Marienbad [2]

[294] Marienbad, Stadt und berühmter Kurort in Böhmen, liegt 628 m ü. M. in einem anmutigen, gegen S. offenen Talkessel, der von mit Fichtenwaldungen bedeckten Anhöhen (Abdachungen des Tepler Gebirges) umschlossen ist, an den Staatsbahnlinien Wien-Eger und M.-Karlsbad. Die Stadt ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts und hat eine 1851 im byzantinischen Stil erbaute[294] kath. Kirche, eine evangelische, eine russische und eine anglikan. Kirche und eine Synagoge, ein Theater, Stadthaus, Kursaal, 4 Badehäuser, darunter das große Neubad (1895) in italienischer Renaissance und das Zentralbad, neue Kolonnaden (beim Kreuzbrunnen), ein Militär- und ein Beamtenkurhaus, ein Krankenheim und zwei Hospitäler für Unbemittelte, Denkmäler der um die Entwickelung von M. verdienten Ärzte Nehr und Heidler sowie des Abtes Reittenberger, elektrische Beleuchtung und Straßenbahn, eine Trink- und Nutzwasserleitung (mit großartiger Talsperre im Maxtal), Sparkasse und (1900) 4617 deutsche Einwohner. Von den Quellen, die sich sämtlich im Besitze des Prämonstratenserstiftes Tepl befinden, werden 7 zum Trinken und Baden, eine, die Marienquelle, nur zum Baden benutzt; sie haben eine Temperatur von 9–11,8°. Die wichtigsten Quellen, zugleich die stärksten bekannten Glaubersalzwässer sind der Kreuzbrunnen und der Ferdinandsbrunnen, Schwächere Glaubersalzquellen sind die Alfred-, Alexandrinen- und die Waldquelle. Eine zweite Gruppe bilden die Eisenquellen, der Ambrosius- und der Karolinenbrunnen. Endlich besitzt M. die erdig-alkalische Rudolfsquelle. Die bereits erwähnte, nur zum Baden benutzte Marienquelle ist arm an Salzen, dagegen reich an freier Kohlensäure. Über die Zusammensetzung der wichtigsten Heilquellen von M. vgl. die Tabelle »Mineralwässer II«. Die zur Anwendung kommenden Bäder sind: Kohlensäure- und Stahlbäder, Moorbäder, die aus dem verwitterten Eisenmoor der bei M. vorhandenen Moorlager bereitet werden, Gas-, Dampf-, Heißluftbäder und Kaltwasserkuren. Die Quellen von M. werden mit Erfolg benutzt von plethorischen Personen mit Hämorrhoiden, Fettbauch, Fettleber, habitueller Obstruktion, bei Kongestionen nach Kopf und Brust, Gehirnhyperämie, bei Rheumatismus, Gicht, chronischen Katarrhen der Atmungsorgane, chronischen Krankheiten der Harnorgane, Diabetes, Frauenkrankheiten etc. Der Ambrosius- und der Karolinenbrunnen haben die gewöhnlichen Wirkungen der Eisenquellen. Die Zahl der Kurgäste betrug 1904: 26,410, der Versand von Mineralwasser jährlich 1 Mill. Flaschen. Außerdem werden namhafte Quantitäten durch Abdampfen gewonnenen Brunnensalzes (pulverisiert und kristallisiert) und Brunnenpastillen versendet. M. ist reich an schönen Spaziergängen und Aussichtspunkten, unter denen die Friedrich Wilhelms-Höhe (735 m), der Mecserytempel, die Carolahöhe, der Goethesitz, der Kaiserturm (716 m) und die Hohendorfer Höhe (776 m) zu den beliebtesten gehören. In weiterer Entfernung liegen: 4 km östlich der basaltische, 846 m hohe Podhorn mit schöner Aussicht; 11 km östlich Stift und Stadt Tepl (s. d.); 8 km nordwestlich der Badeort Königswart (s. d.). – Die Heilquellen von M. waren schon seit langer Zeit in der Umgegend bekannt; die ersten Badeeinrichtungen wurden aber erst 1808 geschaffen, wobei M. seinen Namen erhielt. 1818 wurde M. zum Kurort und 1868 zur Stadt erhoben. Vgl. Kisch, M., seine Umgebung und Heilmittel (14. Aufl., Marienb. 1895), Ärztlicher Ratgeber für kranke Frauen in M. (das. 1884), Die Marienbader Moorbäder (das. 1889), Marienbads Heilmittel für Herzkranke (das. 1904); Heidler-Heilborn, Der Kurort M. (5. Aufl., das. 1897); Lucca, Zur Orientierung in M. (17. Aufl., das. 1900); Sterk, Marienbad (2. Aufl., Wien 1887); »Illustrierter Führer der Kurstadt M.«, herausgegeben vom Stadtrat (Marienb. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 294-295.
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