[565] Begrüßungen, die Zeichen und Worte, durch die man einander beim Begegnen, Besuchen und Abschiednehmen Freundschaft und Achtung ausdrückt. Die ältesten Begrüßungsformen drücken durch Zubodenwerfen und längeres Liegenbleiben ohne aufzublicken die völlige Unterwürfigkeit und Ergebung in die Macht des Begrüßten aus. Diese bei orientalischen und barbarischen Völkern noch heute üblichen B. (Koto der Chinesen) wurden gemildert in dauerndes oder momentanes Knieen, Verbeugungen und Knickse, mit denen man symbolisch seine Absicht, sich niederzuwerfen, andeutet. Der russische Leibeigne warf sich seinem Herrn zu Füßen, dessen Kniee umklammernd und küssend; dienende Böhmen küssen den untern Saum des Kleides. Die Griechen riefen einander beim Kommen, Begegnen und Scheiden: »Chaire« (»Freue dich!«) zu. Die Römer sagten beim Kommen: »Ave« (»Sei gegrüßt!«), beim Abschied: »Vale« (»Bleibe gesund!«). Bei den Israeliten küßten nähere Bekannte einander Hand, Haupt und Schulter. Gewöhnliche Grußformel war der Zuruf: »Scholem alēchem« (»Friede sei mit euch;«). Das Entblößen des Hauptes wurde allgemeine Sitte erst seit dem 16. oder 17. Jahrh. In manchen deutschen Ländern küßt man den Damen die Hand; in Italien dürfen nur die nächsten Freunde den Handkuß sich erlauben. Die russischen Damen erwidern den Handkuß eines Herrn, dem sie eine gewisse Zuneigung bezeigen dürfen, mit einem Stirnkuß. In Deutschland begrüßen sich auch befreundete Männer oft durch Handschlag und Kuß, in England nur die nächsten Angehörigen. Statt der im protestantischen Deutschland üblichen Begrüßungsformeln: »Guten Morgen!«, »Ihr Diener!«, in Österreich: »Servus!«, in Süddeutschland: »Grüß Gott!« etc. grüßt man in katholischen deutschen Ländern mit dem von Benedikt XIII. 1728 empfohlenen Gruße: »Gelobt sei Jesus Christus!«, der mit dem Gegengruß: »In Ewigkeit, Amen!« erwidert wird. Besondere Stände haben auch besondere B., wie das »Glückauf!« der Bergleute und die langen, als Erkennungsmittel dienenden Begrüßungsformeln der alten Zünfte. Der Russe grüßt beim Begegnen: »Sdráwstwujtje« (»Seid gesund!«), beim Scheiden: »Do Swidánja« (»Auf Wiedersehen!«), bei einer Trennung auf längere Zeit: »Verzeiht!« (nämlich, daß ich Euch schon verlasse; »Proschtscháitje«). Der Engländer grüßt: »How d'you do ? Goodbye! Farewell!« Dem ähnlich der Holländer: »Vaar wél!« und der Schwede: »Farval!« Der Franzose: »Bonjour! Au plaisir!« (nämlich »de vous revoir«). Der Italiener: »Buon giorno! Addio! A rivederci!« Der Spanier: »Buenas dias! Adios! Hasta la vista!« (»Auf Wiedersehen!«). Der Türke schlägt beide Arme übereinander, legt sie auf die Brust und beugt sich mit dem Kopf gegen den, welchen er begrüßt. Der gemeine Araber sagt: »Salem aleikum« (»Friede sei mit euch!«), dann legt er die Hand auf die Brust, um anzudeuten, daß ihm der Wunsch am Herzen gehe; der Begrüßte erwidert: »Aleikum essalem« (»Mit euch sei Friede!«). Die Hindu berühren mit der rechten Hand die Stirn und beugen den Kopf vorwärts. Wollen sie sich tief verbeugen, so legen sie erst die rechte Hand auf die Brust, berühren dann mit dieser Hand die Erde und zuletzt die Stirn. Dabei nennen sie sich »untertänige Sklaven« des Begrüßten. Begegnen sich in China zwei Personen zu Pferde, so steigt der Niedere vom Pferd ab und läßt stehend den Höhern vorbei. In Japan muß der Geringere vor dem Vornehmern seine Sandalen ausziehen, die rechte Hand in den linken Ärmel stecken, die Arme langsam bis an die Kniee herabgleiten lassen, mit abgemessenen Schritten vor dem andern vorübergehen und mit furchtsamen Gebärden rufen: »Augh, augh« (»Füge mir kein Leid zu!«). Die Abessinier fallen auf die Kniee und küssen die Erde. Die Ägypter strecken die Hand aus, legen sie auf die Brust und neigen den Kopf. Bei Kalmücken, Anamiten, auf Neuguinea, Tahiti, den Sandwich-, Gesellschafts- und Freundschaftsinseln ist gegenseitiges Beschnüffeln, ausgedrückt durch Aneinanderlegen und Reiben der Nasen, mit der Spitze oder den Seiten und kräftiges Einatmen, weitverbreitet. Die Tibetaner stecken die Zunge heraus, fletschen die Zähne und kratzen sich in den Ohren. Vgl. die ausführlichen Nachweise in Herbert Spencers »Soziologie«, Bd. 2; Steinhaufen, Der Gruß und seine Geschichte (in den »Kulturstudien«, Berl. 1892). Von eigentümlicher Art und genau geregelt sind die militärischen B. im Heer und in der Marine (s. Ehrenbezeigungen).