[707] Hämorrhoiden (griech., Blutfluß, im engern Sinne Mastdarmblutung), Blutungen aus krankhaft erweiterten, knolligen oder wurmförmig gewundenen Mastdarmblutadern (Hämorrhoidalknoten). H. entstehen meist in höherm Lebensalter, sind bei Männern häufiger als bei Frauen. Begünstigt wird ihre Entstehung, die immer von Erkrankung der Gefäßwand abhängt, durch langes Verweilen harter Kotballen im Mastdarm, die den Blutumlauf mechanisch erschweren, durch Stauungen im Pfortaderkreislauf, z. B. bei Leberkrankheiten, ferner durch sitzende Lebensweise, die Stauung befördernd wirkt, langdauerndes tägliches Reiten, Mißbrauch starker Abführmittel, erschlaffender warmer Klistiere, durch Geschwülste, die den Blutabfluß hindern, langes Zurückhalten des Harns, chronische Entzündungen der Mastdarmschleimhaut etc. Äußere Knoten sitzen am Afterrand, innere höher im Darm; erstere sind teils von Haut, teils von Schleimhaut, die innern nur von Schleimhaut überzogen, sie erreichen Bohnen-, Haselnuß-, selten Kirsch- bis Taubeneigröße, fühlen sich ziemlich derb an, sind zuweilen wie Polypen gestielt oder sitzen mit breiter Basis der Aftermündung auf. Die Symptome der äußern Knoten bestehen in höchst lästigem Jucken, in Schmerzen beim Stuhlgang, Stuhldrang unmittelbar nach der Entleerung; ferner führen sie zu lästigen Entzündungen, oberflächlichen Verschwärungen, selten zu Brand und gefährlicher Blutaderentzündung. Die innern Knoten sind fast immer mit Katarrh der Mastdarmschleimhaut verbunden (sogen. Schleimhämorrhoiden); sie sind weniger lästig, reizen durch das Gefühl der Schwere und Spannung zum Stuhlgang, der dann aber häufig genug wegen seiner Schmerzhaftigkeit über Gebühr hinausgeschoben wird; hierdurch wird von neuem Verhärtung der Kotmassen und Verstopfung veranlaßt. Häufig fühlen sich die Kranken matt und abgeschlagen; das durch die entzündliche Reizung und durch die krankhafte Absonderung[707] hervorgerufene immerwährende Jucken und Stechen am After macht sie reizbar und nervös, die chronische Verstopfung und die dadurch bedingte Behinderung des Blutumlaufes im Unterleib erzeugt öfters Eingenommenheit des Kopfes, ein Gefühl von Spannung im Unterleib, Schmerzen im Kreuz und Verdauungsbeschwerden; die Gemütsverstimmung kann sich bis zur Melancholie steigern. Wenn infolge von Blutüberfüllung der Mastdarmschleimhaut die Gefäße platzen und Blutung eintritt, so bringt dies häufig wesentliche Erleichterung, insofern infolge davon besonders die Spannung und der Druck im Kreuz nachlassen und auch die übrigen Erscheinungen verschwinden. Der alte Volksglauben, daß durch H. der Körper von vielen andern Übeln befreit bleibe (daher »güldene Ader«), entbehrt jeder Begründung. Selbständige Rückbildung der Knoten ist selten und erfolgt meistens erst im höhern Greisenalter. Wegen der drohenden Gefahr einer Blutgerinnung innerhalb der Knoten, Embolie oder Venenentzündung, bei starken Schmerzen, namentlich aber wegen allzu starker Blutungen, ist die operative Entfernung größerer Knoten zu empfehlen. Im übrigen richtet sich die Behandlung womöglich auf das ursächliche Übel, d. h. also Entfernung verhärteter Kotballen, Erzielen eines regelmäßigen, weichen Stuhlganges, Vermeiden mechanischer Reizungen, wie Reiten, Radfahren, anhaltendes Sitzen u. dgl., Bekämpfung bereits eingetretener Blutarmut durch kräftigende Nahrung. Wünschenswert ist reichliche Bewegung durch Gehen, Turnen etc. Zur Regelung des Stuhlganges dient vor allem eine nicht zu reichliche reizlose, an Rückstand arme Kost unter Bevorzugung von zarten Gemüsen, Obst, Milch etc., daneben lauwarme oder kühle Einläufe; Abführmittel sind nur mit Vorsicht zu gebrauchen. Auch Trinkkuren in Kissingen, Homburg und ähnlichen Kurorten sind bewährt. Heftige Blutungen müssen gestillt werden, zumal bei blutarmen Individuen. Am sichersten geschieht dies durch kalte Klistiere, im Notfall mit Zusätzen von Gerbsäure, Eisentinktur, oder durch Einführung eines Tampons. Zur Zurückhaltung innerer Knoten, die, wenn nach unten gedrängt, durch den Druck des Afterschließmuskels eingeklemmt werden und stark schmerzen, sind keulenförmige Pessare aus Gummi empfehlenswert, die, unter Umständen mit schmerzstillender Salbe bestrichen, in den After eingeführt, vermöge ihrer Gestalt durch den elastischen Schließmuskel in der richtigen Lage gehalten werden und einen dauernden Druck auf die Knoten ausüben. Die Entfernung der Hämorrhoidalknoten geschieht durch Abbinden, besser aber vermittelst blutiger Operation, Exstirpation mit dem Messer oder mit der galvanokaustischen Schlinge, auch durch Abbrennen der Knoten mit Glüheisen oder Paquelin.