Gekrönter Dichter

[93] Gekrönter Dichter (Poëta laureatus), ein Dichter, welchem für eine od. mehrere ausgezeichnete Schöpfungen öffentlich ein Kranz aufs Haupt gesetzt worden ist. Schon bei den Griechen war es Gebrauch, Dichter feierlich zu bekränzen, welche in einem Wettstreite mit ihren Dichtungen den Sieg davon getragen hatten, u. während der Blütheperiode des Drama's in Athen fanden alljährlich derartige Wettstreite u. Dichterkrönungen Statt. Von den Griechen kam diese Sitte zu den Römern, deren Kaiser sich sogar herbeiließen Dichter u. Redner zu krönen. Auch die römisch-deutschen Kaiser singen im 12. Jahrh. an Dichtern u. Schriftstellern, welche sich auszeichneten, einen Lorbeerkranz aufzusetzen. So wurde u.a. David Scotus von Heinrich V., Äneas Sylvius von Friedrich III., Ulrich von Hutten von Maximilian I. öffentlich gekrönt. Diese Dichterkrönungen verloren aber an Bedeutung, als der letztgenannte Kaiser den Pfalzgrafen das Recht zustand, den Lorbeer nach ihren Gutdünken in des Kaisers Namen zu verleihen. Seit Ferdinand II. wurde die Befugniß zur Verleihung einer solchen[93] Auszeichnung den Reichshofgrafen überlassen, u. da in Folge dessen viele untergeordnete Geister sich den. Lorbeer zu verschaffen wußten, so kam der Gebrauch um alle Geltung. In neuerer Zeit nennt man Gekrönte Schriften solche literarische Erzeugnisse, welche bei einem akademischen Concurrenzausschreiben (s.d.) den Preis davon getragen haben.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 93-94.
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