendes Faß, das über dem Boden einen Hahn und über diesem einen Siebboden besitzt, mit der zu extrahierenden Substanz und verbindet den Raum zwischen beiden Böden mit einer Luftpumpe, so daß, wenn diese in Tätigkeit tritt, der Atmosphärendruck die Flüssigkeit durch die zu extrahierende Substanz hindurchtreibt. Den Atmosphärendruck kann man auch mit Hilfe von Wasserdampf zur Wirkung bringen, wie es bei manchen Kaffeemaschinen geschieht, und anderseits laugt man z. B. Nutzholz, um es dauerhafter zu machen, unter hohem Druck aus, indem man es in Form von Eisenbahnschwellen etc. in einen Dampfkessel packt und dann aus einem andern Dampfkessel Wasserdampf einleitet. Der Dampf verdichtet sich zuerst, indem er seine Wärme an das Holz abgibt, durchdringt dasselbe dann und entfernt daraus die löslichen, leicht zersetzbaren Saftbestandteile.
Wird als Lösungsmittel Alkohol, Äther, Schwefelkohlenstoff, Benzin (zum Entfetten von Samen, Knochen, Wolle) angewendet, so werden die Gefäße, um Verluste durch Verdunstung zu vermeiden, luftdicht verschlossen und in der Regel für kontinuierlichen Betrieb eingerichtet. Man versieht z. B. ein zylinderförmiges, aufrechtstehendes, luftdicht verschlossenes Gefäß in halber Höhe mit einem Siebboden und schüttet auf diesen die zu extrahierende Substanz, während der Äther sich in dem untern Raum befindet, der mittels Doppelbodens durch Dampf geheizt wird. Die hier sich entwickelnden Ätherdämpfe gelangen durch ein weites Rohr, das die Mitte des Siebbodens durchsetzt, in den Raum über der zu extrahierenden Substanz und werden hier an einem horizontal liegenden, mit kaltem Wasser gespeisten Schlangenrohr und an dem ebenfalls gut gekühlten Deckel des Gefäßes verdichtet, so daß der Äther in Tropfen auf die Substanz herabfällt. Er durchdringt dieselbe, nimmt die löslichen Stoffe auf, und die Lösung sickert durch den Siebboden in den untern Teil des Apparates, wo der Äther von neuem in Dampf verwandelt wird, während die gelösten Stoffe zurückbleiben. Man läßt den Apparat arbeiten, bis der von dem Siebboden herabfallende Äther farblos ist.
Mineralien und Gesteine unterliegen der Auslaugung, indem einzelne Gemengteile durch wässerige, Kohlensäure, Humussäuren oder andre Säuren enthaltende Lösungen, seltener durch ätzende Dämpfe gelöst werden. So wird durch kohlensäurehaltiges Wasser dem Orthoklas das Kali und ein Teil der Kieselsäure, dem Magneteisen (Fe3O4 = FeO.Fe2O3) das Eisenoxydul (FeO) entrissen, oft derart, daß die zurückbleibenden Stoffe (Kaolin, bez. Eisenoxyd Fe2O3) noch die Form des ursprünglichen Minerals bewahren (s. Pseudomorphosen). Gesteine mit leicht zersetzbaren (z. B. Feldspat, Olivin) oder löslichen Gemengteilen (z. B. Steinsalz, Gips) sind der Auslaugung besonders unterworfen. Die ausgelaugten Stoffe gelangen oft in den im Gestein vorhandenen Hohlräumen zum Absatz (s. Sekretion), oder werden durch Quellen (s. Mineralwässer) an die Erdoberfläche gebracht, oder auf Spalten im Gestein (Mineralgängen, s. Gang) niedergeschlagen. Ausgelaugte Gesteine sind oft reich an großen, durch die Auslaugung entstandenen Höhlen (s. d.) und Schlotten (s. d.).