Legouvé

[328] Legouvé (spr. löguwé), 1) (Le Gouvé) Jean Baptiste, franz. Dichter, geb. 23. Juni 1764 in Paris, gest. daselbst 1. Sept. 1812, schrieb die frostigen Dramen: »La mort d'Abel« (nach Geßner, 1792), »Épicharis, ou la mort de Néron« (1793) und andre, die geringern Erfolg hatten. Er begründete seinen Ruhm durch das Gedicht »Le mérite des femmes« (1800), ein Loblied auf das schöne Geschlecht, das über 40 Auflagen erlebt hat. Seine »Œuvres« sammelten Bouilly und Malo (Par. 1826, 3 Bde.).

2) Ernest, franz. Theaterdichter und Schriftsteller, Sohn des vorigen, geb. 15. Febr. 1807 in Paris, gest. daselbst 14. März 1903, erlangte schon 1827 mit einem Gedicht über die Buchdruckerkunst einen Preis der Akademie und trat dann als Romanschriftsteller mit »Max« (1833), »Édith de Falsen« (1840) u.a. vor die Öffentlichkeit, aber ohne besondern Erfolg. Erst eine Reihe von Vorlesungen, die er 1847 als Dozent am Collège de France über die Entwickelungsgeschichte der Frauen hielt und später in den Werken: »Histoire morale des femmes« (1848, 8. Aufl. 1896) und »La femme en France au XIX. siècle« (1864) veröffentlichte, erregte die Teilnahme des gebildeten Publikums und wandte ihm insbes. den Teil desselben zu, der fortan seinen treuesten Anhang bildete: die Frauen der höhern Stände. Einen verwandten Ton schlug er später mit demselben Erfolg in »La science de la famille« (1867) und in »Messieurs les enfants« (1868) an, einer launigen Verherrlichung des französischen Kindes als Alleinherrschers im Hause, die ihm das Herz aller Mütter gewann. Inzwischen war L. auch als Dramatiker aufgetreten und hatte das Glück, daß drei große Tragödinnen in von ihm entworfenen Rollen sich auszeichneten: Mademoiselle Mars in »Louise de Lignerolles« (mit Dinaux), die Rachel in »Adrienne Lecouvreur« (mit Scribe, 1849) und Adelaïde Ristori in der Tragödie »Médée«. Andre Stücke von L. sind: »Bataille de dames« und »Les contes de la reine de Navarre« (beide mit Scribe, 1851); »Par droit de conquête« (1855); »Le Pamphlet« (1857); »Les doigts de fée« (mit Scribe, 1858); »Béatrix« (nach seinem eignen Roman »Béatrix, ou la Madone de l'art«, 1861); »Un jeune homme qui ne fait rien« (1861); »Les deux reines de France« (1865, 4. Aufl. 1872; lange Jahre von der Zensur verboten); »Miss Suzanne« (1867); »Anne de Kerviler« (1880) und »La Considération« (1880). Von sonstigen Werken erwähnen wir: »Les pères et les enfants au XIX. siècle« (1867–69, 2 Bde.; neue Ausg. 1903), ein Teil der öffentlichen Vorträge, die L. unter großem Andrang des Publikums über die Familienfrage, die Frauenfrage, über Erscheinungen der Literatur und Kunst etc. seit länger als zwei Jahrzehnten zu halten pflegte; ferner: »Nos filles et nos fils« (3. Aufl. 1901) und »L'art de la lecture« (3. Aufl. 1902); »La lecture en action« (1881; neue Ausg. mit den vorigen u. d. T.: »La lecture en famille«,[328] 1882) und die inhaltreichen »Soixante ans de souvenirs« (1886–87, 2 Bde.; Ausg. in 4 Bdn. 1888); »Fleurs d'hiver, fruits d'hiver; histoire de ma maison« (1890); »Une élève de seize ans« (1890); »Étude sur le stile des poètes du XVII. siècle« (1904). L. war seit 1855 Mitglied der Akademie.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 328-329.
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