[592] Kapitōl (lat. Capitolium), die Burg des alten Rom und als solche sowie als Stätte des römischen Nationalheiligtums der religiös-politische Mittelpunkt des Reiches, lag auf der südwestlichen Kuppe des kapitolinischen Hügels (Mons Capitolinus), der sich aus der Tiberniederung zu 50 m Höhe ü. M. erhebt und durch das Tal Velabrum von dem südöstlich liegenden palatinischen Hügel getrennt wird (vgl. den Plan des alten Rom bei Art. »Rom«). Dieser kleinste der sieben Hügel Roms (sein Umfang beträgt wenig über 1000 m) besteht aus drei Teilen: dem südwestlichen Gipfel mit dem Palast Caffarelli (jetzt deutsche Botschaft), dem nordöstlichen mit der Kirche Santa Maria in Araceli und der beide trennenden Vertiefung mit den Museen. Der nur auf der Südostseite nach dem Forum zu durch einen fahrbaren Weg (Clivus Capitolinus) zugängliche, sonst überall steil abfallende Berg wurde der Sage nach bereits durch Servius Tullius mit einem Mauerring umgeben, von dem an der Nordwestseite noch Überbleibsel gefunden wurden. Aber erst die Tarquinier erhoben den Berg, bez. dessen Südwestkuppe durch den Bau des Jupitertempels zu seiner staatlichen Bedeutung als idealen Hauptes der, Siebenhügelstadt. Unter Tarquinius Priscus begonnen, wurde der Bau kurz nach der Vertreibung des Tarquinius Superbus 509 vollendet. Daß derselbe an Stelle des Palastes Caffarelli gestanden hat, ist durch[592] die 1865, 1875 und 1876 unter Leitung von Jordan und Lanciani angestellten Ausgrabungen endgültig erwiesen worden. Über der Erde befindet sich jetzt nur ein Stück des Fundaments; auch sind dem Tempel angehörige Architekturfragmente aus Marmor gefunden worden. Seine Vorhalle hatte dreimal sechs Säulen, die nach etruskischer Weise weit (9,210,9 m von Zentrum zu Zentrum) voneinander abstanden; an den beiden Seiten zog sich je eine Säulenreihe entlang. Das Tempelhaus selbst war 30,5×28,75 m groß und durch Längswände in drei Zellen für Jupiter, Minerva und Juno geteilt. Der Tempel wurde wiederholt durch Feuer zerstört, aber immer wieder und unter Beibehaltung des alten Grundplans, jedoch in größerer Höhe und mit prächtigerer Ausstattung aufgebaut, so 69 v. Chr. durch Q. Lutatius Catulus, 70 n. Chr. durch Vespasian und zehn Jahre später durch Domitian, der ihn mit prächtigen Säulen von pentelischem Marmor schmückte. Erst im Mittelalter ging er dann allmählich durch Plünderung zugrunde. Der umgebende Tempelhof (Area Capitolina), in dem sich unter andern Tempel des Jupiter Custos und des Fides und zahlreiche Denkmäler befanden, war mit einer Mauer umgeben. Außerhalb dieser an der Südecke des Hügels lag der Tarpejische Fels, von dem in älterer Zeit die Staatsverbrecher hinabgestürzt wurden. Auf dem nordöstlichen, 49 m hohen Hügel war die Burg (Arx) errichtet; 344 v. Chr. wurde hier ein Tempel der Juno Moneta erbaut, mit dem später auch das Münzamt verbunden wurde. Nach dem Forum zu war die obenerwähnte Einsattelung begrenzt durch das großartige Tabularium mit dem Staatsarchiv, von Quintus Lutatius Catulus 78 v. Chr. errichtet, dessen Unterbau aus Peperinquadern in das Untergeschoß des jetzigen Senatorenpalastes verbaut ist. Mit dem Erwachen des städtischen Freiheitsgeistes wurde das K. wieder politisches Zentrum der Stadt; über den Trümmern des Tabulariums erhob sich im 12. Jahrh. der Senatorenpalast, 1348 wurde die große Treppe von Araceli angelegt. Die jetzige Gestalt des Kapitols beruht auf den Plänen Michelangelos, den Papst Paul III. mit einer würdigen Ausschmückung der alten Nationalstätte betraute, der selbst aber nur die herrliche Doppeltreppe vor dem Senatorenpalast ausführen konnte. Auf der früher schroff abfallenden Nordwestseite des Hügels führt seitdem von der modernen Stadt her (neben der Treppe von Araceli) eine breite Rampe hinauf zur Einsattelung, der Piazza di Campidoglio. Am obern Ende der Rampe stehen auf kräftigen Piedestalen die antiken Statuen von Kastor und Pollux mit ihren Pferden, während die Mitte des Platzes die schöne, einst ganz vergoldete bronzene Reiterstatue des Kaisers Mark Aurel einnimmt. Im Hintergrund erhebt sich der Senatorenpalast mit der erwähnten Freitreppe, schöner Brunnenanlage und viereckigem Turm, südwestlich der Konservatorenpalast (mit einer ausgezeichneten Sammlung antiker Bronzen, Marmorstatuen, Reliefs, einer etruskischen Sammlung, Büsten berühmter Männer, einer Gemäldesammlung), gegenüber das berühmte kapitolinische Museum (Museo Capitolino), das eine ausgezeichnete Sammlung von Antiken, eine Schöpfung der Päpste, enthält. Vgl. Jordan, K., Forum und Sacra Via (Berl. 1881) und Topographie der Stadt Rom, Bd. 1, Abt. 2 (das. 1885); Righetti, Descrizione del Campidoglio (Rom 183550, mit 390 Tafeln); Helbig, Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer Altertümer in Rom, Bd. 1 (2. Aufl., Leipz. 1899); Hülsen, Bilder aus der Geschichte des Kapitols (Rom 1899); Rodocanachi, Le capitole romain antique et moderne (Par. 1904).
Nach dem Vorbilde des Kapitols in Rom besaßen übrigens auch andre Städte des römischen Reiches Kapitole als munizipale und religiöse Zentren, z. B. Verona, Benevent, Cirta und Lambäsis in Numidien, Visontio etc. (vgl. Kuhfeldt, De capitoliis imperii romani, Berl. 1883), wie denn auch der Palast des Vereinigten Staaten-Kongresses in Washington den Namen K. führt.