[294] Leberegelkrankheit (Distomatosis, Egelseuche, Leberfäule, Anbrüchigkeit) der Schafe und Rinder entsteht durch Aufnahme der letzten Larvengeneration der Leberegel (s. d.) beim Weidegang. Nasse Witterung bietet der Wurmbrut günstige Entwickelungsbedingungen; tiefliegende, ständig nasse Weideflecke sind daher stets verdächtig und für Schafe zu vermeiden. Der mit der Gegend vertraute Schäfer muß solche Stellen kennen und kann zur Verantwortung gezogen werden, wenn er die Schafe darauf »verhütet«. Da meist viele Tiere denselben Fleck beweiden, so tritt die L. als Herdenkrankheit (s. d.) auf und wird unrichtig auch als Seuche bezeichnet (vgl. Bandwurm-, Lungenwurm-, Magenwurmseuche). Die Aufnahme einer geringen Zahl von Egeln bringt den Tieren keinen Schaden. Nur wenn große Teile der Leber mit einer Menge von Egeln überschwemmt werden, entsteht die L. Unter ungünstigen Umständen genügt schon ein wenige Stunden langes Weiden zur Aufnahme einer gefahrbringenden Menge Egelbrut. Selbst durch im Stall verabreichtes Grünfutter kann die L. erzeugt werden; in vereinzelten Fällen scheint die Egelbrut sich sogar in (schlechtem, feuchtem) Heu erhalten zu haben. Die mit dem Futter aufgenommene Egelbrut wandert vom Zwölffingerdarm durch den hier mündenden Gallengang in die Leber, verteilt sich in den Gallengangästen und wächst hier aus. Die Gallengangäste erkranken und sondern Schleim ab. Durch die Egel, den Schleim und die sich anstauende Galle, in der sich Kalkkonkremente absetzen, werden die Gänge verlegt und erweitert. Ihre Wände verdicken sich dabei beträchtlich, so daß sie schließlich harte, weiße, umfangreiche Stränge bilden, deren kalkigkrümeliger Inhalt unter dem einschneidenden Messer knirscht. Die Egel dringen auch in die Lebersubstanz und erzeugen hier Blutungen und Zerstörung. In den erkrankten Partien nimmt schließlich das tätige Drüsengewebe ab, es kommt zu narbigen Zusammenziehungen und totaler Schrumpfung. Durch die verringerte Gallenerzeugung leidet die Verdauung (Abmagerung) und damit die Blutbereitung (Bleichsucht); die Leberschrumpfung bedingt Blutstauung im Pfortadergebiet, die Bauch- und Hautwassersucht (Bildung teigiger Anschwellungen) nach sich zieht. Junge und schwächliche Schafe gehen dann in großer Zahl an Abzehrung (Kachexie) zugrunde, ältere kräftige oder nicht hochgradig befallene Schafe überstehen die L., deren Behandlung sich auf kräftige Ernährung beschränkt. Da die Aufnahme der Brut während der ganzen Weidezeit stattfinden kann und einige Wochen bis zur Ausbildung der Leberveränderungen vergehen, so entwickelt sich die Krankheit meist im Herbst und Winter. Die Sektion rasch sterbender Schwächlinge in der Herde gibt sichern Aufschluß. Im nächsten Frühjahr verschwinden die Egel von selbst, die erzeugten Veränderungen bleiben jedoch bestehen. Daher kann auch die Gesundheitsstörung andauern und noch später tödlich werden. Distomum hepaticum und D. lanceolatum erzeugen bei Schafen dieselben Erscheinungen. Die erstere Art ist allgemeiner verbreitet, die letztere kommt besonders in bestimmten Gegenden, z. B. in Thüringen, häufig vor. Bei Rindern sind Leberegel ebenfalls sehr häufig; wegen der Größe der Rindsleber reicht ihre Zahl aber meist nicht aus, um die Leberfunktion so zu beeinträchtigen, daß eine allgemeine Gesundheitsstörung entstünde. Doch sind auch bei Rindern Erkrankungen und selbst tödliche Abzehrung durch große Mengen von Egeln (es sind bis 1000 Stück in einer Leber gefunden worden) nicht ausgeschlossen. Bei ältern Schlachttieren, auch bei Schweinen, finden sich sehr häufig Distomen in der Leber (deren veränderte Teile als genußuntauglich zu beseitigen sind), obwohl die Tiere gut genährt sind. Gelegentlich verirren sich Distomen auch in andre Organe. Beim Wild sind sie ebenfalls häufig. Frösche und Kröten sollen unter der Leberegelbrut erfolgreich aufräumen.