[71] Weizen (Triticum), zur zweiten Ordnung der dritten Klasse des Linnéschen Systems gehörig; die Samenkörner sind von Häuten bedeckt, oben u.[71] unten abgestumpft, mit einer Längenfurche versehen. Nach dem Mais ist er die ergiebigste u. wegen der großen Nutzbarkeit seiner Samen die vorzüglichste Getreideart. Ursprünglich ist der W. eine zweijährige Pflanze gewesen, durch langjährige Cultur hat sich aber diese Eigenschaft verloren, so wie dadurch auch viele Spielarten entstanden sind. Die vier Hauptsorten sind: A) der Gemeine W. (T. vulgare), am häufigsten, u. zwar als Winter- u. Sommerfrucht angebaut, hat vierseitig zusammengedrückte Ähre u. länglichen, bauchigen, abgestumpften, selten glasigen Samen; B) der Bartweizen (T. durum), meist nur als Sommerfrucht, hat rundliche, vierseitige, etwas zusammengedrückte, lange, stets gegrannte Ähre, u. langen, dreikantigen, hellen, glasigen Samen. Spielarten des gemeinen u. Bartweizens sind: a) der weiße gemeine Bartweizen (T. aestivum), gegenwärtig als Winter- u. Sommerfrucht unter andern Getreidearten angebaut; über Winter, den er gut aushält, angebaut, gibt er größere u. mehlreichere Körner; gehört unter die geringen Weizensorten; b) der weiße sammetartige gemeine Bartweizen, eine Unterart des vorigen; c) der rothe sammetartige gemeine Bartweizen (T. aestivum, T. sativum), gegrannt, reist als Winterfrucht früher u. ist ergiebiger denn als Sommerfrucht; gehört unter die geringeren Sorten; d) der braune gemeine Bart- od. Fuchsweizen (T. aristatum), wird nicht leicht brandig, verträgt strenge Winter gut, versagt auch in mittlerem Boden nicht, hält durch seine vielen Grannen das Wild ab, wiegt schwer, gibt seines, goldgelbes Mehl, reist aber etwas spät, gehört unter die vorzüglicheren Sorten; e) der schwarze gemeine Bartweizen, gegrannt, Winterfrucht, hat schwarze, sammetartige Ähren u. Grannen, bestockt sich stark, wintert aber leicht aus; f) der weiße Kolben- od. weiße Sommerweizen (T. hibernum), mit weißlichen Samen, übersteht den Winter nicht u. wird daher nur über Sommer angebaut, ist dem Brande nicht sehr unterworfen, drischt sich gut, liefert schönes Mehl; g) der Talaveraweizen, sehr dauerhaft gegen den Winter, bestockt sich stark, ist aber dem Brand ziemlich unterworfen, verlangt öfteren Samenwechsel; h) der weiße, sammetartige Kolben- od. Böhmische W. (T. velutinum), verträgt die strengste Winterkälte, kann auch als Sommerfrucht im Februar angebaut werden, bestockt sich stark, ist sehr ertragreich, liefert vollkommene mehlreiche Körner, reist aber etwas spät; i) der rothe Kolben- od. Dessauer W., die gewöhnlichste Sorte in Deutschland, dauert die härtesten Winter aus, kann auch im Frühjahr gesäet werden; k) der Igelweizen, mit gelben u. weißlichen Samen, theils gegrannt, theils ungegrannt, lagert sich wegen der steifen Halme u. kurzen Ähren nicht leicht, ist dem Brand nicht sehr unterworfen, dünnschalig, wiegt schwer; l) der rothe Buckel- od. Kretische W., ohne Grannen, Sommerfrucht, lagert sich nicht leicht, liefert mehlreiche, aber kleine Körner. C) Der Englische W. (T. turgidum), als Winter. u. Sommerfrucht angebaut, mit regelmäßig vierseitiger, stets gegrannter Ähre; die Grannen stehen regelmäßig in vier Reihen. Spielarten des englischen W-s sind: a) der weiße Englische W., Sommerfrucht, gegrannt, sehr weichlich; b) der weiße u. c) der schwarzgrannige, weiße Wunderweizen, unbeständige Formen; d) der weiße sammetartige Englische W., dauert den Winter gut aus, liefert bes. sehr langes u. gutes Futterstroh, reist aber spät, läßt sich schwer dreschen, verlangt trocknen Boden; e) der rothe sammetartige Wunderweizen (T. compositum), Winterweizen, reist sehr früh, bestockt