Bodelschwingh

[116] Bodelschwingh, 1) Ernst von B.-Velmede, preuß. Staatsmann, geb. 26. Nov. 1794 in Velmede bei Hamm, gest. 18. Mai 1854, studierte die Rechte, machte die Freiheitskriege mit, erwarb sich bei Leipzig das Eiserne Kreuz erster Klasse und ward bei Freyburg a. d. U. 21. Okt. 1813 verwundet. 1817 trat er in den Staatsdienst, ward 1822 Landrat des Kreises Tecklenburg in Westfalen, 1831 Präsident der Regierung zu Trier, im November 1834 Oberpräsident der Rheinprovinz, übernahm 1842 das Finanzministerium und 1845 das Ministerium des Innern. 1847 leitete er als Regierungskommissar den Vereinigten Landtag, nahm aber nach Ausbruch der Revolution 19. März 1848 seine Entlassung und wurde in die preußische Zweite Kammer, zuerst im Januar 1849 und wiederum nach dem oktroyierten Wahlgesetz von 1849, später auch ins Erfurter Volkshaus, wo er die Unionspolitik unterstützte, gewählt. Im September 1849 ward er zum Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Union ernannt. In der Kammersitzung von 1850–51 war er Führer der Zentrumspartei, welche die Politik der Regierung zwar mißbilligte, ihr aber doch die Mittel zur Fortsetzung derselben gewährte. 1852 zum Regierungspräsidenten in Arnsberg ernannt, starb er auf einer Dienstreise in Medebach. Vgl. v. Diest, Meine Erlebnisse im Jahre 1848 und die Stellung des Staatsministers v. B. vor und an dem 18. März 1848 (Berl. 1898).

2) Karl von, preuß. Minister, Bruder des vorigen, geb. 10. Dez. 1800 in Velmede bei Hamm, gest. 12. Mai 1873, studierte die Rechte, war 1837–45 Landrat in Hamm, dann Oberregierungsrat in Minden, Regierungsvizepräsident in Münster, Regierungspräsident in Arnsberg, seit 1849 konservatives Mitglied des Abgeordnetenhauses sowie 1851–58 unter Manteuffel und 1862–66 unter Bismarck Finanzminister, bis er die Verantwortung für die Beschaffung der Geldmittel für den Krieg mit Österreich nicht übernehmen wollte.

3) Friedrich von, evang. Geistlicher, Sohn von B. 1), geb. 6. März 1831 in Haus Mark bei Tecklenburg (Westfalen), wurde Bergmann, dann Landwirt, studierte seit 1854 in Basel, Erlangen und Berlin Theologie, wurde 1858 Pfarrer an der deutschen Gemeinde zu Paris und 1864 zu Dellwig bei Unna (Westfalen), von wo aus er die Kriege von 1866 und 1870/71 als Felddivisionspfarrer mitmachte. Seit 1872 widmet er sich in und um Bielefeld mit großartigem Erfolg den Werken der innern Mission. Der gegenwärtige Bestand der Stiftungen ist folgender: 1) Anstalt für Epileptische (Bethel) mit (1902)1800 Kranken;[116] 2) Diakonissenhaus (Sarepta) mit 980 Schwestern auf 326 Arbeitsplätzen, wovon 11 im Ausland; 3) Erziehungsstätte für männliche Krankenpfleger (Haus Nazareth) mit 350 Diakonen auf 120 Stationen, wovon 6 außer Europa und andre 6 außer Deutschland; 4) Arbeiterkolonie Wilhelmsdorf, die erste ihrer Art, mit 5 Filialen und etwa 400 Insassen (s. Arbeiterkolonien, Bd. 1, S. 681); 5) Arbeiterheim, Kolonie von 164 Häusern mit 400 Wohnungen; 6) Missionsseminar für (jetzt 13) Kandidaten der Theologie; 7) Schriftenniederlage Bethel zu Gadderbaum bei Bielefeld. 1884 ernannte ihn die theologische Fakultät zu Halle zum Doktor. Vgl. Siebold, Geschichte und Beschreibung der Anstalten Bethel, Sarepta etc. (3. Aufl. 1898), und die jährlichen Berichte.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 116-117.
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