Fraunhofer

[662] Fraunhofer, Joseph von F., geb. 6. März 1787 zu Straubing in Baiern, trieb erst das Handwerk seines Vaters, eines Glasers, kam dann zu einem Drechsler u. dann zu einem Glasschleifer in München in die Lehre, wurde dort in einem einstürzenden Hause verschüttet, jedoch gerettet u. in Folge dessen dem König Max Joseph von Baiern[662] empfohlen. Eine ihm von diesem gewährte Geldunterstützung wendete er zum Ankauf einer Glasschleifmaschine an. Seine optischen Gläser erwiesen sich bald so vorzüglich, daß er, als die Professoren Schieg u. von Utzschneider mit Reichenbach u. Liebherr in München u. Benedictbeuern 1806 eine Gesellschaft zur Fertigung optischer Instrumente errichteten, als technischer Director der Fabrik angestellt wurde. Bald machte er neue mechanische Erfindungen u. wurde 1809 als Theilnehmer an der Gesellschaft zu Benedictbeuern angenommen. Er erfand nun eine treffliche Polirmaschine für optische Gläser, erhielt 1811 auch die Glasschmelzerarbeiten unter seine Aufsicht, brachte eine Art Flintglas hervor, von dem auch die untersten Schichten dasselbe Brechungsvermögen hatten, wie die obersten, bereitete auch Crownglas, besser als das englische, u. schuf die vollkommensten achromatischen Fernröhre. 1814 schied Reichenbach aus der Gesellschaft, u. F. erhielt die Oberleitung des seit 1819 nach München verlegten Geschäfts. 1823 wurde er Conservator des Physikalischen Cabinets u. 1824 geadelt; er st. 7. Juni 1826 Seine Instrumente, vorzüglich sein Heliometer, sein Ringmikrometer, sind durch ganz Europa verbreitet. Einer seiner schönsten Instrumente ist sein Riesenrefractor für Dorpat, von 131 Pariser Fuß Länge u. von 9 Par. Zoll im Objectivglas Weite; derselbe vergrößert im Durchmesser 200–5000 mal, im Flächeninhalt 40,000 bis 422,5000 mal u. wiegt mit dem Stativ 3000 Pfund, worunter 1000 Pfund Messing, 450 Pfund Eisen, 300 Pfund Blei, das übrige Holz ist. Er übertrifft die Herschelschen u. Schröterschen Spiegelteleskope an Deutlichkeit u. Bequemlichkeit der Handhabung. Seitdem hat F-s Institut, das gegenwärtig von März u. Mahler geleitet wird, noch größere Refractoren geliefert, unter denen namentlich der für Pulkowa bei Petersburg u. der für Cambridge in Nordamerika, jeder mit 14 par. Zoll (15 englische Zoll) Öffnung u. 21 Fuß Brennweite, berühmt sind. Mit dem letzteren wurde 1847 die zweite Neptunsmond entdeckt. F. verdankt man auch die erste genaue Beobachtung u. Beschreibung der dunkeln Linien im Sonnenspectrum, etwa 600 an der Zahl, von denen allerdings einige Jahre zuvor 1802 Wollaston bereits die drei breitesten bemerkt hatte; sie tragen daher auch von F., der sie jedenfalls selbständig entdeckte, ihren Namen (Fraunhofers Spectrum). Mit Benutzung derselben hat F. die genauesten Beobachtungen über die Brechungsexponenten verschiedener Stoffe, namentlich Glasarten angestellt. (Schriften der Münchner Akademie 1814 u. 1815).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 662-663.
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