sich stark, liefert aber sehr ungleichartige Körner; f) der weiße sammetartige Bartweizen mit starken, rauhen Grannen; g) der blaue Englische W., sehr hart gegen den Winter, bestockt sich stark, ist sehr ertragreich in Körnern u. Stroh, reist aber etwas spät, dem Brand wenig unterworfen u. liefert ein sehr weißes Mehl; h) der weiße Englische Bartweizen, verlangt kräftigen, milden, lockeren Boden, warmes Klima u. frühe Aussaat, bleibt niedrig im Stroh, hat harte, glasige Körner, ist schwer zu dreschen, artet leicht aus; i) der rothe Bartweizen u. k) der rothe sammetartige Bartweizen, kommen mit dem weißen Bartweizen überein; l) der blaue Englische Bartweizen, hat denselben Werth wie der weiße Englische Bartweizen; m) der Whittingtonweizen, kann als Sommer- u. Winterfrucht angebaut werden, ist sehr vollkommen in Stroh u. Ähren, sehr ergiebig, artet aber bald aus; n) der Meryjoldweizen, ein fetter W., lang u. stark in Ähren u. Korn u. den Lagern wenig unterworfen; o) der neue rothe Englische Winterweizen, nur für leichten Boden geeignet; p) der Richmondweizen, von sehr kräftigem Wuchs, schönen langen u. unbegrannten Ähren mit vollen weißen Ähren, sehr ertragreich; q) der Victoriaweizen, Sommerfrucht, für rauhes Klima sehr geeignet, bestockt sich sehr stark, hat gegrannte rothbraune Ähren, welche gedrängt voll schöner rothbrauner Körner sind; r) der Manchesterweizen, gedeiht noch auf leichtem Boden, lagert sich nicht leicht, wird selten brandig, gibt gutes Stroh; s) der Uxbridgeweizen, weiß, hart gegen den Frost, brandfrei, ertragreich; t) Hunter's Weizen, wird bis 41/2 Fuß hoch, hat lange Ähren, eine der besten Weizensorten, wenn einmal acclimatisirt. D) Der Polnische W. (T. polonicum), über Winter u. Sommer angebaut, mit vierseitiger, zusammengedrückter Ähre u. elleptischen, sehr langen, dreikantigen, glasigen, hellen Samen. Spielarten des Polnischen W-s sind: a) der gemeine Polnische W., erfordert warmes Klima, geschützte Lage, lockeren nahrhaften Boden u. zeitige Aussaat im Frühjahr; b) der sammetartige Polnische W., nur in warmen Ländern anbaufähig; c) der kolbenartige Polnische W., gedeiht nur in sehr warmem Klima.
Der W. wird theils als Winter-, theils als Sommerfrucht angebaut. Man hat aber auch Wechselweizen, der abwechselnd über Winter u. Sommer gesäet werden kann. Um das Gedeihen des W-s mehr zu sichern, baut man abwechselnd die braunen u. die weißen Sorten an. Der Winterweizen verlangt zu seinem besten Gedeihen einen etwas bündigen, lehmigen od. thonigen, feuchten, tiefkrumigen Boden, welcher viel alte Kraft hat (Weizenboden). Ist ihm etwas Kalk beigemengt, so gedeiht der W. um so besser. In tiefen Gegenden, bes. in den eigentlichen Thälern, leidet er leicht von der Lohe. Je trockner, wärmer u. windiger das Klima ist, um so gebundener muß der Boden sein.[72]
Winterweizen kann nur da mit Vortheil gebaut werden, wo der Schnee nicht viel länger als drei Monate liegen bleibt. In rauheren Gegenden baut man besser Sommerweizen. Die beste Vorbereitung zum Winterweizen wird durch reine Sommerbrache gegeben, namentlich wo der Boden zähe ist, die Vegetation spät beginnt u. die Vorfrüchte das Land spät verlassen. Vorfrüchte, nach denen der W. gedeiht, sind bes. Klee, Raps, Bohnen u. Hanf, während nach Kartoffeln, Rüben u. Lein sein Gedeihen nur dann sicher ist, wenn diese Vorfrüchte das Land bald verlassen u. der Boden überhaupt in hoher Kraft steht. Zur Saatbestellung soll der Acker zwar rein u. kräftig, aber nur mäßig gepulvert sein. Die gewöhnlichste Saatzeit ist vom 20. Sept. bis 20. Oct. Unter allen Getreidearten verlangt der W. die sorgfältigste Wahl u. Vorbereitung des Samens, um dem Brande vorzubeugen. Da sich