Domitiānus

[102] Domitiānus, Titus Flavius, röm. Kaiser 81 bis 96 n. Chr., Sohn Vespasians, Bruder und Nachfolger des Titus, geb. im Oktober 51, gest. 18. Sept. 96, wurde, nachdem sein Vater zum Kaiser erhoben und dessen Gegner Vitellius besiegt und getötet worden war, erst zum Prätor, dann zum Cäsar und von seinem Bruder Titus sogar zum Mitregenten ernannt. Nach dessen frühem Tod im Lager der Prätorianer zum Kaiser ausgerufen, begann er seine Regierung (etwa bis zum Jahr 84) mit wohltätigen Maßregeln, steuerte dem Unwesen der Delatoren (s. d.) und bekümmerte sich um Ordnung im Staat. Allmählich artete indes sein Herrscherstolz (er war 17mal Konsul und beständiger Zensor; der Monat Oktober wurde in »D.« umgetauft) in Despotismus aus; Grausamkeit, Mißtrauen, Geldgier bestimmten jetzt seine Regierung. Seit einer bald unterdrückten Empörung des L. Antonius Saturninus (89) erfolgten die Hinrichtungen der angesehensten Männer, wie Tacitus sagt, nicht mehr einzeln und in Zwischen räumen, sondern ohne Unterbrechung Schlag auf Schlag; aber auch Juden und Christen wurden verfolgt und im J. 90 mit einem Mal alle Philosophen aus Rom vertrieben. Sich Kriegsruhm zu erwerben, war D. eifrig bedacht; er rückte mehrfach an die [102] Grenze, überließ dann aber die Führung des Krieges seinen Feldherren. Am meisten Erfolg scheint sein Feldzug gegen die Chatten 83 oder 84 gehabt zu haben, nach dem er den Grenzwall zwischen dem Rhein und der Donau in Angriff nahm (s. Agri decumates); dagegen erlitt er an der mittlern und untern Donau von den Markomannen, Quaden und Sarmaten empfindliche Niederlagen, und dem König der Dacier, Decebalus (s. d.), wurde der Friede 89 durch eine regelmäßige jährliche Geldzahlung abgekauft: das erste Beispiel eines Tributs in der römischen Geschichte. Nur in Britannien wurde der Krieg durch den ausgezeichneten Cn. Julius Agricola ruhmvoll geführt (78–85); doch rief diesen D. aus Neid und Mißtrauen zurück, ehe er den Krieg mit der völligen Unterwerfung der Insel beendigen konnte. Trotz des Druckes und der Schmach wurde diese Regierung 15 Jahre lang ertragen, bis ihr endlich eine Palastverschwörung des Freigelassenen Stephanus u.a. ein Ziel setzte. Vgl. Imhof, T. Flavius D. (Halle 1857); Gsell, Essai sur le règne de l'empereur Domitien (Par. 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 102-103.
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