Plymouth [1]

[49] Plymouth (spr. plímmöth), Stadt und Grafschaft an der Südwestküste Englands, am Plymouthsund (s. d.), einer Bai des Kanals (La Manche), in die der Tamar, Plym und kleinere Flüßchen münden.

Lageplan von Plymouth.
Lageplan von Plymouth.

Das Ästuarium des Tamar, Hamoaze genannt, bildet den Hafen für die Kriegsschiffe, das Ästuarium des Plym, Cattewater, mit den beiden Buchten Sutton Pool und Millbai, den für die Kauffahrteischiffe. P., der zweite Kriegshafen des britischen Reiches (der erste ist Portsmouth), besteht aus drei früher voneinander getrennten, jetzt aber durch Anbau miteinander vereinigten Städten, nämlich aus dem eigentlichen P., Devonport und East Stonehouse. P. ist die älteste der drei Städte und hat daher zum Teil enge und steile Straßen. Unter den gottesdienstlichen Gebäuden ist die St. Andreaskirche (mit Turm von 1460, 1874[49] bis 1875 von G. G. Scott restauriert) die älteste; die gotische Kirche King Charles the Martyr ist zwischen 1640 und 1657, die katholische Kathedrale im frühenglischen Stil ist 1858 erbaut. Ferner sind zu bemerken ein 1872–74 im gotischen Stil errichtetes Rathaus mit Gerichtshöfen, das Postamt (1884), die Markthalle, das Stadtamt, die Kornbörse, 3 Lateinschulen, ein Seminar der Dissidenten (Western College), eine jüdische Schule, eine Gewerbeschule, ein Athenäum (mit Museum und Bibliothek), eine städtische Bibliothek (von W. Cotton geschenkt), ein großes Theater, Krankenhaus, Handwerkerinstitut und zahlreiche Wohltätigkeitsanstalten. Den Sund beherrscht die Hoe genannte Höhe, wo die 1670 erbaute Zitadelle und ein reizender Garten mit Denkmal Drakes (seit 1884) und dem Armadadenkmal (1890) sich befinden; im Vordergrund liegen die stark befestigte St. Nicholas-Insel und Mount Edgcumbe (Landsitz des Grafen von Mount Edgcumbe, ein Schloß aus dem 16. Jahrh. mit Gemäldegalerie und einem großen Park mit schöner Aussicht auf die Bai), in der Ferne erblickt man den Leuchtturm von Eddystone (s. d.). Devonport hat ein großartiges Seearsenal (1689 angelegt), das jetzt ein Areal von 29 Hektar einnimmt und 4000 Menschen beschäftigt, große Kasernen auf Mount Wife, wo eine Statue Lord Seatons steht, ein Rathaus (dabei eine dorische Säule), eine kath. Kirche, das Royal Albert-Hospital und ist der Sitz der Militärbehörden. East Stonehouse, die neueste der drei Städte, mit Devonport und dem Vorort Stoke Damerel durch zwei Brücken verbunden, liegt zwischen den beiden andern und enthält den großen, 5,7 Hektar einnehmenden Royal William Victualling Yard (mit Bäckerei, Brauerei etc.), über dessen Eingang eine Statue Wilhelms IV. steht, ferner ein großes Seehospital (für 1200 Kranke) und Marinekasernen; sodann ein großartiges Stadthaus im italienischen Stil (mit Grafschaftshalle) und ein Theater (1889). P. ist eine der stärksten Festungen Englands. Den Eingang zum Hafen verteidigen gepanzerte Batterien, die von Karl II. errichtete Zitadelle von P. und ein Fort auf Mount Wife in Devonport. Letztere Stadt ist von alten Wällen umgeben. Eine Reihe vorgeschobener Forts umgibt die drei Städte auf der Landseite. Diese Werke sind mit 900 Kanonen besetzt und bedürfen zu ihrer Verteidigung 15,000 Mann. P. ist vor allem wichtig als Kriegshafen, in dem fortwährend ein Teil der englischen Flotte liegt. Dieser Hafen, in dem über 100 Schiffe in einer Reihe nebeneinander ankern können, ist durch die Hügel, welche die Stadt umgeben, vollständig gegen Stürme und durch einen Wellenbrecher (breakwater) von 1554 m Länge gegen die vom Meer her andringenden Wogen geschützt. Dieses Werk wurde 1812–40 mit einem Kostenaufwand von 11/2 Mill. Pfd. Sterl. erbaut; bei den Einfahrten befinden sich zwei Leuchttürme. Das Trinkwasser erhält P. durch eine von Sir Francis Drake angelegte, 59 km lange Wasserleitung aus dem Dartmoor; auch hat die Stadt große Seebäder. Die Bevölkerung der eigentlichen Stadt P. beträgt (1901) 107,636, von Devonport 70,437, von East Stonehouse 15,111 Einw., die Gesamtbevölkerung mithin über 193,000 Seelen. Die industrielle Tätigkeit ist in P., abgesehen von den öffentlichen Anstalten, nur unbedeutend und beschränkt sich fast einzig auf den Schiffbau (damit waren 1901: 2584 Arbeiter in P. und Devonport beschäftigt) und die damit zusammenhängenden Gewerbe. P. unterhält einen sehr lebhaften Handel mit Argentinien, woher viel Getreide eingeführt wird. Außerdem erstreckt sich die Einfuhr auf Zucker, Holz, Petroleum, künstlichen Dünger, Hans. Es besitzt (1903) 319 Seeschiffe von 79,374 Ton. und 208 Fischerboote, und 1903 liefen 3349 Schiffe von 1,045,215 Ton. (darunter 2727 Küstenfahrer von 775,688 Ton.) ein. Die Einfuhr (vom Ausland) betrug 1903: 1,497,946 Pfd. Sterl., die Ausfuhr britischer Produkte 115,146 Pfd. Sterl. P. ist Sitz eines deutschen Konsuls und eines katholischen Bischofs. P. ist gleich Devonport 1888 von Devonshire abgetrennt, nur East Stonehouse gehört noch zu dieser Grafschaft. – P. hieß zur Sachsenzeit Tameorworth, später Sutton (Südstadt) und erhielt seinen jetzigen Namen 1434, als ihm ein Freibrief verliehen ward. Im 14. und 15. Jahrh. litt es wiederholt durch französische Angriffe; 1512 wurden die Befestigungen der Stadt verstärkt. Im Bürgerkrieg stand P. auf seiten des Parlaments und wurde von den Royalisten vergebens belagert. Am 26. Aug. 1652 schlug de Ruyter vor P. die englische Flotte unter Ayscue und sicherte dadurch den Holländern die Fahrt durch den Kanal. Devonport wurde 1824 zur Stadt erhoben (eine dorische Säule erinnert daran). Die jetzigen Festungswerke sind seit 1862 erbaut worden. Vgl. Jewitt, History of P. (Lond. 1873); Worth, History of P. (2. Aufl. 1891); F. M. Williams, P. as a tourist and health resort (Plymouth 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 49-50.
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