Wesel [1]

[549] Wesel, 1) Stadt und Festung im preuß. Regbez. Düsseldorf, Kreis Rees, am Einfluß der Lippe in den Rhein (Eisenbahnbrücke, 1872 bis 1873 erbaut), Knotenpunkt der Staatsbahnlinien W.-Haltern, Oberhausen-Emmerich, W.-Winterswijk u. a., 27 m ü. M., hat 3 evang. Kirchen (darunter die Willibrordkirche, zwischen 1424 und 1540 im spätgotischen Stil erbaut, 1883–96 restauriert, und die Mathenakirche von 1429, mit 102 m hohem Turm), 2 kath. Kirchen, eine Synagoge, ein 1390–96 im altgotischen Stil erbautes Rathaus, ein 1417 vom Herzog Adolf von Kleve erbautes Schloß (jetzt Wohnung des Kommandanten), einen Hafen etc.

Wappen von Wesel.
Wappen von Wesel.

Die Festungswerke sind mit Ausnahme der Zitadelle und von 4 Außenforts seit 1890 geschleift. Auf dem Exerzierplatz steht ein 1835 errichtetes Denkmal zur Erinnerung an die elf preußischen Offiziere des Schillschen Freikorps, die am 16. Sept. 1809 auf Napoleons I. Befehl hier erschossen wurden, den Kaiserplatz ziert ein Standbild Kaiser Wilhelms I., den Marktplatz das Kriegerdenkmal. Die Zahl der Einwohner belief sich 1905 mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 57,2 Infanteriebataillone Nr. 56, ein Feldartillerieregiment Nr. 43 und eine Abteilung Feldartillerie Nr. 7) auf 23.237 Seelen, davon 10,070 Evangelische und 248 Juden. Die Stadt hat 2 Zuckerraffinerien, 2 Dampfziegeleien, Zement- und Tonwerke, eine Porzellanfabrik, Drahtzieherei, ein Bleiwalzwerk, Farben-, Lack-, Zementwaren- und Seifenfabrikation, Schiffbau, 2 Dampfsägewerke etc. Der Handel, unterstützt durch eine Reichsbanknebenstelle und eine Handelskammer, ist besonders lebhaft in Getreide und Holz, Kolonial-, Eisen-, Kurz- und Galanteriewaren sowie in Tabak, auch findet lebhafter Speditionshandel statt. W. hat ein Gymnasium mit Realschule, das Niederrheinische Museum, ein evangelisches und ein kath. Waisenhaus, viele milde Stiftungen etc. und ist Sitz eines Stadtkommandanten, eines Amtsgerichts, eines Landratsamtes für den Kreis Rees, eines Hauptsteueramtes, einer Spezialkommission und der Niederrheinischen Güterassekuranzgesellschaft. In der Nähe der Truppenübungsplatz Friedrichsfeld. – W., anfangs Reichsgut, kam im 13. Jahrh. an die Grafen von Kleve, wurde 1241 Stadt, fiel 1368 an den Grafen Engelbert III. von der Mark und nach dessen Tod 1391 wieder an Kleve zurück. Trotz dieser Untertänigkeit galt W. noch 1521 als Reichsstadt, besonders wegen der vom Grafen Johann (1347–68) verliehenen Privilegien, gehörte auch dem Hansebund an. Im jülich-klevischen Erbfolgestreite (s. Jülich) nahmen die Spanier unter Spinola 6. Sept. 1614 W. und behaupteten es bis 18. Aug. 1629, worauf es die Holländer längere Zeit besetzt hielten. 1672–74 und während des Siebenjährigen Krieges war W. in französischen Händen. Im Vertrag von Schönbrunn 15. Dez. 1805 an Napoleon I. abgetreten, kam W. 1806 an das Großherzogtum Berg, ward 1810 Frankreich einverleibt und fiel 1814 an Preußen. Vgl. Gantesweiler, Chronik der Stadt W. (Wesel 1881); Wolters, Reformationsgeschichte der Stadt W. (Bonn 1868); Reinhold, Verfassungsgeschichte Wesels im Mittelalter (Bresl. 1888). – 2) S. Oberwesel.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 549.
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