Pastellmalerei

[490] Pastellmalerei, diejenige Gattung der Malerei, bei der man mit trocknen Farben in Form von etwa 7 cm langen Stiften (ital. pastello) auf Papier, Pappdeckel oder meist auf für diesen Zweck präparierte Leinwand mit filzartiger Oberfläche zeichnet. Das Pastellpapier wird auf Blendrahmen fest aufgeklebt, Pastelleinwand wie bei der Ölmalerei auf Blendrahmen gespannt. Die Zahl der Farbennuancen beträgt gegen 400. Man unterscheidet harte, halbharte und weiche Stifte. Die durch die Farbenstifte aufgetragenen Farben werden mit dem Finger oder Borstenpinseln von verschiedener Breite auf dem Papier verrieben. Durch das geschickte Auftragen und gute Verreiben wird die Oberfläche der Farbe an den Körper, worauf man malt, mehr fixiert, und es entsteht dadurch eine Art Rauheit, der sogen. Samt. Dieser Samt hat aber wenig Dauer, da durch jede Erschütterung die Farbeteilchen abfallen und infolge davon die Kraft wie die Zartheit der Töne verloren geht. Man hat daher schon oft Versuche gemacht, Pastellgemälde zu fixieren und den Samt festzuhalten, ohne jedoch ein allgemein befriedigendes Resultat zu erzielen. Nach einem Rezept von Ortlieb bedient man sich eines dichten, nicht geleimten Papiers, auf dessen Rückseite man eine Lösung von Wasserglas eindringen läßt, wodurch die Malerei fixiert wird. Staub, Einwirkung des Sonnenlichtes und Feuchtigkeit sind die Ursachen zur innern Zerstörung der Pastellgemälde. und es ist daher am sichersten, sie durch Verglasung zu schützen. Die natürliche Frische der Farben, die nicht, wie bei der Ölmalerei, erst mit Firnis versetzt werden, sowie die zarte Weichheit geben dieser Malerei, soweit ihre Grenze geht, eine außerordentliche Anmut; in vorzüglichem Grad ist sie für Porträtmalerei geeignet. Der Ursprung der P. wird von einigen ins 15., von andern ins 16. Jahrh. zurückgeführt; doch bildete sie sich erst im 18. Jahrh. als selbständiger Zweig der Malerei heraus. Diese Kunst, mit farbigen Stiften den Eindruck einer Persönlichkeit auf das Papier gleichsam hinzuhauchen, ist für die Rokokozeit besonders charakteristisch. In Frankreich waren La Tour, Liotard und Vivien (1657–1736), in Italien Rosalba Carriera (1675–1757), in Deutschland R. Mengs (1728–79) hervorragende Pastellmaler. Am besten sind ihre Meister im Louvre und in der Dresdener Galerie vertreten. In neuerer Zeit ist die P. wieder stark in Aufnahme gekommen, besonders für Bildnisse, Studienköpfe, Einzelfiguren und Landschaften. Bisweilen wird sie auch mit Aquarell- und Temperafarben verbunden, die zur Untermalung dienen. Vgl. Karl Robert (G. Meusnier), Le pastel (2. Aufl., Par. 1890); Ritscher, Anleitung zur P. (4. Aufl. von Broecker, Leipz. 1900); Raupp, Katechismus der Malerei (4. Aufl., das. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 490.
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