Temeschvār

[352] Temeschvār (Temesvar), 1) bis 1860 Kreis des österreichischen Kronlandes Wojwodschaft Serbien u. Temescher Banat, zwischen Ungarn, dem Kreise Lugos, der Militärgrenze u. dem Kreise Groß-Becskerek; 106,77 QM. mit 298,000 Ew., größtentheils nichtunirte Griechen u. Katholiken, in zwei Städten, 13 Marktflecken u. 180 Dörfern. Das Land ist im östlichen Theile gebirgig, im westlichen eben u. zum Theil sumpfig, wird von den Flüssen Maros, Temesch, Berzava, Karas u.a. u. dem Begakanal durchflossen u. hat ein heißes, feuchtes u. mit Ausnahme der Gebirge ungesundes Klima; es ist äußerst fruchtbar, bringt Rindvieh, Schafe, Schweine, Wild, Überfluß an Getreide (bes. Weizen, Korn, Mais, auch Reis), Obst (bes. Aprikosen, Pfirsichen u. Zwetschen), Tabak, Flachs, Hanf, Safran, Wein; 2) seit 1860 ein ungarisches Comitat, aus dem vor. Kreisebestehend; 3) Hauptstadt darin u. königliche Freistadt, an der Temesch, dem Begakanäle u. an der südöstlichen Staatsbahn (von Pesth nach Basias), in sumpfiger Gegend ungesund gelegen u. stark befestigt; besteht aus der Festung od. innern Stadt, welche mit dreifachen Mauern u. Wassergräben umgeben ist, u. 4 Vorstädten, von welchen die Josephsstadt die schönste ist; ist Sitz der Comitats- u. Bezirksbehörden, eines Festungscommandos, zweier Postämter, einer Telegraphenhauptstation, des Csanader römisch-katholischen Bischofs (seit 1035) mit Domcapitel u. Consistorium, eines griechisch nichtunirten Bischofs mit Diöcesanconsistorium, hat katholische Domkirche, Kathedrale der nichtunirten Griechen, Synagoge, altes Hunyady'sches Schloß, Collegium der Piaristen (seit 1788), Convent u. Spital der Barmherzigen Brüder (seit 1737), Institut der Schulschwestern, katholisch-theologische Lehranstalt, katholisches Seminar, Obergymnasium, Hauptschule, Bürgerspital, 2 Kinderbewahranstalten, Armeninstitut, Theater, Kaserne; viel Gerberei, Tuchmacherei u. Weberei, bedeutender Handel; 22,500 Ew. (Deutsche, Serben, Romanen u. Magyaren; der Religion nach meist Katholiken, auch viele Nazarener). – T. ist das alte Zambara in Dacia riparia; im 14. Jahrh. war es schon eine feste u. volkreiche Stadt. 1442 wurde Johann Corvinus zum beständigen Grafen von T. ernannt, welcher das noch jetzt stehende Schloß erbauen ließ. Hier letzte Schlacht gegen Georg Dosa, den Anstifter des Bauernaufstandes. 1552 wurde es von den Türken belagert u. genommen. 1699 kam es durch den Frieden von Carlowitz an die Pforte, bis es 1716 von Prinz Eugen nach einer blutigen Schlacht wieder erobert wurde. Nach diesem Siege wurde das Fest des Rosenkranzes in der ganzen Katholischen Kirche gefeiert. 1849 vertheidigte sich hier der österreichische General Rukawina 107 Tage lang gegen die Aufständischen u. am 9. August desselben Jahres wurde T. durch Haynau entsetzt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 352.
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