Serbokroatische Sprache

[367] Serbokroatische Sprache, gehört zu den südslawischen Sprachen (s. Slawische Sprachen) und umfaßt folgendes Gebiet: Königreich Serbien, Bosnien, Herzegowina, Montenegro, Altserbien (Rascien), Dalmatien, Kroatien und Slawonien (hinsichtlich der Sprache in den Komitaten Agram, Warasdin und Kreutz s. Slowenische Sprache) und einen Teil von Südungarn. Val. Kiepert, Völker- und Sprachenkarte von Österreich und den untern Donauländern (Berl. 1869) und Ethnographische Übersicht des europäischen Orients (das. 1876). Die s. S. zerfällt in drei Hauptmundarten: 1) die östliche, gesprochen im östlichen Teile des Königreichs Serbien, einem Teile von Altserbien, in Syrmien und Südungarn; 2) die südliche, gesprochen im westlichen Teile des Königreichs Serbien, in Bosnien mit Ausnahme der Krajina, in der Herzegowina, einem Teile von Dalmatien und in Montenegro; 3) die westliche, gesprochen in einem Teile von Dalmatien, in Kroatien südlich von der Kulpa, in Bosnien westlich vom Vrbas, in dem größten (namentlich östlichen) Teile von Istrien und in Slawonien mit Ausnahme von Syrmien. Die östliche und südliche Mundart bilden zusammen die serbische Sprache, die westliche dagegen heißt die kroatische (chorvatische) Sprache. Das Serbische und das Kroatische sind nur dialektische Varietäten ein und derselben Sprache; jedoch schreiben die Serben mit cyrillischen Buchstaben (s. Cyrillica), die Kroaten mit lateinischen. Übrigens pflegen als Schriftsprache auch die Kroaten sich der südlichen Mundart zu bedienen. Charakteristisch für die s. S. ist die vierfache Betonungsweise (kurz fallend, kurz steigend, lang fallend, lang steigend). Ein besonderer Vorzug speziell des Serbischen ist die ausgezeichnete, von Vuk Stef. Karadžić (s. d.) eingeführte, streng phonetische Orthographie, deren sich in solcher Vollkommenheit wohl kaum eine zweite Sprache erfreuen dürfte. Zur Aussprache ist zu bemerken: c = ts, č = hartes tsch, ć = weiches tsch, š = sch, z = weiches s, ž = weiches sch (französisches j), v = w, das r (Zungen-r) ist, wenn es Silben bildet, Halbvokal. Die erste wissenschaftliche serbische Grammatik lieferte V. St. Karadžić (als Einleitung zu seinem Wörterbuch, Wien 1818; deutsch und mit Vorrede von Jakob Grimm, Leipz. u. Berl. 1824); alsdann ist zu nennen: Daničić, Mala srpska gramatika (Wien 1850; gänzlich umgearbeitet u. d. T.: »Oblici« etc., Belgr. 1863; 8. Aufl., Agram 1892) sowie seine andern musterhaften grammatischen Werke (s. Daničić), ferner Budmani, Grammatica della lingua serbo-croata (Wien 1867), und Novaković, Srpska gramatika (Belgr. 1895). Lehrbücher zur praktischen Erlernung der serbokroatischen Sprache sind die Grammatiken von Berlić (Wien 1854), Fröhlich (2. Aufl., das. 1870), Parčić (ital., 2. Aufl., Zara 1878), Boškovic (4. Aufl., Pest 1883), Vymazal (Brünn 1883), Muza (2. Aufl., Wien, Pest, Leipz. o. I.), Marn (Agram 1887) u. a. Wörterbücher von Karadžić (»Serbisch-deutsch-lateinisches Wörterbuch«, Wien 1818; 2. Aufl. u. d. T.: »Lexicon serbico-germanico-latinum«, das. 1852; 3. Aufl., Belgr. 1892–98; »Deutsch-serbisches Wörterbuch«, hrsg. v. Miklosich, das. 1877), Filipović (»Neues Wörterbuch der kroatischen und deutschen Sprache«, 2. Aufl., Agram 1887, 4 Bde.), Popović (»Wörterbuch der serbischen und deutschen Sprache«, 2. Aufl., Pancsova 1886 u. 1895, 2 Tle.), Iveković und Broz (»Rječnik hrvatskoga jezika«, Agram 1901, 2 Bde.). Ein großes WörterbuchRječnik hrvatskoga ili srpskoga jezika«) gibt seit 1880 die Agramer Akademie heraus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 367.
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