Caro [3]

[772] Caro, 1) Annibale, berühmter ital. Schriftsteller und Dichter, geb. 1507 zu Cittanuova in der Mark Ancona, gest. 1566 in Rom, war anfangs Erzieher der Kinder des reichen Florentiners Luigi Gaddi; später nahm ihn dessen Bruder, der Kardinal Giovanni Gaddi, als Sekretär mit nach Rom und verhalf ihm zu mehreren Pfründen, die es ihm ermöglichten, sorgenfrei seinen Studien zu leben. Nach des Kardinals Tode trat er (1543) in die Dienste Pier Luigi Farneses, der zwei Jahre darauf Herzog von Parma und Piacenza wurde. Nach dessen Ermordung nahm ihn zuerst der Kardinal Ranuccio, später der Kardinal Alessandro Farnese als Sekretär in seine Dienste. C. gehörte zu den ausgezeichnetsten italienischen Dichtern und Prosaisten. Bei seinen Lebzeiten erschienen von ihm nur zwei humoristische Schriften, der Kommentar zu einem Capitolo Molzas: »Commento di ser Agresto da Ficaruolo sopra la prima ficata del P. Siceo« und die »Diceria de' nasi« (beide Rom 1539). Seine übrigen Werke wurden erst nach seinem Tode gedruckt. Am berühmtesten waren die Übersetzung der »Aneide« in reimlosen Versen (Vened. 1581; neue Ausg., Flor. 1890) und die »Rime« (Vened. 1569 u. ö.). Sein Lustspiel »Gli Straccioni« (Vened. 1582 u. ö.) zeichnet sich durch komische Kraft[772] und vortreffliche Sprache aus. Muster schöner Prosa und eleganten Stils sind seine Briefe, in vier Sammlungen erschienen: »Lettere familiari« (Vened. 1572 bis 1575 u. ö.); »Lettere scritte a nome del card. A. Farnese« (Padua 1765,3 Bde.; beide Sammlungen vereinigt, das. 1764–65, 6 Bde.; Mail. 1807, 6 Bde.). »Lettere«, herausgegeben von G. B. Tomitano (Ven ed. 1791) und von P. Mazzuchelli (Mail. 1827–29, 3 Bde.). Außerdem hat man von C. noch einige Übersetzungen aus dem Griechischen. Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien in den »Classici italiani« (Mail. 1806, 8 Bde.); eine andre Ausgabe veranstaltete Amico (Flor. 1864), und »Prose inedite« veröffentlichte Cugnoni (Imola 1872). Vgl. Mondaini, I criteri estetici el'opera poetica di Annibale C. (Turin 1897).

2) Elme, franz. Philosoph und Schriftsteller, geb. 4. März 1826 in Poitiers, gest. 13. Juli 1887 in Paris, lehrte Philosophie an Lyzeen, wurde 1864 Professor an der Sorbonne und 1874 Mitglied der Académie française. Sein philosophischer Standpunkt war stark von V. Cousin beeinflußt und der eines gedämpften, aber, wenn es opportun erschien, auch strengen Spiritualismus. Seine schriftstellerische Laufbahn begann mit dem Werke »Saint Dominique et les dominicaius« (1853; deutsch, Regensb. 1854) und mit einer »Vie de Pie IX«. Dann folgten: »Le Mysticisme an XVIII. siécle« (1852–54), eine Darstellung der Lehre des Mystikers Saint-Martin; »L'idée de Dieu et ses nouveaux critiques« (sein gelesenstes Werk, 1864, zuletzt 1889); »La philosophie de Goethe« (1866, 2. Aufl. 1880); »La matérialisme et la science« (1868, 4. Aufl. 1883); »Problèmes de morale sociale« (1876); »Le pessimisme au XIX. siècle« (1878, zuletzt 1889) und viele Beiträge für Zeitschriften, die z. T. gesammelt erschienen als »Etudes morales sur le temps présent« (1855,4. Aufl. 1879), »Nouvelles études« (1869, 2. Aufl. 1879), »Mélanges et portraits« (1888, 2 Bde.), »Poètes et romanciers« (1888) und »Variétés littéraires« (1889). Pailleron hat in dem Lustspiel »Le monde où l'on s'ennuie« die Gestalt des süßlichen Philosophen und Salonhelden C. gezeichnet. – Seine Frau Pauline Cassin, geb. 1835, hat unter dem Pseudonym P. Albane verschiedene Romane geschrieben: »Le péché de Madeleine« (1864, neue Ausg. 1872); »Histoire de Souci« (1868, 3. Aufl. 1890); »Fruits amers« (1892) u. a.

3) Jakob, deutscher Geschichtschreiber, geb. 2. Febr. 1836 in Gnesen von jüdischen Eltern, setzte, durch seine Schrift »Das Interregnum Polens im J. 1586« (Gotha 1861) bekannt geworden, die von Röpell für die Heeren-Ukertsche Sammlung begonnene »Geschichte Polens« (das. 1865–88, Bd. 2–5) fort. C. unternahm 1862 eine Forschungsreise nach Galizien und Südrußland, habilitierte sich 1863 in Jena, wurde dort außerordentlicher Professor und folgte 1868 einem Rufe nach Breslau. Er schrieb unter anderm: »Lessing und Swift, Studien über Nathan den Weisen« (Jena 1869); »Katharina II. von Rußland« (Bresl. 1876); »Aus der Kanzlei Kaiser Siegmunds« (Wien 1879) und gab heraus »Liber cancellariae Stanislai Ciolek«, ein Formelbuch der polnischen Königskanzlei aus der Zeit der hussitischen Bewegung (Wien 1871–1974, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 772-773.
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