der W. sehr bestockt, so darf er nur dünn, bei der breitwürfigen Saat 12 Metzen auf den Morgen, gesäet werden. Der Same wird auf die rauhe od. auf die vorher abgeeggte Oberfläche ausgesäet u. mit der Egge od. dem Exstirpator untergebracht. Auch kann man ihn mittelst Säemaschinen in acht Zoll von einander entfernte Reihen säen. Der breitwürfig gesäete W. wird im zeitigen Frühjahr, sobald der Boden gehörig abgetrocknet ist, mit schweren eisernen Eggen aufgeeggt. Gedrillter W. wird in den Zwischenräumen mit dem Schaufelpflug od. Scarificator gereinigt u. gelockert. Wächst der W. im Mai od. Juni zu üppig in die Blätter, so muß man ihn auf kräftigem Boden schröpfen (s.d. 2); das Abgeschnittene ist ein gutes Viehfutter. Der W. fällt in seinem überdicken Zustande leicht aus, wird hornig od. glasig u. muß daher geerntet werden, sobald die Körner nicht mehr zwischen den Fingern zerdrückt werden können. Sie liefern dann auch ein schöneres Mehl. Im Durchschnitt der Jahre erntet man auf angemessenem Weizenboden vom Morgen 1214 Berliner Scheffel Körner u. 2225 Entr. Stroh Der Sommerweizen unterscheidet sich von dem Winterweizen nur durch seine kürzere Vegetationszeit u. kleinere, dickschaligere, weniger mehlreichere, dem Brande mehr unterworfene Körner, sowie durch kürzeres, dünneres Stroh. Zu seinem Gedeihen verlangt er, bes. in seiner ersten Wachsthumsperiode, viel Feuchtigkeit, übersteht zwar die stärksten Fröste, leidet aber bes. durch Naßkälte u. anhaltende Trockenheit. Er ist daher in trockenen Gegenden od. bei trockener Witterung häufig dem Mißrathen ausgesetzt, wenn er nicht unter solchen Verhältnissen auf thonigem, Feuchtigkeit haltendem u. humusreichem Boden gebaut wird. In feuchtem Klima od. bei feuchtwarmer Witterung gedeiht er dagegen auch auf weniger bindigem od. feuchtem Boden. Sommerweizen erfordert bes. viel Bodenkraft im aufgelösten Zustand, daher baut man ihn gewöhnlich nach stark gedüngten Hackfrüchten u. Klee, selten nach Wintergetreide. Er wird Anfangs April ausgesäet u. zwar 1618 Metzen per Morgen. Zweckmäßige Zubereitung des Bodens u. rechtzeitige Saat tragen zur Sicherung des Gedeihens sehr viel bei. Aufeggen u. Schröpfen hat der Sommerweizen mit dem Winterweizen gemein. Die Ernte fällt gewöhnlich in den August u. geschieht in der Gelbreise. Der Ertrag ist durchschnittlich 89 Scheffel Körner u. 1518 Ctnr. Stroh vom Morgen. Der Gebrauch der Weizenkörner ist vielseitig. Man bereitet daraus das feinste u. weißeste Mehl, welches außer dem Kernmehl zu den feinsten Bäckereien, dann zu Stärke, Gries, Graupen etc. verwendet wird (Weizenbrod, Weizengraupen, Weizengrütze, Weizengries, Weizenstärke). Auch benutzt man sie mit dem besten Erfolg zur Bereitung von Branntwein (Weizenbranntwein), Essig (Weizenessig) u. Bier (Weizenbier). Aus der Weizenkleie sondert sich durch das Sieden im Wasser noch eine große Menge Schleim ab. Das Weizenstroh ist weicher, blattreicher u. nahrhafter als das Roggenstroh. Von dem Stroh einer besonderen Weizenart werden auch allerhand Strohgeflechte gemacht, s. Strohhüte. Das Vaterland des W-s ist nicht mit Gewißheit zu bestimmen. Einige behaupten, daß er in Sicilien zu Hause sei, Andere, daß er bei den Baschkiren od. in dem Orient wild wachse. Wahrscheinlich ist es, daß unser W. mit dem übereinkommt, was die Griechen Pyros u. Sitos nannten; bei den Römern hieß er Triticum u. soll in Italien zuerst unter Kaiser Vespasian aus der Krim eingeführt worden sein. Vgl. Le Couteur, Varietäten, Eigenthümlichkeiten u. Klassifikation des W-s, aus dem Englischen von Rüder, Lpz. 1843; Jessen, Wie baut man W. mit Vortheil? aus dem Englischen, Berl. 1854.
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